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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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sie sich geöffnet hatte, schloß sich die Haustür hinter den beiden, die jetzt den grasbewachsenen Abhang zu der Lücke im Zaun erklommen.
    »Sie haben offenbar noch nichts verlernt«, sagte Morse.
    »Nee. Sie kennen doch den Spruch, Mr. Morse: Alte Einbrecher sterben nicht, sie stehlen sich einfach davon.«
     
    In dem dunklen Haus hinter ihnen verriet ein staubfreies Viereck auf dem Kaminsims im Wohnzimmer noch die Stelle, wo die sehr schön gearbeitete kleine Uhr gestanden hatte.

28
     
    Hast du deine sogenannten Fakten in logischer Folge angeordnet, ist das, als hättest du eine Öllampe bereitgestellt, gefüllt und geputzt; Licht aber wird sie dir nur spenden, wenn du sie anzündest.
    (Saint-Exupéry, Citadelle )
     
    In seiner Wohnung angekommen, schloß Morse die Tür und schob den oberen und unteren Riegel vor. Es war eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, die ihre Wurzeln in der Vergangenheit hatte. Noch ganz deutlich erinnerte er sich daran, wie er als Zwölfjähriger mit einer Zeitschrift von der Schule nach Hause gekommen war und alle Türen abgeschlossen hatte, obwohl er damit rechnen konnte, in den nächsten Stunden ungestört zu sein. Und auch dann hatte er noch eine Weile gewartet und den Kitzel der Erwartung genossen, ehe er es gewagt hatte, das Magazin aufzuschlagen.
    Genauso ging es ihm auch jetzt, als er die elektrische Heizung einschaltete, sich einen Glenfiddich einschenkte, eine Zigarette anzündete und es sich in seinem Lieblingssessel bequem machte – allerdings diesmal nicht mit dem Nat u rist Journal, das damals die Runde in der fünften Klasse gemacht hatte, sondern mit dem soeben aus dem Haus im Bloxham Drive entwendeten Aktenordner.
    Die abgegriffene Pappe war an den Rändern eingerissen und geknickt und mit wirren Krakeleien und bräunlichen Ringen wie von einem Weinglas geziert. Der Ordner enthielt einen Stapel Papiere und Ausschnitte, von denen einige aneinandergeheftet oder mit Büroklammern zusammengehalten waren, allerdings nicht in chronologischer oder sinnvoller Reihenfolge. Es waren neun getrennte Vorgänge:
     
    - Zwei Ausschnitte aus einer der offenherzigeren Sonntagszeitungen über einen gewissen Lord Hardiman, dazu ein Foto besagten Edelmannes, der vor einem gut erkennbaren Sex-Etablissement auf der Hamburger Reeperbahn in seine Brieftasche griff (vermutlich, um Deutsche Mark zutage zu fördern). An diesem Material hing ein weiteres Foto: Lord Hardiman Arm in Arm mit Lady Hardiman bei einem Polomatch im Great Windsor Park (September 1984).
     
    - Ein Brief (August 1979) an Owens von einer Anwaltskanzlei in Cheltenham, der den Adressaten davon in Kenntnis setzte, daß die Kanzlei im Besitz von Briefen sei, die er (Owens) an einen ihrer Mandanten (ohne Namensnennung) geschickt hatte, und daß man an eine für beide Seiten zufriedenstellende Einigung denken könne.
     
    - Ein Hochglanzfoto, auf dem ein unbekleideter älterer Mann mit Bierbauch ein verängstigt blickendes, ebenfalls nacktes Mädchen in vorpubertärem Alter begrapscht. Auf der Rückseite war mit Bleistift eine Adresse in St. Albans vermerkt.
     
    - Ein zusammengehefteter Stapel von Spesenrechnungen des Direktors einer Firma für chirurgische Instrumente in Surrey, wobei etliche der für Auslandsreisen ausgewiesenen hohen Beträge mit doppelten Ausrufungszeichen versehen waren.
     
    - Ein kurzer, sachlicher Brief (möglicherweise von einer Frau?) in großer, krauser, rechtslastiger Schrift: »Wenn Sie sich noch einmal bei mir melden, gehe ich mit Ihren Briefen zur Polizei, ich habe sie alle behalten. Von mir bekommen Sie keinen Penny. Sie sind eine niederträchtige Kreatur. Ich habe nichts mehr zu verlieren, nicht mal mein Geld.« Keine Unterschrift, aber wieder, diesmal mit Bleistift an den Rand geschrieben, eine Adresse in Wimbledon.
     
    - Vier Initialen auf einer kleinen Notizbuchseite:
     
    AM √ DC √ JS √ CB
     
    Die ersten drei waren mit rotem Kugelschreiber abgehakt.
     
    - Zwei weitere Zeitungsausschnitte, mit einer Büroklammer zusammengehalten. Die erste Meldung (The Times Di a ry, 2. 2. 96) lautete:
     
    Nach neunjähriger Amtszeit geht Sir Clixby Bream als Master des Lonsdale College, Oxford, in den Ruhestand. Eigentlich hatte Sir Clixby schon früher ausscheiden wollen – oder sollen. Nur aufgrund des Unvermögens der Hochschullehrer an besagtem College (einschließlich der Humanisten), das Latein der ursprünglichen Statuten zu verstehen, blieb Sir Clixby noch länger im Amt. Spekulationen

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