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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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warum nicht? Hat auch Klasse, der Ort, nich?«
    »Ja, so könnte man es sagen.«
    »Was hat sie denn angestellt? Worum geht’s denn bei Ihren Ermittlungen?«
    »Um Mord«, sagte Morse leise.
     
    Nach getaner Arbeit überquerte Morse die Praed Street und betrat den Bahnhof Paddington. An der großen Anzeigetafel sah er nach, wann der nächste Zug nach Slough, Maidenhead, Reading, Didcot, Oxford ging.
    Noch vierzig Minuten.
    Er kehrte zurück zum U-Bahn-Eingang, trat die Zigarette aus, ging langsam zur Fahrkartenausgabe und überlegte, ob er sich erneut eine Fahrkarte der Bakerloo Line nach Piccadilly Circus kaufen sollte, um sich dort nunmehr den im Erdgeschoß angesiedelten Attraktionen von Soho zu widmen.
     

34
     
    Wenn der durchschnittliche, gesunde, ausgeglichene Erwachsene morgens um halb acht aufsteht, fühlt er sich schlicht gerädert.
    (Jean Kerr, Where Did You Put the Aspirin? )
     
    Julian Storrs hatte vormittags eine Vorlesung und am frühen Nachmittag eine Konferenz, so daß er erst am späten Nachmittag für Lewis zur Verfügung stand. Als es dann aber Punkt vier an seinem Haus klingelte, einer großen Backsteinvilla an der Polstead Road in dem viktorianischen Vorort, der sich nördlich von St. Giles’ bis Summertown erstreckt, war er bereit.
    Lewis nahm dankend das Angebot von frisch gebrühtem Kaffee an, und wenig später saßen sich die beiden Männer in dem Wohnzimmer mit der hohen Decke und den eleganten, frisch polierten Mahagonimöbeln gegenüber. Lewis erläuterte sein Anliegen.
    Im Zuge der Ermittlungen im Mordfall Rachel James war der Name von Storrs oder zumindest sein Foto ins Blickfeld gerückt. Storrs sah schweigend auf das Doppelporträt im Paßbildformat herunter.
    »Das sind doch Sie, Sir? Sie und Ms. James?«
    Storrs holte tief Atem. »Ja.«
    »Sie hatten ein Verhältnis mit ihr?«
    »Wir … ja, so kann man es wohl sagen.«
    »War das jemandem bekannt?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Möchten Sie darüber reden?«
    Storrs redete. Allerdings nicht lange …
    Kennengelernt hatte er sie vor über einem Jahr, als er sich eine Muskelzerrung im rechten Oberschenkel zugezogen hatte, nachdem er leichtsinnigerweise mit dem Joggen angefangen hatte. Sie war Physiotherapeutin, Masseuse, Muskeltrainerin oder wie immer man so was heutzutage nannte. Und nach zwei oder drei Terminen bei ihr hatten sie sich auch außerhalb des Behandlungsraums getroffen. Er hatte sich wohl ein bißchen – nein, er mußte sich wohl sehr in sie verliebt haben, da er so viel für sie riskiert hatte. Einmal im Monat oder alle sechs Wochen waren sie zusammengewesen, wenn er irgendwo einen Vortrag gehalten oder eine Tagung besucht hatte. Meist in London, dort hatten sie am späten Vormittag ein Doppelzimmer in einem der Hotels hinter Paddington Station genommen, ein, zwei Flaschen Champagner getrunken, den Nachmittag über miteinander geschlafen und – ja, das war’s auch schon.
    »Ziemlich kostspieliger Tag, Sir. Fahrkarten, Hotel, Champagner, etwas zu essen …«
    »Nicht besonders kostspielig, nein. Rückfahrkarten zum Sondertarif, ein preiswertes Hotel, Champagner der mittleren Preislage und mittags ein Sandwich im Pub. Hundertzwanzig, hundertdreißig Pfund, mehr nicht.«
    »Ms. James haben Sie nichts für ihre Dienste gegeben?«
    »Es war nicht so etwas. Nein. Ich denke – ich hoffe –, daß sie gern mit mir zusammen war. Aber gegeben habe ich ihr trotzdem etwas. Sie war ziemlich knapp bei Kasse – ihre Hypothek, Ratenzahlungen, die Miete für die Praxis …«
    »Wieviel, Sir?«
    »Hundert Pfund. Manchmal ein bißchen mehr.«
    »Weiß Mrs. Storrs davon?«
    »Nein. Und sie darf es auch nicht erfahren.« Diesen scharfen, herrischen Ton hörte Lewis bei Storrs jetzt zum erstenmal.
    »Wie haben Sie ihr diese Ausgaben erklärt?«
    »Wir haben getrennte Konten. Meine Frau bekommt von mir eine monatliche Summe zur beliebigen Verwendung.«
    Lewis lächelte schüchtern. »Sie hätten immer sagen können, daß es Spenden für Oxfam waren.«
    Storrs sah traurig auf den olivgrünen Teppich herunter. »Ja. Wahrscheinlich hätte ich sogar das fertiggebracht …«
    »Warum haben Sie sich nicht mit uns in Verbindung gesetzt? Wir haben mehrmals alle Bekannten von Rachel gebeten, sich zu melden, und hatten strengste Diskretion zugesagt.«
    »Ja, verstehen Sie denn das nicht? Ich wollte auf keinen Fall in diese Sache hineingezogen werden.«
    »War das Ihre einzige Sorge?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hat jemand versucht, Sie

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