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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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angedeutet?«
    »Was für eine Frage! Hast du den Verstand verloren?«
    »Warum hat er dann gesagt, er wüßte es?«
    »Du hast doch eben selbst gesagt, daß es nur eine Vermutung war.«
    »Er muß einen Grund gehabt haben.«
    »Hast du es nicht abgestritten?«
    »Aber es stimmte doch.«
    »Himmel noch mal, und wenn schon! Du hättest es nur abzustreiten brauchen.«
    »Genau das hat Denis auch gesagt.«
    »Verdammt gescheiter Mann, dein Denis. Ich hoffe, du weißt, was du an ihm hast. Er hatte natürlich recht: Du hättest es nur abzustreiten brauchen.«
    »Hättest du das von mir erwartet?«
    »Du scheinst ein bißchen schwer von Begriff zu sein …«
    »Ich kann einfach nicht fassen, was du da sagst.«
    »Es wäre sehr viel besser gewesen.«
    »Besser für dich, meinst du.«
    »Für mich, für dich, für Denis – für alle Beteiligten.«
    »Du bist wirklich ein Scheißkerl.«
    »Sachte, sachte, Kind …«
    »Was wirst du jetzt unternehmen?«
    »Unternehmen? Was erwartest du denn von mir?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe niemanden, mit dem ich reden kann. Deshalb habe ich angerufen.«
    »Ja, wenn ich dir irgendwie …«
    »Ich brauche Hilfe. Was hier geschieht, ist entsetzlich für mich.«
    »Aber begreif doch, Shelly: Das müßt ihr unter euch abmachen, Denis und du. Kein anderer …«
    »Verdammt, du bist wirklich der größte Scheißkerl, der …«
    »Ist Denis zu Hause?«
    »Natürlich nicht, du Trottel.«
    »Das verbitte ich mir, Shelly. Nimm dich gefälligst zusammen. Du hast wohl vergessen, mit wem du redest …«
     
    »Denis!«
    »Leg dich wieder hin. Ich schlafe im Gästezimmer.«
    »Nein, ich kann doch …«
    »Ist mir scheißegal, wer wo schläft. Hauptsache, wir schlafen nicht in einem Raum.«
    In seinen Augen standen noch immer Zorn und Qual, aber seine Stimme war seltsam ruhig. »Wir müssen das besprechen. Aber nicht mehr heute nacht. Am besten erkundigst du dich schon mal, wie in einem Scheidungsverfahren wegen Ehebruchs die Schuldfrage gehandhabt wird.«
    »Denis! Laß uns jetzt reden. Wenigstens kurz …«
    »Und worüber? Über mich? Du weißt alles über mich. Ich bin halb betrunken und werde sehr bald volltrunken sein, außerdem bin ich blöd und gekränkt und eifersüchtig und besitzergreifend. Und treu … Ich war nicht blind für deine Spielchen, aber ernsthafte Sorgen habe ich mir nie gemacht. Soll ich dir sagen warum? Weil ich wußte, daß du mich liebtest. Daß unsere Ehe auf Liebe gegründet war. Zumindest habe ich mir das eingebildet.«
    Schweigend, unglücklich und mit tränenüberströmtem Gesicht hörte Shelly Cornford zu.
    »Wir sind fertig miteinander, Shelly. Weißt du, daß ich kaum mehr deinen Namen über die Lippen bringe? Unsere Ehe ist nicht mehr zu retten. Von jetzt ab kannst du treiben, was du willst – mich läßt das kalt. Du bist ein geborenes Flittchen, eine geborene Schwanzlutscherin, ich halte es nicht mehr mit dir aus. Die Vorstellung, daß du dich nackt hinlegst und für einen anderen Mann die Beine breit machst, ist mir unerträglich. Versuch das bitte in deinen vernagelten Schädel zu bekommen.«
    Sie schüttelte hilflos den Kopf.
    »Du hast gesagt, daß du alles geben würdest, damit ich Master werde«, fuhr Cornford fort. »So weit würde ich nie gehen. Aber ich hätte alles, wirklich alles für eine treue Ehefrau gegeben.«
    Er wandte sich ab, die Tür zum Gästezimmer klappte zu und ging wenig später noch einmal auf? »Wann war es? Komm, das will ich jetzt wissen. Wann ?«
    »Heute früh.«
    »Als ich joggen war?«
    »Ja«, flüsterte sie.
    Jetzt zog er sich endgültig zurück, und sie schaute und sah, daß kein Schmerz war wie ihr Schmerz.
    Ihre Wagenschlüssel lagen auf dem Kaminsims.

49
     
    Montag, 4. März
     
    Den Tag verbring ich in Arbeit,
    halb trunken bin ich zur Nacht.
    Um vier Uhr früh in lautlosem Dunkel erwachend seh ich ins Leere.
    Bald wird es hell werden um die
    Vorhangränder.
    Bis dahin schaue ich, was recht eigentlich immer da ist:
    Der nimmermüde Tod, mir einen Tag näher,
    Der an Gedanken zuläßt nur noch eins:
    Das Wie und Wo und Wann des eignen Sterbens.
    (Philip Larkin, Aubade )
     
    In seinem ganzen bisherigen, zuweilen heiteren und manchmal tränenreichen Leben hatte Morse noch keine so grauenvolle Nacht verbracht. Zwischen unruhigen Schlafschüben hatte er sich mit quälenden Kopfschmerzen, Ohrensausen, Magenkrämpfen, einem gallig-sauren Geschmack in der Kehle herumgeschlagen, mit einem Gefühl, jeden Augenblick das

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