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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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nebeneinander.
    »Der Bischof ist demnach auf dem Weg zum Bahnhof?« fragte Storrs.
    Der Master schmunzelte. »Ich hoffe inständig, daß er inzwischen schon auf dem Weg nach Afrika ist. Ausgerechnet heute mußte sich das verdammte Taxi verspäten. Und natürlich war keiner von euch mit dem Wagen da!«
    »Es ist eben zunehmend riskant, mit Alkohol im Blut am Steuer zu sitzen. Ich persönlich bin durchaus für regelmäßige Verkehrskontrollen.«
    »Und Denis – hallo, Denis! – konnte uns auch nicht aus der Klemme helfen.«
    Cornford, der dem Gespräch gefolgt war, trat mit seiner Kaffeetasse zu ihnen.
    »Ich habe meinen alten Metro kurz vor Weihnachten verkauft. Und bekanntlich wohne ich ja nur dreihundert Meter von hier entfernt.«
    In den belanglosen Worten schwang ein sonderbarer Unterton.
    »Aber Shelly hat doch einen Wagen?«
    »Für den wir nur einen meilenweit entfernten Garagenplatz ergattert haben.«
    Der Master lächelte. »Ja, richtig, jetzt fällt es mir wieder ein.«
    Als sie eine halbe Stunde später über den kopfsteingepflasterten Radcliffe Square zur Holywell Street gingen, hakte sich Shelly Cornford bei ihrem Mann unter und drückte seinen Arm, aber auch jetzt konnte sie keine Reaktion feststellen.

46
     
    In ihrer Verzweiflung aber flehte sie weiter und sagte vielleicht Dinge, über die sie lieber hätte schweigen sollen.
    »Angel! – Angel! Ich war ein Kind – ein Kind, als es geschah! Ich wußte nichts von den Männern.«
    »Man hat an dir mehr gesündigt, als du sündigtest, das gebe ich zu.«
    »Willst du mir denn nicht vergeben?«
    »Ich vergebe dir. Aber Vergebung ist nicht alles.«
    »Und mich lieben?«
    Auf diese Frage gab er keine Antwort.
    (Thomas Hardy, Tess of the d ’ Urbervilles )
     
    »Kaffee?« fragte sie, während Cornford seinen Mantel in der Diele aufhängte.
    »Hatte ich gerade.«
    »Ich setze den Kessel auf.«
    »Nein, laß das jetzt. Ich möchte mit dir sprechen.«
    Sie setzten sich zusammen ins Wohnzimmer. Oder besser gesagt: Sie saßen sich im Wohnzimmer gegenüber.
    »Wie hast du reagiert, als der Kaplan uns aufforderte, unsere vielfachen Sünden und Verfehlungen zu beichten?«
    Cornfords gemessen-kultivierte Stimme hatte sich ein wenig in die Höhe geschraubt, und er musterte seine Frau mit verengten Augen wie ein Ornithologe eine interessante Vogelart.
    »Wie meinst du?«
    »›In Gedanken, Worten und Werken‹ – so heißt es doch, nicht?«
    Sie schüttelte ratlos den Kopf. »Ich weiß wirklich nicht …«
    »Warum belügst du mich?« unterbrach er sie scharf.
    »Was …?«
    »Sei ruhig!« schrie er sie jetzt unbeherrscht an. »Du hast mich betrogen. Ich weiß es, und du weißt es. Was hast du dazu zu sagen?«
    »Aber ich habe nicht …«
    »Lüg mich nicht an. Ich habe deine Untreue ertragen, aber was ich nicht ertragen kann, sind deine Lügen.«
    Die letzten Worte waren wie ein Peitschenschlag ins Gesicht der Frau.
    »Nur einmal«, flüsterte sie.
    »Vor kurzem?«
    Sie nickte in hilflosem Jammer.
    »Mit wem?«
    Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen. »Warum willst du das wissen? Warum mußt du dich quälen? Es hat mir nichts bedeutet, Denis! Glaub mir das.«
    Er lachte bitter. »Aber meinst du nicht, es könnte mir etwas bedeuten?«
    »Er wollte nur …«
    »Wer war es?«
    Über ihr Gesicht liefen schwärzliche Mascaratränen. Sie schloß die Augen und antwortete nicht.
    »Wer war es? «
    Noch immer blieb sie stumm.
    »Soll ich es dir sagen?«
    Er weiß es, dachte sie. Dann nannte sie – noch immer mit fest geschlossenen Augen – den Namen des Ehebrechers.
    »Hier war er nicht? Du bist in die Master’s Lodge gegangen?«
    »Ja.«
    »In sein Schlafzimmer?«
    »Ja.«
    »Und hast dich für ihn ausgezogen?«
    »Ja.«
    »Nackt ausgezogen?«
    »Ja.«
    »Und bist mit ihm ins Bett gegangen?«
    »Ja.«
    »Und ihr hattet Sex?«
    »Ja.«
    »Wie oft?«
    »Nur einmal.«
    »Und es hat dir Spaß gemacht. «
    Cornford stand auf und ging benommen in die Diele. Er kam sich vor, als habe ihm gerade ein scheuendes Shirehorse die Hufe ins Gesicht geschlagen.
    »Denis!« sagte Shelly bittend, während er den Mantel wieder anzog.
    »Weißt du nicht, warum ich es getan habe, Denis? Für dich. Das mußt du doch einsehen.«
    Er schwieg.
    »Woher hast du es gewußt?« fragte sie fast unhörbar.
    »Es ist nicht so sehr, was jemand, sondern wie jemand es sagt. Ich wußte es schon vor heute abend.«
    »Aber woher denn? Sag es mir! Bitte!«
    Cornford blieb einen Augenblick in der halb

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