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Der Tod ist mein

Der Tod ist mein

Titel: Der Tod ist mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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Stunner verloren, der für sie natürlicher Bestandteil ihrer selbst gewesen war.
    Sie war sich nicht sicher, dass sie sprechen konnte. Ihre Kehle brannte, und der Rest von ihr war taub.
    »Sie haben mich suspendiert.« Plötzlich war es real. Die brutale Wirklichkeit traf sie wie ein Fausthieb, und heiße Trauer wogte in ihr auf. »Roarke.«
    »Ich weiß.« Sofort war er da, nahm sie in die Arme und zog sie, als sie anfing zu zittern, eng an seine Brust. »Es tut mir Leid, Eve. Es tut mir furchtbar Leid.«
    »Was soll ich jetzt machen? Was soll ich jetzt bloß machen?« Ohne wahrzunehmen, dass er sie ins warme Haus und die Treppe hinauf in Richtung des Schlafzimmers trug, klammerte sie sich weinend an ihm fest. »O Gott, Gott, Gott, sie haben mich suspendiert.«
    »Wir werden diese Sache regeln. Du wirst deinen Dienstausweis zurückbekommen. Das verspreche ich dir.« Sie zitterte so heftig, dass es wirkte, als schlügen ihre Knochen aneinander und zerbrächen.
    Er setzte sich mit ihr in einen Sessel und zog sie eng an seine Brust. »Halt dich einfach an mir fest.«
    »Geh nicht weg.«
    »Nein, Baby, ich bleibe hier bei dir.«
    Sie weinte, bis er fürchtete, sie bräche völlig zusammen. Dann jedoch begann ihr Schluchzen allmählich zu verebben, und sie hing schlaff wie eine zerbrochene Puppe in seinem starken Arm. Er bestellte ein Beruhigungsmittel und trug sie vorsichtig zum Bett. Sie, die sich, selbst wenn sie schwer verletzt war, vehement dagegen wehrte, ein Schmerzmittel zu nehmen, nippte ohne ein Wort des Protests an dem einschläfernden Getränk.
    Dann zog er ihr wie einem Kind die Kleider aus und legte Eve ins Bett.
    »Sie haben wieder ein Nichts aus mir gemacht.«
    Er blickte in ihr leeres, verquollenes Gesicht. »Nein, Eve.«
    »Ein Nichts.« Sie schloss ermattet die Augen und wandte sich von ihm ab.
    Sie war ein Nichts gewesen. Ein Opfer und ein Kind. Ein namenloses Wesen, das in ein überlastetes, von Personalmangel beherrschtes System hineingesogen worden war. Auch damals hatte sie versucht zu schlafen, in dem schmalen Bett im Krankenhaus, das den Geruch von Krankheit und Tod getragen hatte. Stöhnen, Schluchzen, das monotone Piepsen von Geräten und das leise Klatschen unzähliger Gummisohlen auf abgelaufenem Linoleum.
    Schmerzen trotz des Stroms von Medikamenten, der durch einen Schlauch in ihre Adern geronnen war. Ähnlich einer Gewitterwolke, die drohend über ihr am Himmel hing, sich jedoch nicht entlud.
    Sie war acht Jahre alt gewesen, hatten sie geschätzt. Und trotz ihrer Verletzungen hatten Polizisten und Sozialarbeiter – die zu fürchten ihr von ihrem Vater eingetrichtert worden war – sie mit Fragen bombardiert.
    »Sie werden dich in ein Loch werfen, mein kleines Mädchen. In ein tiefes, dunkles Loch.«
    Immer wieder hatte seine gemeine, betrunkene Stimme sie aus dem Dämmer des Halbschlafes geweckt, und sie hatte sich auf die Lippe beißen müssen, um nicht laut zu schreien.
    Dann war der Arzt gekommen mit seiner ernsten Miene und seinen rauen Händen. Nie hatte er wirklich Zeit für sich gehabt. Das hatte sie seinem Blick entnehmen können und dem scharfen Ton, in dem er mit den Schwestern sprach.
    Er hatte keine Zeit vergeuden können auf die armen, elenden Gestalten, die sich in den großen Krankensälen drängten.
    Eine Anstecknadel… hatte er eine goldene Anstecknadel am Aufschlag seines Arztkittels gehabt? Mit zwei Schlangen, die sich um einen Stab gewunden hatten?
    Sie träumte innerhalb des Traumes, dass die Schlangen sich ihr zuwandten, zischend auf sie zugeschlängelt kamen, ihre spitzen Zähne in ihrem Fleisch vergruben und ihr das bisschen frische Blut auszusaugen begannen, das noch in ihr gewesen war.
    Der Arzt hatte ihr sehr oft wehgetan, aus Achtlosigkeit und Eile. Doch sie hatte sich nie beschwert. Wenn man sich beschwerte, wurde einem nur noch stärker wehgetan, das hatte die Erfahrung sie gelehrt.
    Und seine Augen hatten ausgesehen wie die Augen der Schlangen. Grausam, kalt und hart.
    »Wo sind deine Eltern?«
    Diese Frage hatten die Polizisten ihr gestellt. Sie hatten neben ihrem Bett gesessen und waren geduldiger gewesen als der überarbeitete Arzt. Manchmal hatten sie ihr sogar irgendwelche Schokoriegel zugesteckt, weil sie ein Kind mit leeren Augen war, das niemals lächelte und nur selten sprach. Einer hatte ihr sogar einen kleinen Stoffhund zur Gesellschaft mitgebracht. Man hatte ihn ihr noch am selben Tag gestohlen, doch sie wusste bis heute, wie weich das Fell

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