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Der Tod ist mein

Der Tod ist mein

Titel: Der Tod ist mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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wach.
    »Weshalb hat jemand ihn derart sorgfältig aufgeschnitten?« Auf diese Frage hatte sie nach wie vor keine Antwort.
    Dann sah sie sie, die Verdammten, deren verrenkte Körper im Schnee gefroren waren, und deren Gesichtern die Beleidigung des Todes deutlich anzusehen war. Ihre Augen glotzten sie an und stellte ihr die Frage, auf die es bisher keine Antwort gab.
    Hinter ihr, hinter dem weißen Vorhang, hörte sie das Knirschen von brechendem Eis. Von etwas, das sich mit verstohlenen, flüsternden Geräuschen ähnlich einem leisen Lachen aus seiner Erstarrung zu befreien schien.
    Die weißen Wände wurden die Wände eines Krankenhausflurs, der sich wie ein Tunnel, dessen Ende man nicht sah, endlos auszudehnen schien. Mit langsamen, auf den Fliesen klatschenden Schritten kam es ihr hinterher. Das Blut rauschte in ihren Ohren, doch sie drehte sich um, um dagegen zu kämpfen, tastete nach ihrer Waffe… Aber sie war nicht da.
    »Was willst du jetzt machen, kleines Mädchen?«
    Ein lauter Schluchzer verbrannte ihr die Kehle, und die Angst drohte sie vollends zu verschlucken. Also rannte sie mit vor Entsetzen pfeifendem Atem stolpernd los. Sie roch seinen Atem dicht hinter ihrem Rücken. Er stank nach Süßem und nach Whiskey.
    Der Tunnel machte eine Gabelung, und sie blieb erschrocken stehen. Vor lauter Panik konnte sie nicht sagen, welcher Weg die Rettung bot. Beim Geräusch der schlurfenden Schritte direkt hinter ihr schrie sie gellend auf, machte einen Satz nach rechts und tauchte ein in vollkommene Stille. Frischer Schweiß rann ihr über das Gesicht. Vor sich sah sie ein, wenn auch trübes, Licht und darin den Schatten einer reglosen Gestalt.
    Sie rannte darauf zu. Hilf mir jemand. Gott, bitte hilf mir irgendjemand.
    Als sie das Ende des Tunnels erreichte, fand sie dort einen Tisch, und auf dem Tisch lag ihr eigener Körper. Mit kreidebleicher Haut, geschlossenen Lidern und anstelle ihres Herzens ein bluttriefendes Loch.
    Erschauernd schlug sie die Augen endlich auf, erhob sich unsicher vom Sofa, stürzte in den Fahrstuhl, lehnte sich, als er sie nach unten trug, zitternd gegen die Wand und stolperte, da sie dringend Luft benötigte, hinaus in die beißende Kälte, die ihr das Blut zurück in die Wangen trieb.
    Sie blieb fast eine Stunde draußen, bis das Grauen ihres Traumes, der klebrige Schweiß, der innere Schauder halbwegs überwunden waren. Es war, als sähe sie sich selber dabei zu und erklärte voll selbstgerechter Empörung: Reiß dich gefälligst zusammen, Dallas. Du bist einfach erbärmlich. Wo hast du dein Rückgrat?
    Ach, lass mich doch in Ruhe, dachte sie voller Elend. Lass mich, verdammt noch mal, in Ruhe. Gefühle und Schwächen waren ihr doch wohl erlaubt? Und wenn sie mit ihren Gefühlen und mit ihren Schwächen lieber allein sein wollte, ging das niemanden was an.
    Niemand wusste, niemand konnte verstehen, niemand konnte empfinden, was sie empfand.
    Selbst wenn du deinen Mumm verloren hast, hast du ja wohl zumindest noch dein Hirn, oder etwa nicht? Also fang endlich an, es zu benutzen.
    »Ich bin es leid zu denken«, murmelte sie und blieb mitten im Schneematsch stehen. »Es gibt nichts, worüber ich nachdenken könnte, und es gibt nichts zu tun.«
    Mit hochgezogenen Schultern kehrte sie zurück zum Haus. Sie brauchte Roarke, wurde ihr bewusst. Wollte, dass er sie festhielt und die Dämonen vertrieb.
    Erneut stiegen Tränen in ihre Augen, doch sie kämpfte gegen das Schluchzen an. Das viele Weinen machte müde. Alles, was sie wollte, war ihr Mann. Sie wollte sich mit ihm zusammen an einem warmen Ort verkriechen und sich von ihm sagen lassen, alles würde gut.
    Mit durchnässten Joggingschuhen und bis zu den Knien durchgeweichten Jeans trat sie in den Flur. Eine Jacke hatte sie nicht angezogen, und die plötzliche Wärme im Foyer traf sie wie ein Schock.
    Mit zusammengekniffenen Lippen und einem Ausdruck der Sorge in seinen dunklen Augen beobachtete Summerset sie kurz, bevor er mit seinem arrogantesten Gesicht lautlos in die Eingangshalle trat.
    »Sie sind schmutzig und nass«, erklärte er ihr naserümpfend. »Und Sie verteilen Wasser auf dem Boden. Wenigstens Ihrem eigenen Zuhause könnten Sie etwas Respekt entgegenbringen.«
    Er wartete auf ihren Wutausbruch, auf das kalte Blitzen ihrer Augen. Doch als sie ihn stattdessen ausdruckslos ansah, zog sich das Herz, von dem sie gar nicht wusste, dass er es besaß, vor lauter Mitgefühl zusammen.
    »Tut mir Leid.« Sie starrte auf ihre Füße.

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