Der Tod ist mein
nächsten Morgen aufzustehen kam ihr wie reine Energievergeudung vor.
Sie drehte sich auf den Rücken und starrte durch das Oberlicht in den, seit der Schnee verschwunden war, trübselig grauen Himmel. Sie versuchte, einen Grund zu finden, aufzustehen und sich anzuziehen, doch fühlte sie sich hundeelend, und ihr fiel nicht das Geringste ein.
Sie wandte den Kopf und entdeckte Roarke, der in einem Sessel saß, an einer Tasse Kaffee nippte und sie unverwandt beobachtete.
»Du hast lange genug geschlafen, Eve. Du kannst dich nicht auf Dauer hier drinnen verstecken.«
»Ich finde, das wäre keine schlechte Idee.«
»Je länger du dich derart in dich zurückziehst, umso mehr wirst du verlieren. Also stehst du besser auf.«
Sie setzte sich auf, zog jedoch die Beine an die Brust und stützte ihren Kopf auf ihre Knie. »Ich habe nichts zu tun, ich muss nirgendwo hin.«
»Wir können überall hin, wo du willst. Ich nehme mir nämlich die nächsten Wochen frei.«
»Das hättest du nicht tun müssen.« Leiser Zorn wogte in ihrem Innern auf, doch war er derart bleich und lustlos, dass er genauso schnell wieder verschwand. »Ich will nirgendwo hin.«
»Dann bleiben wir eben zu Hause. Aber du bleibst ganz sicher nicht mit über dem Kopf gezogener Decke den ganzen Tag im Bett.«
Sie musterte ihn widerwillig. »Ich hatte mir nicht die Decke über den Kopf gezogen«, murmelte sie böse. Was wusste er schon von ihrem Elend? Woher sollte er wissen, was sie zurzeit empfand? Doch besaß sie noch genügend Stolz, die Beine aus dem Bett zu schwingen und sich einen Morgenmantel anzuziehen.
Froh über diesen, wenn auch bescheidenen Sieg schenkte er ihr frischen Kaffee ein und nahm erneut einen Schluck aus seiner eigenen Tasse. »Ich habe schon gefrühstückt«, erklärte er beiläufig. »Aber ich glaube, Mavis nicht.«
»Mavis?«
»Ja, sie ist über Nacht geblieben.« Er streckte einen Arm aus und drückte einen Knopf der Gegensprechanlage. »Sie wird dir Gesellschaft leisten.«
»Nein, ich will keine…«
Doch es war bereits zu spät, da im selben Moment das Gesicht der alten Freundin auf dem Monitor erschien. »Roarke, ist sie endlich wach geworden – Dallas!« Als sie Eve entdeckte, begann Mavis unsicher zu lächeln. »Ich bin sofort da.«
»Ich will mit niemandem reden!«, erklärte Eve wütend, nachdem der Bildschirm wieder schwarz geworden war. »Kannst du das nicht verstehen?«
»Das verstehe ich sogar sehr gut.« Er stand auf und legte seine Hände auf ihre herabhängenden Schultern. Ihre schlaffe Haltung brach ihm beinahe das Herz. »Du und ich, wir beide haben einen Großteil unseres Lebens zugebracht, ohne dass es auch nur einen Menschen gegeben hätte, dem wichtig gewesen wäre, wer oder was wir waren. Also verstehe ich sehr gut, was es bedeutet, endlich jemanden zu haben, dem man etwas bedeutet.« Er presste einen Kuss auf ihre Braue. »Jemanden zu haben, den man braucht. Also sprich mit Mavis.«
»Ich habe ihr nichts zu sagen.« Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie wandte sich ab.
»Dann hör ihr einfach nur zu.« Er drückte ihr aufmunternd die Schultern, meinte, als die Tür aufflog und Mavis hereingeschossen kam: »Ich lasse euch beide besser allein«, hatte jedoch ernste Zweifel, dass eine von den beiden Frauen seine Worte hörte, da Mavis bereits die Arme um Eves Nacken schlang und wutschnaubend wissen wollte: »Diese schwachköpfigen Arschgesichter, wie konnten sie so etwas tun?«
Fast hätte Roarke gelächelt, als er in den Flur hinaustrat und die Tür hinter sich schloss.
»Schon gut«, murmelte Eve und vergrub ihr Gesicht in Mavis’ leuchtend blauem Haar. »Schon gut.«
»Ich wollte schnurstracks zu Whitney gehen und ihm persönlich sagen, was für ein schwachköpfiges Arschgesicht er ist. Aber Leonardo meinte, es wäre sicher besser, ich käme gleich hierher. Es tut mir so furchtbar, furchtbar Leid.« Sie richtete sich derart plötzlich wieder auf, dass Eve beinahe umgekippt wäre, und warf ihre Arme theatralisch in die Luft, sodass die durchsichtigen, pinkfarbenen Ärmel ihres nachthemdähnlichen Gewandes flatterten wie die Flügel eines kleinen Vogels. »Was, zum Teufel, ist nur mit ihnen los?«
»Sie halten sich nur an die vorgeschriebene Verfahrensweise in einem solchen Fall«, brachte Eve mühsam hervor.
»Sie sollen sich ihre Vorschriften doch seitlings in den Hintern schieben. Damit kommen diese Typen nie im Leben durch. Ich wette, Roarke hat bereits eine Armee der
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