Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
Vom Netzwerk:
allemal die, die andere machen" den Vorgang zum Finanzamt Düsseldorf. Dort wunderte man sich ebenfalls, weil man von dieser Doppelfirmenrolle der wohlbekannten „Hansa-Export"-Inhaberin bislang nichts wußte. Die Unterlagen wurden geprüft, dabei festgestellt, daß die Ausfuhrbestätigung nicht die vorschriftsmäßige Unterschrift des vorschriftsmäßig berechtigten Zollbeamten, sondern lediglich das vorschriftsmäßige Zolldienstsiegel trug. Harmlos und gutmütig, wie man bei der Steuerbehörde nun einmal ist, wurde Frau Glinga auf diesen Mangel an Vorschrift hingewiesen. Die attraktive Firmenchefin bedankte sich und versprach, die Angelegenheit sofort in Ordnung zu bringen. Schon wenige Tage später übersandte sie dem Finanzamt ein Dienstschreiben des Zollamtes Dammbruch, addressiert an die Firma Brigitte Glinga, Stahlgroßhandlung, 43 Essen-Bredeney, Meisenburger Straße 42. Darin wurde unter Berufung auf diverse Paragraphen des Zollgesetzes und der allgemeinen Zollordnung mitgeteilt, daß im allgemeinen und folglich auch in diesem speziellen Fall eine Unterschrift keineswegs, ein Stempel hingegen unbedingt erforderlich war. Das Schreiben trug eine unleserliche Unterschrift mit dem Zusatz „Zoll-Ass.".
    Nun hätte man sich beim Finanzamt mit dieser Auskunft ohne weiteres zufriedengegeben, wäre da nicht eine Kleinigkeit gewesen: im zoll- und finanzamtlichen Schriftverkehr der BRD kürzt man den Zollassistenten nicht mit „Zoll-Ass.", sondern schlicht „ZASS" ab. Das von der Firmenchefin Glinga präsentierte Dienstschreiben enthielt also drei Buchstaben zuviel. Dieser Verstoß gegen die behördliche Etikette, der das Berufsethos des Steuerbeamten zutiefst verletzen mußte, bewirkte endlich, was die frechsten Schwindeleien nicht zuwege gebracht hatten: Beim Fiskus wurde man stutzig! Der Sachbearbeiter versuchte mit dem Zollamt Dammbruch zu telefonieren, dem so ordinäre Verstöße gegen die sakralen Amtsabkürzungen unterliefen.
    Und damit war es dann passiert: Nun traten der Reihe nach die Steuerfahndung, der Staatsanwalt und die Kriminalpolizei in Aktion. Und als letztere endlich zupacken wollte, waren Ermisch und Brigitte Glinga mit unbekanntem Ziel verreist.
    Allzu eilig schienen sie es nicht gehabt zu haben. Ermisch konnte vorher noch alle Möbel aus seiner Essener Luxuswohnung räumen, die Glinga sogar ordnungsgemäß die „Hansa-Export" im Düsseldorfer Gewerberegister streichen lassen.
    Gefaßt wurden im Januar 1968 lediglich einige Randfiguren und Strohmänner der Ermisch-Gruppe. Erst in der zweiten Februarhälfte begannen sich Staatsanwalt und Kriminalpolizei intensiver mit dem Fall zu befassen. Mitte Februar wurden der Bruder von Brigitte Glinga sowie die Steuerberaterin Inge Herchenröder verhaftet. Wenige Tage später setzte die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft für die Ergreifung des Betrügerpärchens 10(X)0DM Belohnung aus. Bei der Düsseldorfer Kripo wurde eigens für den Fall Ermisch eine achtzehn Mann starke Sonderkommission gebildet, der acht Steuerfahnder angehörten. Das Bundeskriminalamt und INTERPOL wurden in die Fahndung eingeschaltet. Die Jagd auf Ermisch begann.
    Ermisch und Brigitte Glinga erholten sich unterdessen in Dampfbädern und an sonnigen Stränden. Hin und wieder schickte Ermisch der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ein Lebenszeichen, eine Ansichtskarte aus Holland, einen Gruß aus Finnland und so weiter. Er spielte regelrecht Haschmich mit den Strafverfolgungsbehörden und gab derweil die ergaunerten Millionen mit
Steuerbetrüger Ermisch mit „Mäuschen" Glinga foppte die Staatsanwaltschaft
    vollen Händen aus. Eines Tages ließ er durch einen Mittelsmann der Staatsanwaltschaft einen „streng vertraulichen" Tip zugehen, der besagte, daß die von Polizei und Staatsanwalt so fieberhaft gesuchten Geschäftsunterlagen der fünf Ermisch-Schwindelfir-men auf einer Müllkippe in Kornelimünster bei Aachen vergraben wären. Die Staatsanwaltschaft fiel tatsächlich darauf herein. Tagelang wurde das hundert Quadratkilometer große Gelände von Spezialsuchtrupps, Schützenpanzern der Bundeswehr und Schaufelbaggern abgesucht, während Ermisch in seiner Sechs-Zimmer-Luxuswohnung in Calle de Socrates Nr. 390, im vornehmen Villenviertel Colonia Polanco von Mexiko-City, die Zeitungsberichte verfolgte. Als er von dem Riesenaufwand las, der um seine imaginären Geschäftspapiere getrieben wurde, wäre er. wie er später dem Gericht sagte, „vor Lachen beinahe von der Couch

Weitere Kostenlose Bücher