Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
und Täuschungsmanöver riskiert.
Ermisch gehörte zu jenen Verbrechern, die nicht mit dem Revolver, sondern durch Geschäftsgründungen, falsche Bilanzen und Steuererklärungen Beute machen. Er gehörte also zur rapide wachsenden Zunft der Wirtschaftsverbrecher. Nach einer Schätzung der Münchener Industrie- und Handelskammer, einer durchaus kompetenten Institution, werden in der BRD alljährlich ungefähr vier Millionen Wirtschaftsverbrechen begangen, die einen Sachschaden von 10 bis 12 Milliarden DM, also das Zwei-bis Dreifache des Jahresumsatzes eines Konzerns wie etwa der Volkswagenwerke in Wolfsburg, verursachen.
Ermisch, noch keineswegs einer der ganz großen Oberweltskriminellen, hatte sich auf Steuerbetrügereien spezialisiert. Als er Anfang 1966 begann, systematisch den BRD-Fiskus zu schröpfen, war er für Polizei und Staatsanwaltschaft längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Sein Vorstrafenregister reichte 15 Jahre zurück und war entsprechend lang.
Bis 1951 galt er als unbescholten. Sieben Jahre zuvor hatte er die Prüfung als Kaufmannsgehilfe mit Auszeichnung bestanden und schließlich in Essen eine Kohlehandlung eröffnet.
Kaum freier Unternehmer, begann er, seine Profitraten über Gebühr und ohne Investitionen zu steigern. Er betrog seine Kunden. Das Essener Schöffengericht, das ihn 1957 wegen fortgesetzten Betruges zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilte, stellte fest, daß er mindestens 2600 Tonnen Luft statt Kohlen verkauft hatte. Im gleichen Jahr geriet Ermisch dann auch noch in Verdacht, gemeinsam mit seinem Vater den Kraftfahrer seiner Kohlehandlung ermordet zu haben.
Der Mord konnte ihm nicht nachgewiesen werden, weshalb ihn das Gericht mangels Beweises freisprach. Etwas später hieß es, er gefährde die Sicherheit der BRD. Als die Polizei wieder einmal seinen Kohlenplatz durchsuchte, hatte sich Ermisch nämlich als „Angehöriger der KPD-Intelligenz" ausgegeben und einem Polizisten mit „25 Jahren Zwangsarbeit in Sibirien" gedroht. Und weil man bei der BRD-Polizei nur allzugern jeden Unsinn glaubt, der sich auf die Kommunisten bezieht, fühlte sich dieser Polizist so bedroht, daß die Essener Staatsanwaltschaft gegen den großmäuligen Kohlenhändler prompt ein Ermittlungsverfahren einleitete.
Auch dieses Verfahren mußte, wie noch so manche andere Untersuchung, eingestellt werden. Eine ganze Reihe weiterer Delikte, darunter auch Verkehrsstraftaten, wurden Ermisch im Laufe der Jahre nachgewiesen oder zumindest angelastet. Zuletzt war er 1966 wegen Steuerrückvergütungsbetruges zu 25000 DM Geldstrafe verurteilt worden. Das hinderte ihn aber nicht daran, diese Betrügereien weiter fortzusetzen und sogar zu forcieren. Ermisch bediente sich nicht etwa besonders raffinierter oder schwer durchschaubarer Kniffe. Im Gegenteil, er benutzte die ältesten Tricks der Welt: freche Täuschung und Bestechung.
Am 15. Februar 1966 erschien beim Gewerbeamt in Düsseldorf eine Frau Glinga und ließ auf ihren Namen die Firma „Hansa-Export-Großhandel mit Kohle und Stahl" registrieren. Da sie für diesen Akt weder ein Befähigungszeugnis noch sonst einen Nachweis benötigte, wurde die Firma nach Entrichtung der entsprechenden Gebühren ordnungsgemäß unter der Nummer A 5497 in das Gewerberegister eingetragen.
Frau Glinga war die Geliebte des Essener Kohlenhändlers Ermisch, die von ihr gegründete Firma ein fiktives Gebilde. Erst ein Vierteljahr nach der gewerbeamtlichen Registrierung bekam die Firma ihren Geschäftssitz, eine leerstehende Souterrainwohnung in der Wittelsbacher Straße 22 zu Düsseldorf. An die Wohnungstür kam ein Firmenschild, in die Stube ein Aktenschrank mit drei leeren Ordnern. Frau Glinga, die anfangs noch mit einem alten, klapprigen Volkswagen ins „Geschäft" fuhr,
hatte nichts weiter zu tun. als die leeren Ordner zu bewachen. Nur
an manchen Wochenenden gab es Arbeit für sie. Dann kam Ermisch und fabrizierte mit seinem „Mäuschen" in den Pausen zwischen den Liebesspielen die Geschäftsbriefe, Quittungen, Bilanzen und Belege, die für das Kassieren von Steuerrückvergütungen unerläßlich sind. Ermisch und seine Helfer lebten von der Steuer, genauer gesagt, von den Steuervergünstigungen, die der Staat den Kohle- und Stahlexporteuren zur Sanierung der in der Absatzkrise steckenden Kohlengruben und Stahlwerke einräumte. Im Ruhrgebiet wuchsen zu dieser Zeit die Kohlenberge ins unermeßliche, das viel saubere und damals noch billige und reichlich zur Verfügung
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