Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
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Ermisch konnte der Zukunft gelassen entgegensehen. Im Dezember 1967 hatte er bei der Swiss Bank Cooperation in Genf noch schnell anderthalb Millionen D-Mark eingezahlt, ehe er mit seiner Geliebten nach Mexiko reiste. Mexiko hatte er als Exil gewählt, weil nach dortigen Gesetzen die Eltern eines im Lande geborenen Kindes nicht an einen fremden Staat ausgeliefert werden; und Brigitte Glinga sollte im März 1968 niederkommen. Nur wenige Wochen noch, dann wären sie in Sicherheit gewesen. Das aber wußten die westdeutschen Ermittlungsbehörden mittlerweile auch. Ein Grundstücksmakler aus Freiburg, mit dem Ermisch aus Mexiko telefoniert hatte, setzte die Kripo auf seine Spur. Ermisch selbst tat ein übriges. Er lud die Eltern von Brigitte Glinga nach Mexiko ein. Sie folgten nicht nur der Einladung, sondern gaben am 15. Februar 1968 auch ihr Luftfrachtgepäck auf, versehen mit der mexikanischen Anschrift ihrer Tochter. Die Kriminalpolizei, die sie vorsorglich überwachte, brauchte nur noch abzuschreiben.
Anfang März flogen Staatsanwalt Pieh und Kriminalhauptkommissar Fabelje nach Mexiko-City. Sie hatten keine Mühe, ihren Mann zu finden. Auch ohne das Namensschild an seiner Wohnungstür war der vornehme Playboy hinreichend bekannt. Der reiche Herr, der seiner Geliebten in einer Laune Schmuck im Werte von 200000DM schenkte und der sich zum Ford Mustang einen Chauffeur hielt, knauserte überaus mit Trinkgeldern für das Personal. Die kleinen Leute waren daher nicht gut auf ihn zu sprechen und halfen Pieh und Fabelje gern. Doch das nützte den beiden wenig. Wegen simpler Steuerbetrügereien lieferten die mexikanischen Behörden keinen Ausländer aus, und schon gar nicht, wenn er die Taschen voller Geld hatte. Aber Pieh und Fabelje kannten die mexikanischen Gesetze und wußten daher, daß die Mexikaner auf Paßfälschungen empfindlich reagieren. Ermisch besaß zwar einen echten Paß, doch hatte er Brigitte Glinga wahrheitswidrig als seine Ehefrau ausgegeben. Staatsanwalt Pieh bezichtigte ihn der Paßfälschung. Vertrauliche
Gespräche mit mexikanischen Amtskollegen und diverse „kleine Aufmerksamkeiten" für Justizangestellte taten das übrige.
Ermisch wurde von den mexikanischen Behörden abgeschoben. Aber nicht, wie es internationaler Brauch ist, mit der nächsten internationalen Maschine, sondern mit dem nächsten Lufthansaflugzeug. Pieh und Fabelje sorgten dafür, daß er unterwegs nicht verlorgenging. Ihr Versuch, auch die hochschwangere Brigitte Glinga mitzunehmen, scheiterte allerdings am Widerstand des Flugkapitäns. Die Wehen hatten bereits eingesetzt, und an Bord befand sich kein Arzt. Der Flugkapitän befürchtete daher Komplikationen. Brigitte Glinga wurde drei Tage später, begleitet von einem Arzt, dem die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft dafür 1200 DM Honorar zahlte, in die BRD gebracht und vom Flughafen aus sofort in die Entbindungsanstalt des Frauengefängnisses Bochum eingeliefert. Dort kam am 12. März ihr Kind zur Welt.
Die Sonderkommission der Kriminalpolizei benötigte noch mehrere Monate für die Untersuchung. Erst am 21. Mai 1969 wurde der Prozeß gegen Friedrich Wilhelm Ermisch und seine Komplizen vor der I. Strafkammer am Landgericht Düsseldorf unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Monschau eröffnet. Bis zu diesem Tage gab es im Fall Ermisch bereits drei Selbstmorde. Der Geschäftsführer der Ermisch-Scheinfirma „Handelsunion", Anton Peeters, der Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Feige und der Justizwachtmeister Heinz Bala, der für Ermisch gegen Bezahlung diverse Kassiber aus dem Gefängnis schmuggelte, waren aus dem Leben geschieden.
In einem Kassiber, den man jedoch abfing, hatte Ermisch den Vater seiner Geliebten anzustiften versucht, ein Salzsäureattentat auf Staatsanwalt Pieh zu organisieren. Das Attentat unterblieb, die Anklage gegen Ermisch indessen wurde um einen weiteren Punkt ergänzt.
Im September 1969 schnitt sich Brigitte Glinga im Haftkrankenhaus die Pulsadern auf. Die Tat konnte rechtzeitig entdeckt, Frau Glinga gerettet werden. Ermisch selbst hatte zu Beginn des Prozesses wiederholt mit Selbstmord gedroht. Das Gericht ordnete daher seine strenge Überwachung an. Ermisch wurde zwecks Verhinderung eines Selbstmordes nachts alle halbe Stunden geweckt. Dagegen hatte die Verteidigung protestiert, weshalb man Ende April das nächtliche Wecken einschränkte.
Ebenso wie die Voruntersuchung schleppte sich auch die Gerichtsverhandlung nur mühsam vorwärts.
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