Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
bei. In dem Schreiben wurde dem Finanzmakler gegen ein ..Honorar" von 800000 DM in Hundertmarkscheinen ein „Schutzvertrag" angeboten. Es wurde angedeutet, daß der 1967 in der BRD-Presse publizierte mysteriöse Tod des Industriellen Quant ebenfalls auf das Konto der Lebach-Täter käme. Quant hätte sich geweigert, einen solchen Schutzvertrag zu unterschreiben. Nun hätten weitere 86 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens genauso wie Makler Münemann die Wahl, ihr Angebot anzunehmen. Münemann sollte das Honorar zum kommenden Wochenende flüssig machen und einen beigefügten Annoncentext mit seiner Telefonnummer in die Wochenendausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einrücken lassen.
Finanzmakler Münemann war empört, und das bekam sofort der Münchener Polizeipräsident zu spüren, der rasch seine auf Erpressungen geeichten Spezialisten zu Münemann schickte. Die Kripo rückte die geforderte Annonce in die Zeitung, schloß ein Tonbandgerät an das Telefon des Maklers an und sah sich nach einem Double um.
Die Erpresser meldeten sich tatsächlich, sogar mehrmals, und jedesmal lief das Tonband. Doch nie dauerte das Gespräch lange genug, um den Standort des Anrufers auszumachen.
Der Anrufer, der stets höflich und mit charmantem französischem Akzent sprach, bezeichnete einen Kilometerstein an der Autobahnstrecke München-Augsburg, wo das Geld zu hinterlegen wäre. Münemann wollte indessen von einer Geldhinterlegung nichts wissen, sondern begehrte, mit seinem „Vertragspartner" selbst zu sprechen und ihm das Geld zu übergeben. Der Anrufer bat um etwas Geduld, da er dazu erst die Genehmigung aus Paris einholen müßte. Eine halbe Stunde später rief er bereits zurück. Paris wäre einverstanden, der Treff wurde vereinbart.
Doch nicht Münemann, sondern ein Double aus den Reihen der Münchener Polizei fuhr in Münemanns Wagen zum Treffpunkt. Im Kofferraum lag ein zweiter, mit MPi und Funkgerät ausgerüsteter Polizist. Der Erpresser ließ sich jedoch nicht blik-ken. Es war nämlich wieder eine Panne passiert. Die Kripo hatte vergessen, den Kontrollhubschrauber der Polizei aus dem Einsatzraum abzuberufen, und der hatte die Täter verscheucht. Damit aber war der Kontakt mit den Tätern erst einmal unterbrochen, die Chance, sie zu fassen, in die Ferne gerückt.
Der Erpressungsversuch an Münemann, der solange geheim gehalten worden war, drang in die Öffentlichkeit. Die Kripo bemühte sich, den Zusammenhang mit dem Lebach-Überfall zu verheimlichen. Sie hoffte, die Erpresser würden sich noch einmal bei dem Makler melden.
Inzwischen wurde INTERPOL gebeten, in Noli nach dem Briefaufgeber Ermittlungen anstellen zu lassen. Das BKA schickte einen Beamten dorthin. Seine Recherchen brachten einen Italiener namens Guiseppe Catinella in Verdacht, der in Noli als Kellner arbeitete und in Frankfurt am Main einen Alfa Romeo unterschlagen haben sollte. Catinella war, wie sich herausstellte, zu der Zeit in Frankfurt, als die Briefe an die beiden Redaktionen aufgegeben wurden, konnte also diese Briefe ebenso abgeschickt haben wie den an Münemann. Ehe die Polizei in Noli zugreifen konnte, war Catinella verschwunden. Später ergab sich, daß er mit dem Lebach-Fall nichts zu tun hatte.
Am letzten Februartag meldeten sich die Erpresser abermals bei Münemann. Ein Telegramm kündigte ihren Anruf an. Das Telegramm, in Karlsruhe aufgegeben, trug keine Unterschrift. Ein Beamter der Sonderkommission, sofort nach Karlsruhe entsandt, brachte den Absender in Erfahrung. Es war ein Dr. Sardo aus Paris XII, Rue Flaubert. Der Schalterbeamte erinnerte sich, daß Dr. Sardo seine Adresse erst auf ausdrückliches Verlangen angegeben hatte. Dieser Sardo wurde als etwa 30 bis 35 Jahre alt, schlank, 175 Zentimeter groß, mit kurzgeschnittenem dunkelbraunem Haar beschrieben. Er sollte ein akzentfreies Deutsch gesprochen haben. Die Überprüfung in Paris brachte die Gewißheit, daß der Name und die Anschrift falsch waren. Dr. Sardo wurde ebenso wie Catinella zur internationalen Fahndung ausgeschrieben. Die Sonderkommission Lebach wollte außerdem das BRD-Fernsehen, und zwar die Serie „Aktenzeichen XY -ungelöst", einschalten und nahm daher Verbindung mit dem zuständigen Autor E. Zimmermann auf.
Am 4. März 1969 brachte der Amtsgerichtsdirektor Merkel aus
Landau seinem Vorgesetzten, dem Landgerichtspräsidenten Thomas, einen peinlichen Vorfall zur Kenntnis. Er berichtete, daß
schon vor mehreren Monaten aus der Asservatenkammer
Weitere Kostenlose Bücher