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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben. Ein bärtiger Jungspund der Spurensicherung reicht ihm wortlos Handschuhe. Nebensächliche Geste. Selbstverständliche Routine. Den Anzug lehnt er ab. Ganzkörperpräser benötigt er nicht. So tief will er die Örtlichkeit nicht penetrieren.
    Mit unbeweglichem Gesichtsausdruck steigt er die fünf steinernen Stufen hinab und betritt die Wohnung. Ein, zwei Schritte nur, und er stoppt abrupt.
    Ein kleiner Flur führt direkt in einen anschließenden Wohnraum. Ein aufgestellter Strahler ergänzt die staubige Glühbirne, welche am Kabel von der Decke baumelt. Frische bräunlich-rote Spritzer an den Wänden. Ein Poster von Terence Hill im Western-Outfit. Der Blauäugige grinst ihn fröhlich an, die Arme über der Brust gekreuzt, Pistole lässig in der Hand. Seine Backe ist blutverschmiert. Nobody.
    Auch den Tod wird er angegrinst haben, wie der durch die Tür kam. Und dann hat der kurz gepustet. Das Leben ist eine Feder, die bläst es gen Himmel oder in den Staub. Dazwischen mag nur eine Sekunde liegen.
    Ein paar seiner Lebenssekunden nützt der Sandner, um einfach in den Raum zu starren. Ein Gefühl will er bekommen, die Atmosphäre wirken lassen. Er betrachtet eine Pinnwand. Ein Prospekt vom Pizzatandler, zwei farbenfrohe Ansichtskarten und eine Einkaufsquittung von einem DVD-Player sind angepickt. Mit Filzstift sind diverse Handynummern auf die Oberfläche gekritzelt. Der Mief lang getragener Wäsche mischt sich mit Zigarettenrauch und Chemikalien. Kein Geruch des Todes. Eher der blanken, abgeschälten Existenz, ungeschminkt, ohne Verkleidung.
    Der Gerichtsmediziner kniet im Türrahmen. Es ist der Aschenbrenner. Der kreisrunde Haarausfall hat eine Lichtung in den Hinterkopfforst geschlagen. Bisweilen trägt der Doktor einen Schlapphut. Hier und heute ist jede Eitelkeit der Endlichkeit gewichen. Vor ihm, inmitten von Pizzaschachteln, Bierdosen und verlottertem Krimskrams, liegt das Objekt seiner Betrachtung hingestreckt auf dem Rücken.
    H ingestreckt kommt sich auch der Hartinger vor. Mental. Er ist Richtung Süden gefahren zum Isarufer. Bis zur Schäftlarnstraße, was ihm ein grimmiges Lächeln ins Gesicht gezeichnet hat. Vielleicht sollte er dorthin pilgern, ins Schäftlarner Kloster. Kein weiter Weg. Tagestour. Er könnte um Aufnahme bitten. Immerhin hat die Benediktinerabtei auch eine Schnapsbrennerei, um fürs Vergessen zu sorgen. Für seine Mutter wahrscheinlich ein Grund, ins Wasser zu gehen oder ihn zu verstoßen. Vor der Uferbefestigung hat er seinen Wagen abgestellt und ist hinabgestiegen zum Fluss. Die Isar bietet Halt. Das Geräusch des fließenden Wassers in seiner Zeitlosigkeit. Es wird noch fließen, wenn der heutige Tag längst verblasst ist wie eine alte Handschrift auf Papyrus. Wenn längst niemand mehr sich die Mühe macht, die Bedeutung der Zeilen zu entschlüsseln. Wenn das Fetzerl zu Staub zerbröselt und vom Wind weggetragen wird. Ein Trost. Alles muss weiter, nichts bleibt stehen, nur weil dem Rotschopf der Schuh drückt. Er starrt auf den Fluss, doch vor seinen Augen taucht nichts auf – ausgenommen ein hungriger Erpel. Als der feststellt, dass vom Menschen am Ufer nichts zu erwarten ist, lässt er sich flussabwärts treiben.
    Der Hartinger hat einen Ermittlungserfolg zu verbuchen. In einem Café schräg gegenüber vom Altenheim ist er fündig geworden. Fast zu einfach. Geradezu banal. Er hat der Serviererin eines von Sandners Bildern gezeigt, und die hat sofort genickt. Wäre nicht der typische Gast gewesen. Auf den verblichenen hellblauen Blümchenpolstern macht sich sonst eher die Seniorenfraktion breit. Die Leute können vom Fenster aus gleich einen Blick in die nahe Zukunft werfen. Vielleicht wartet die im zweiten Stock im Doppelzimmer. Die Gegenwart besteht aus einem Schwätzchen bei Schwarzwälder Kirschtorte.
    Er müsste es sofort dem Team melden. Sie könnten sich auf den Weg machen. Die Kellnerin hatte ein formidables Gedächtnis. Und wie sie dem Hartinger beschrieben hat, in wessen Begleitung seine gesuchte Person gewesen ist, hat sie ihm damit eine Watschn verpasst, die du nicht so leicht wegsteckst.
    Definitiv die Isabella. Seine Isabella.
    Ein dummer Zufall mag es sein, wenn du des Morgens aus dem Haus trittst und triffst auf einen alten Bekannten, dem du noch hundert Euro schuldest. Zufällig kannst du einem hübschen Madl nachschauen und dabei mit der Designer-Sandale in den Hundehaufen latschen. Ein Zufall kann an jeder

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