Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Revier. Wissen Sie, wie man ihn hier nennt? Django. Kaum einer ist gern mit dem unterwegs. Ist immer seltsam, verstehen Sie? Er gibt einem das Gefühl, er hätte den Masterplan und man wäre der Hiwi. Kurz vor der Weltherrschaft, der Manni. Nur die Frischlinge, die finden den cool.«
»Gewalt? Lässt er es gern krachen?«
»Wissen Sie doch selber, da schmeißt man nicht den ersten Stein. Manchmal kotzt es einen halt an, brauch ich Ihnen doch nicht erzählen. Passiert halt. Ich sag mal so: Der Manne braust sehr leicht auf, wenn jemand keinen Respekt zeigt, verstehen Sie? Das gibt schon mal Ärger. Sieht nicht jeder so wie er.«
»Rufen Sie mich an? Egal, ob es eine Kleinigkeit ist. Und Sie behalten es für sich, bitte.«
»Sie sagen ihm nicht, von wem Sie es haben? Der kann echt unangenehm werden. Und verpetzen ist nicht so dolle.«
»Natürlich nicht. Sie sind keine Verräterin oder mein Spitzel. Ich führe keine internen Ermittlungen durch. Aber es ist wichtig, dass ich es erfahre. Jedes Detail. Das ist meine Nummer.«
»Soll ich versuchen, was rauszukriegen über ihn?«
»Na ja, wenn es was gibt – aber kein Risiko, okay? Kann ich Ihre Handynummer haben?«
»Okay. Was suchen Sie?«
»Jemanden, der zu allem fähig ist.«
Die Brünette schaut ihr Gegenüber prüfend an und nickt kurz. Was sie gesehen hat, scheint auszureichen. Die Wiesner ist nicht durchgefallen. Sie darf die diktierte Nummer in ihr iPhone tippen.
»Wenn ich noch was brauch, ruf ich Sie an, okay?«
»Wissen Sie was?«, meint die Streifenpolizistin. »Sie können solche Klamotten auch noch problemlos tragen. Da kriegt man voll den Neid.«
»Problemlos? Das glauben nur Sie.« Sie zwinkert der Frau zu, die mit einem Lächeln die Geste erwidert.
Die Wiesner steigt in ihren Peugeot. Im Rückspiegel sieht sie einen Streifenwagen herannahen. Der Kastelmeyer sitzt am Steuer. Keine Minute zu früh. Daneben ein blasser Jüngling. Er trägt seine Uniformmütze im Auto. Seltsam. Sie gibt dem Innenspiegel einen Stoß und bleibt ruhig sitzen. Der Wagen rollt vorbei zur Pforte. Die Schranke hebt sich. Sie parkt aus. Der Pulsschlag etwas erhöht. Keinen Blick schenkt sie dem Fahrzeug. Die beiden Insassen haben die Nasen nach vorn gerichtet. Ob der Kastelmeyer sie gesehen oder gar erkannt hat, weiß sie nicht. Kurz betrachtet sie sich im Rückspiegel, streckt ihrem geschminkten Ebenbild die Zunge heraus. Sie sollte flugs nach Hause – umziehen.
H eimatlos ist der Sandner. Wo kann er hingehen? Chingachgooks Wigwam hat er den Rücken gekehrt, die Hansastraße bleibt ihm vorläufig verschlossen und in seiner eigenen Behausung käme er sich überflüssig vor. Alles, was er dort tun könnte, wäre nur eine Ersatzhandlung. Eine fade Entschuldigung für Untätigkeit. Er bräuchte neue Jagdgründe. Wo grasen die Büffel? Hat der Hartinger eine Fährte aufgenommen? Fleisch muss auf den Tisch. Seine Zähne will er in etwas schlagen, das nährt.
Behausung ist das Stichwort. Er ruft den Jonny an.
Der plappert sofort los: »Ich wollt Sie grad anrufen, Herr Sandner, ich ...«
»Wart und hör mir zu.« Harsch stoppt er den Überschwang des Burschen. Er will den Faden nicht verlieren.
»Aber ...«
»Kannst du rausfinden, weshalb dieser Slatko vom Kastelmeyer kassiert worden ist. Den Nachnamen hab ich nicht, aber der ist gestern verhaftet worden.«
»Weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat und ein Näherungsverbot gegenüber seiner Exfrau, aber ...«
»Wart, lass mich nachdenken.«
»Ich muss ...«
»Gewalt?«
»Ja, er hat wohl nicht kapiert, dass seine Ex nicht mehr sein Besitz ist, aber das ...«
»Sapperlot, du bist fleißig gewesen. Ist des Madl seine leibliche Tochter?«
Der Jonny schnauft auf.
Was der Sandner hört, wird wohl kein Auflachen sein? Macht sich der Jungspund über ihn lustig? So weit ist es schon gekommen. Im Moment ist der Ermittler empfindlich gegenüber jugendlichem Hervorpreschen. Er liegt noch nicht in der Kiste, das Requiem für Hauptkommissar Sandner ist noch nicht abgefiedelt worden. Schweigen in der Leitung. Exotischer Zustand beim jungen Kommissar. Fühlt sich nach angemessenem Respekt an.
»Bist noch da?«
»Ja.« Wieder dieses Aufschnaufen. Ein Seufzen. Als würde der Sandner ihn langweilen und er hätte Besseres zu tun. Eine Partie Halma mit dem Brauner? Das WG-Leben scheint den Kommissar zu verweichlichen.
»Hat der Mann einen festen Wohnsitz?«, insistiert der Sandner.
»Jaha.« Der gedehnte Tonfall
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