Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Feuerzeug klickt.
»Kommst heut mit zum Schafkopfen beim Patrick?«, will ein anderer wissen.
»Mal schauen, die Susi wollt unbedingt in die Sauna da im Prinzregentenstadion, wenn es ned zu spät wird. Wir sind hier hoffentlich bald durch. Die wird stinkig, wenn’s wieder nicht hinhaut. Letzte Woche war’s ja genauso.«
»Da fragt man sich, warum sich die Leut nicht am Montagmorgen massakrieren können?«
»Wieso? Dir kann’s doch wurscht sein. Du bist doch Single.«
»Ja und? Gott sei’s gepfiffen. Wenn ich so a damische Gretl zu Hause hätt, könnt’s von mir aus jedes Wochenende Leichen runterhageln. Du bist doch bloß der Flaschengeist bei dir daheim. Dein Wunsch ist mir Befehl, Herzilein und Bussi aufs Bauchi, Schmatzischatzimausi. Ah geh, hör mir auf.«
»Der Flaschengeist bist scho selber, tust doch nix als wie saufen.«
»Wer ko, der ko. Hat das dir das Susilein verboten, sag?«
Die Antwort wird der Sandner nie erfahren, die Stimmen entfernen sich. Der Wenzel scheint im Hausinneren verschwunden zu sein. Vorsichtig späht der Kriminaler ins Rund, bevor er wieder in Gänze auftaucht. Die Uniformierten widmen sich den Nachbarn und führen Übermütige hinter die Absperrung.
Von zwei Augenpaaren wird der Hauptkommissar angestiert. Ohne einen Laut von sich zu geben, schlendern der Aschenbrenner und die Wiesner auf ihn zu. Sie müssen ihn in der Wohnung registriert haben. Siebter Sinn. Sein Eau de Toilette ist nicht so prägnant, um der Duftspur folgen zu können.
»Gehen wir zu meinem Wagen«, murmelt der Gerichtsmediziner und steckt die Hände in die Taschen. Konspirativer Habitus. Sein Blick ist gleichmütig, als wäre er auf dem Weg ins Theater. Zu dritt verlassen sie den Hof.
In seinem alten Volvo beginnt der Aschenbrenner mit den üblichen Auskünften.
»Das ist quasi eine Doublette von eurem Mord am Yilmaz. Ein Schuss – ein Treffer. In die Stirn. Vor höchstens einer halben Stunde. Nagel mich nicht fest, aber könnte die gleiche Waffe sein. Das Opfer weist keine Kampfspuren auf. Er ist im Flur gestanden und bumm.«
»Der Zeuge, der die Einseinsnull verständigt hat, wollte nachsehen, weil die Tür nur angelehnt war. Hat sich Sorgen gemacht – sagt er«, ergänzt die Wiesner. »Ich geh jetzt einfach davon aus, der Tote ist der Bursch, der den Mord am Yilmaz beobachtet hat.«
Der Sandner nickt. »Ja, das denk ich auch. Hat niemand den Schuss gehört oder den Mörder gesehen?«
»Den Schuss gehört, ja. Vor ungefähr dreißig Minuten. Ein paar Nachbarn wollen eine Gestalt im schwarzen Regenmantel gesehen haben. Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Die Polizei gerufen hat keiner. Die wollten keine Unannehmlichkeiten. So ein Knall muss ja nichts bedeuten.«
»Nichts bedeuten? So sinds halt, die braven Leut.«
»Und bevor wir uns reingeiern, morgen um acht, hab ich einen Briefingtermin mit den Herren vom LKA. Ich soll über die Ermittlung referieren. Die Fakten darstellen. Ich denke, damit haben sie uns dann endgültig rausgekegelt. Der Dauerdienst sagt den Eltern vom Burschen Bescheid. Die kümmern sich auch hier um die Befragungen. Gott sei Dank. Ich sollte jetzt zum Staatsanwalt.«
»Morgen ist morgen«, stellt der Sandner fest. Einer von den zwei Tagen im Jahr, an denen man nichts tun kann. Der andere heißt: gestern. Seine Tochter, die Sanne, hat ihm diesen Spruch vom Dalai Lama einst aufgetischt.
»Sagt amal ...«, beginnt der Aschenbrenner, wird aber vom Hauptkommissar mit einer Handbewegung gestoppt.
»Das würd jetzt zu lange dauern.«
Sein Freund schiebt die Unterlippe nach vorn. »Zu lange also, ich seh schon. Braucht ihr mich noch? Sagt es lieber gleich, bevor ihr mir wieder Ohrwaschlfetzen zum Frühstück kredenzt.«
»Jetzt gib nicht die Leberwurscht. Kannst du dich noch an den Fall Fuhrer erinnern?«
Der Aschenbrenner wirft der Wiesner einen Blick zu und nickt.
»Wie viel Zeit ist zwischen dem ersten Messerstich und dem zweiten vergangen? Könnte man das sagen?«
»Frau kann«, mischt sich die Wiesner ein. »Vom Eintrittswinkel und Stichkanal her kann man rekonstruieren, ob der Täter die Stellung gewechselt hat, in Abhängigkeit vom Verhalten des Opfers. Das rührt sich natürlich auch.«
»Natürlich.«
»Im Falle Fuhrer mindestens zwei und höchstens fünf Sekunden – ohne Gewähr.«
Aschenbrenners Nicken ist in der Endlosschleife. Wie der Lehrer vor der Einser-Kandidatin. Lange kann die Wiesner das noch nicht von ihm erfahren haben. Die beiden Ermittler
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