Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
aufgeblasenen Sonderklimbim würdest du hier mit Kanonen auf Spatzen schießen. Die wären nicht bloß tot, sondern maximal pulverisiert. Er will niemanden mehr sterben sehen – zumindest nicht dieses Wochenende. Und er will es kontrollieren. Die Fahrt geht schweigend vonstatten. Die Dämmerung ist dem Einbruch der Nacht gewichen.
Daglfing also. Betagte Trabrennbahn, Kircherl und ein paar Häuser. Ein wenig aus der Zeit gefallen. Idyllisch, schläfrig, alle zwanzig Minuten schaut die S-Bahn vorbei und weckt den Ort aus seinem Nickerchen. Der Martin von Tours hat da einen Platz in der alten Kirche – aus Stein. Dessen Aufenthaltsort haben seinerzeit die Gänse verraten, als er sich vor der Bischofsbürde im Stall versteckt hatte. Das kannst du über die Aushilfe in Ansis Kneipe natürlich nicht sagen. Gans war das keine. Auch wenn sie gefedert ausgesehen hat.
In früherer Zeit war der Gottesbau vier Märtyrern geweiht. Auch sie haben an ihre Wahrheit geglaubt. Jetzt sitzen vielleicht im Haus vom Oberstleutnant a.D. vier Manschgerl, die überzeugt sind, sich für die Wahrheit einzusetzen. Märtyrer werden es hoffentlich keine werden – so der Sandner es verhindern kann. Ungewöhnlicherweise hat er sich selbst hinters Lenkrad geklemmt. Vielleicht will er den Tod nicht unnötig herausfordern.
Mit zwei Wagen sind sie unterwegs. Die Wiesner mit dem Hartinger im Peugeot, Jonny, Sandner und Brauner im Dienst-BMW.
»Also, Jonny, was haben wir über die Gesellschaft?«, will der Sandner wissen.
Der Jonny zückt seinen Tablet-PC.
»Da wäre als Erstes Arthur Stemmer, Oberstleutnant a. D., Elitekämpfer, Afghanistan-Veteran, Sondereinheit, Fallschirmspringer. Hoch dekorierter Ledernacken, der Mann. Hat nix ausgelassen. Immer vorneweg rein ins Getümmel, das Viech.«
»Was?« Der Sandner starrt ihn entgeistert an. »Sag das noch mal.«
»War nur a Spaß.« Der Jonny grinst. »Der Mann ist fünfundsiebzig, verwitwet, zuletzt in Kempten stationiert.«
»Ich lach dann morgen drüber, damischer Uhu.«
»Weiter im Text. Der Hans-Maria Stemmer, genannt Ansi. Hätt sich auch Marei nennen können, der Bursch. Hat Zivildienst gemacht. Zweimal Sachbeschädigung, einmal Widerstand, dreimal unbefugtes Betreten und Landfriedensbruch. War wohl fleißiger Demonstrant.«
»Der hat sich sauber abgenabelt vom Papa.«
»Die Rita Stemmer. Einmal Dokumentenfälschung, zweimal Ladendiebstahl, alles von siebzehnhundertdreiundneunzig.«
»Richtig kriminelle Energie, die Bagage. Die Cosa Nostra ist ein Dreck dagegen.«
»Fehlt noch die Isabella Weihrich, fast nix.«
»Was heißt fast nix?«
»Das Jugendstrafregister ist doch gelöscht worden.«
»Und was steht drin?«
»Das Übliche. Ein paar Mal Betäubungsmittelgesetzverstoß und Ladendiebstahl. Sonstige Personen haben wir ja nicht auf dem Zetterl.«
»Könnten sich dort aber aufhalten. Jemand einen Waffenschein und registrierte Waffen?«
»Yes, Sir! Der Oberstleutnant. Sir! Eine Smith & Wesson, Modell 28, 357 Magnum und eine Glock 26, 9 mm.«
»Scheißdreck. Wieso hat der das Zeug? Glaubt der noch, die Russen marschieren ein?«
»Wenn wer einmarschiert, dann sind’s die Chinesen. Die Vorhut siehst du jeden Herbst auf der Wiesn. Eh man es merkt, sind sie in der Überzahl.«
»Dann leg ich mir auch eine Glock zu.«
»Wie ist der Plan?«, mengt sich der Brauner ein. Das Gespräch wird ihm zu munter. Er beugt sich von hinten zwischen die Vordersitze. »Wie gehst du vor? Willst du das Gebäude stürmen?«
»Wir wissen gar nicht, ob deine Mutter drin ist.«
»Aber du bist dir ziemlich sicher?«
»Ehrlich gesagt: Ich hab keine andere Idee dabei. Könnt aber auch sein, sie haben deine Mutter weggeschafft. Sie haben ... äh, ich mein, sie könnten glauben, wir sind nahe dran an ihnen.« Besser gesagt, dank Hartinger wissen sie, dass es eng wird. Wobei die Isabella mit der Friseur-Info wenig anfangen konnte. Umgeben von Dilettanten. Selbst die altenpflegende Topspionin. Das macht die Sache nicht unkomplizierter. Im Gegenteil.
»Brauchen wir da keine Sturmhaubenkasperln? Kugelsichere Westen? Oder das Zeug zum Türaufsprengen?«
Der Brauner ist definitiv der zähe Ledernacken.
»Nein«, sagt der Sandner bestimmt. »Drohnen hab ich auch nicht angefordert.«
Wobei er sich alles andere als sicher ist, was ihn erwartet. Nur ein Gefühl hat er, ein unbestimmtes. Und seine Leut wird er nicht ins offene Messer laufen lassen.
»Habe ich im Kofferraum«, meint der Jonny.
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