Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Ayasha? Wieso ist die weggetragen worden?«
»Die kommt wieder auf die Beine«, beruhigt der Sandner ohne große Überzeugung. »Hat eine Wunde, aber ist nicht so schlimm.«
Die Kurzen sind skeptisch.
»Wieso hat sie eine Wunde?«, will ein Schlaumeier wissen.
Der Sandner möchte die Tür zuhauen. Er reißt sich zusammen. Er denkt an sein eigenes Kind, das inzwischen kein Kind mehr ist. Die Sorgen, die sich die Kleinen um den Hund machen, rühren ihn doch. Sie haben ja recht.
»Sie hat sich verletzt«, erklärt er ihnen. »Und deshalb kommt sie in die Tierklinik. Die machen sie wieder gesund. Schaut halt morgen vorbei. Vielleicht ist sie dann schon wieder da.«
»Kann man sie besuchen?«, will einer wissen, und ein Mädchen fragt nach, ob der Hund operiert wird. Es hätte sich auch letztes Jahr das Bein gebrochen. Drei andere zeigen ihre Narben vor. Sie vergleichen die Größe. Blinddarm gewinnt gegen Fahrradlenker um zwei Zentimeter. Taschenmesser wird Dritter.
»Weiß ich nicht, ob man sie besuchen kann«, verkündet der Polizist. »Sagt amal, habt ihr vorhin jemanden Fremden gesehen, hier auf der Treppe?«
Sie schütteln vereint den Kopf.
»Nur dich«, stellt die Kleinste wahrheitsgemäß fest und deutet mit dem Finger auf ihn.
Dann scheint die Neugier fürs Erste gestillt. Sie verschwinden lautstark schnatternd. Das ist seiner Ausstrahlung geschuldet. Gute Onkels kommen anders daher.
Jetzt schließt er die Tür. Professionell ist sie aufgebrochen worden, ohne großen Schaden und Geräusch. Er hat Yilmaz falsch eingeschätzt. Natürlich hatte der schnell erfahren können, wo der Sandner haust. Hier blieb nichts lange geheim. Der Mann ist ein cholerisches Viech. Offenbar der Capo im Revier. Und der Sandner hätte begreifen müssen, dass er mit dessen Frau so nicht umspringen kann. Aber für reuevolle Erkenntnis ist der Zug bereits abgefahren.
Es hat Zeiten gegeben, da wäre der Sandner ohne viel Tamtam bei Yilmaz aufgetaucht und hätte ihn davon überzeugt, dass es eine depperte Idee gewesen ist, schnuckelige Hündchen zu massakrieren. Das Fell hätte er ihm über die Ohren gerissen, der Drecksau, der grindigen. Nicht, dass die Vorstellung seine Phantasie nicht belebt, aber nach einem Griff in die Scheiße solltest du dir hinterher nicht noch die Hände drin waschen wollen. Erfahrungswert.
Die banale Geschichte um eine Jacke hat gerade einige Karrieresprossen erklommen. Yilmaz ist ein Kumpel vom Wessold gewesen. Die beiden haben Geschäftchen gemacht, der Rubel ist gerollt. Warum also kein Streit zwischen den beiden? Kommt vor. Besonders, da der Wessold wohl ein großer Schwätzer vor dem Herrn gewesen ist. Der Yilmaz nutzt die Situation mit dem Fuhrer und sticht ihn ab. Zuzutrauen wäre es ihm, Messerarbeit scheint für ihn wie Zähneputzen zu sein. Aber wie das beweisen? Der Sandner sucht sich einen Lappen in der Küche. Er macht sich daran, das Blut aufzuwischen. Viel wird nicht drin sein in so einem Viecherl. Sein Beitrag zum Thema Schuld, außerdem die perfekte Möglichkeit, darüber zu meditieren, auf welche Weise er es dem Yilmaz einschenken würde. Das unschuldige Zamperl, niedergemetzelt im eigenen Heim, gibt dem Sandner zu beißen. Er hat genug Opfer von Gewaltausbrüchen gesehen, in allen Darbietungsformen, Größen und Verletzungsattributen – trotzdem, die Rage bleibt ihm erhalten. Ein Grummeln in der Magengegend. Seine Hände sind zittrig. Beim Auswringen des Lappens hat er einen ungewaschenen Hals vor Augen.
S ein junger Mitarbeiter hat definitiv einen angenehmeren Moment in der Lebenslotterie gezogen. Lippen pressen sich auf die seinen, und der Hals, den er befühlen darf, ist von sauberer, zierlicher Natur.
Pizzaessen ist kein revolutionärer Event für ein First Date, aber der Hartinger hatte seinen Lieblingsitaliener ausgewählt. Vielleicht ist Besitzerstolz dabei gewesen. Guarda chi arriva! Er kann auch anders, nicht bloß mit Kollegen futtern oder die Allgäuer Sippschaft auf München-Trip verköstigen.
»Molto maschio«, so schaut er aus heute, der Hartinger.
Der Kommissar ist beliebt bei den Madln. Es hat immer welche gegeben in seinem Leben, die ihm versichert haben, er wäre ihr bester Kumpel. Wie halt der Hund der beste Freund des Menschen ist und nicht der Wolf.
Er hätte gern ein Lämmchen vernascht und nicht bloß verständnisvoll dem Geblöke gelauscht, Männchen gemacht und die Wunden versorgt, die von den Wölfen gerissen worden sind. Bist ein Braver und jetzt: Bei
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