Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
Fuß!
Geschafft hat er das dann mit der Christina. Fast zwei Jahre lang.
Sein bester Spezl, der Korbi, hat ihm die ausgespannt, sobald der frisch gebackene Kommissar nach München versetzt wurde. Sagen wollten ihm die beiden das lange nicht. Bei der Christina ist halt die Küche kalt geblieben, wenn er an den Wochenenden aufgetaucht ist. Das Testosteron ist eine körperliche Fehlinvestition geblieben. Von ihrer Psyche her, hat sie gemeint, könne sie gerade keine körperliche Nähe ertragen – so eine Psyche schafft es locker, dich bis zum Schopf ins Eiswasser zu tauchen. Fast ein Jahr hat sich das hingezogen, bis er einmal überraschend vorbeigeschaut hat, um ihr eine Freude zu machen. Klassiker. Reingeplatzt in den Tageshöhepunkt. Christinas Psyche war aktuell einen Kaffee trinken gegangen, um den Korbi nicht zu behindern.
Danach hat der Hartinger sich in Arbeit gestürzt, das Frauenthema ist in der Abstellkammer verstaubt.
Vielleicht hat er ein bisserl viel erzählt heut, der Hartinger, bei der Pizza funghi und der Weißweinschorle.
Die Isabella hat während ihrer Spaghetti mare hauptsächlich gelächelt.
Natürlich haben sie nicht über die Mutter Brauner geredet. Der Hartinger ist Profi. Nur kurz hat er durchblicken lassen, dass er sicher wäre, sie würde bald auftauchen. So sicher er ihr gegenübersäße. Er hätte ein Gespür dafür – und bestimmt die richtige Spur. Vor Hartingers geistigem Auge sind sie aufmarschiert. All jene, die nicht im Altenheim tätig waren. Die Braunerin mochte Besuche gemacht haben, zum Beispiel beim Friseur oder Masseur oder weiß der Geier. Natürlich hat er das für sich behalten und der Isabella nicht aufs Brot geschmiert. Alles eine Frage des Haarschnitts, hat er kryptisch den Themenkomplex geschlossen. Das scheint die Frau beruhigt zu haben. Zumindest hat sie nicht mehr nachgefragt. In Gedanken versunken ist sie dagesessen und hat den Nudelberg kalt werden lassen. Immerhin ist die Braunerin in ihrer Schicht davon. Das war bestimmt nicht leicht zu packen. Sie tat ihm leid.
Dass sich das Paar jetzt vor ihrem Hauseingang küsst, ist Isabellas Initiative gewesen. Spontan und einfach so, ohne Kopf und Psyche und Trallala kommen ihre Lippen daher. Züngelnd hat sie ihm den Mund geöffnet, stürmisch sich an ihn gepresst.
Überwältigt ist er von diesem drängenden Leib, von dieser fordernden Sinnlichkeit, die ihn anspringt, wie ein ausgehungerter Luchs.
Sie hält ihn am Jackenkragen gepackt und schnauft heftig. In den Ofen schiebt sie ihn, bis er glüht und schmilzt. Neu geformt wird er, sie braucht keine Esse, nur ihren Körper dazu. Weich und weicher wird er. Noch mehr Hitze, und er vergeht, löst sich auf.
Ein Moment des Zögerns, bevor er seine Hände freilässt und sie bei den Hüften nimmt. Was wird sie erwarten? Er spürt, dass der Gedanke, sich jetzt zu verabschieden und nicht mit ihr nach oben zu gehen, in ihrem Universum nicht vorgesehen ist. Das tut Mann nicht. Ihm wird so leicht, als hätte er statt der Pizza Daunen gefressen.
Die Geiger, die im Hintergrund blumige Weisen daherschnulzen, das kitschige Anbahnungsszenario samt Traumerfüllung, Schmachten, Dahinschmelzen und Pipapo kann man getrost hinter sich lassen. Andere Geschwindigkeit.
Der Hartinger ist überfordert, der Maler in seinem Kopf bringt kein ordentliches Bild zustande – Schaffenskrise. So ohne Plan im Hier und Jetzt ist für ihn wie Klettern ohne Seil. Nicht seine Spezialität.
Im nächsten Moment steht er in ihrem Zimmer. Die Treppe ist keine Erinnerung wert gewesen. Die Verlegenheit hat sich erst dazugesellt. Schulterzuckend schleicht sie sich, ohne Gruß, wie die Isabella den Mann auf ihre Matratze schubst.
D er Sandner sitzt auf Kohlen beim Chingachgook in der Küche. Ihn drängt es nach draußen, aber er zwingt sich, auf den Indianer zu warten. Meisterleistung in Geduld. Obwohl es möglich wäre, dass der bei seiner Ayasha ausharrt. Ob das Tier operiert werden müsste? Hauptsache, sie geben es ihm nicht in der Plastiktüte mit nach Hause. Es vergeht eine Stunde, innerhalb derer der Sandner vergeblich versucht, die Wiesner und den Hartinger auf dem Handy zu erreichen.
Zehn ist es mittlerweile. Jeder hat ein Recht auf Feierabend. Beim Jonny gibt es nichts Neues. Der hat sich wieder zum Brauner gesellt und spielt dessen Unterhaltungsdame. Er berichtet dem Sandner, dass der Hartinger sich auf alle gestürzt hätte, die am Leib der alten Brauner für den Kundendienst gewerkelt hätten.
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