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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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versammelte Menschenmenge zugestemmt wurde. Die Leute hatten das stetig lauter werdende Geschrei gehört und waren offenbar entschlossen, sich Eintritt zu verschaffen. Und nun erhob sich das Geheul im Gerichtssaal von neuem, diesmal weniger mitleidsvoll, dafür umso zorniger. Darcy glaubte den Richter rufen zu hören, er werde die Unruhestifter von der Polizei oder von Soldaten abführen lassen, und dicht neben ihm rief einer: »Wo ist die schwarze Kappe? Warum, in Gottes Namen, holen sie das verdammte Ding nicht her und setzen es ihm endlich auf?« Als ein Triumphschrei ertönte und er sich umdrehte, sah er, wie ein auf den Schultern seines Kameraden stehender junger Mann ein quadratisches schwarzes Stück Stoff über der Menge schwenkte, und erkannte schaudernd, dass dies die schwarze Kappe war.
    Mühsam verteidigte er seinen Platz an der Tür, und als die draußen Versammelten sie nach und nach aufdrückten, gelang es ihm, sich hindurchzuzwängen und sich einen Weg nach draußen zu bahnen. Auch auf der Straße herrschte Tumult, dieselbe Kakophonie stöhnender, rufender, brüllender Stimmen war zu hören, drückte jedoch eher Mitleid als Zorn aus. Die Menge hatte eine schwere Kutsche angehalten und versuchte den Fahrer vom Bock zu zerren, während der Mann schrie: »Ich kann nichts dafür – ihr habt doch selbst gesehen wie sich die Dame unter die Räder geworfen hat!«
    Da lag sie, von den schweren Rädern zerquetscht wie ein streunendes Tier. Ihr Blut floss in einem roten Rinnsal, das unter den Hufen der Pferde eine Lache bildete. Die Tiere rochen es, wieherten und bäumten sich auf, und der Kutscher hatte alle Hände voll zu tun, um sie zu zügeln. Darcy warf nur einen kurzen Blick darauf; dann wandte er sich ab und übergab sich heftig in die Gosse. Der säuerliche Gestank schien die ganze Luft zu verpesten. Jemand rief: »Wo ist der Leichenwagen? Warum wird sie nicht fortgebracht? Man kann sie doch nicht so liegen lassen!«
    Der in der Kutsche sitzende Fahrgast machte Anstalten, auszusteigen, schreckte jedoch vor der Menschenmenge zurück. Er zog das Fensterrollo herunter, hinter dem er offenbar auf die Wachtmeister wartete, die die Ordnung wiederherstellen sollten. Die Ansammlung wurde größer und größer. Auch verständnislos gaffende Kinder waren darunter und Frauen mit Säuglingen im Arm, die aus Angst vor dem Lärm zu schreien begannen. Darcy konnte nichts tun. Er musste in den Gerichtssaal zurückgehen, Alveston und den Colonel finden – vielleicht konnten sie ihn beruhigen. Doch er wusste bereits, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllen würde.
    Plötzlich sah er den Hut mit den violetten und grünen Bändern. Er musste ihr vom Kopf gefallen und ein Stück über den Gehsteig gerollt sein; jetzt war er vor seinen Füßen liegen geblieben. Darcy betrachtete ihn wie in Trance. Eine torkelnde Frau, die sich ihr brüllendes Kind unter den Arm geklemmt hatte und eine Ginflasche in der Hand hielt, schwankte heran, bückte sich und setzte sich den Hut schief auf den Kopf. »Die braucht ihn eh nicht mehr!«, sagte sie zu Darcy und ging.

11
    W egen der Konkurrenzattraktion in Gestalt einer Leiche waren einige der vor der Saaltür wartenden Männer auf die Straße gegangen, so dass sich Darcy nach vorn durchkämpfen konnte und mit den letzten sechs Leuten eingelassen wurde. »Ein Geständnis! Sie haben ein Geständnis gebracht!«, schrie einer mit Stentorstimme, und der ganze Gerichtssaal geriet in Aufruhr. Einen Moment lang sah es so aus, als würde Wickham von der Anklagebank gezerrt werden, doch sofort umringten ihn mehrere Gerichtsdiener. Nach ein paar Sekunden, in denen er benommen dastand, setzte er sich sich wieder und schlug die Hände vors Gesicht. Im Saal wurde es immer lauter. In diesem Moment erblickte Darcy Dr. McFee und Reverend Percival Oliphant, umgeben von Wachtmeistern. Erstaunt über die Anwesenheit der beiden Männer sah er zu, wie zwei schwere Stühle nach vorn geschleppt wurden und die Herren sich sichtlich erschöpft darauf niederließen. Er versuchte zu ihnen durchzukommen, doch die dichtgedrängte Menschenmenge war wie eine undurchdringliche wogende Masse.
    Die Leute hatten ihre Sitzplätze verlassen und versuchten, an den Richter heranzutreten. Der hob seinen Hammer und setzte ihn mit solchem Nachdruck ein, dass er sich schließlich Gehör verschaffen konnte und der Lärm sich legte. »Wachtmeister, verschließen Sie die Tür! Wenn noch einmal Unruhe aufkommt, lasse ich den Saal

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