Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
räumen. Bei dem von mir gründlich geprüften Dokument handelt es sich angeblich um ein unterzeichnetes und von Ihnen, Dr. Andrew McFee und Reverend Percival Oliphant, beglaubigtes Geständnis. Sind dies Ihre Unterschriften, Gentlemen?«
»Jawohl, My Lord«, antworteten Dr. McFee und Mr. Oliphant gleichzeitig.
»Und trägt das von Ihnen ausgehändigte Dokument die Handschrift der Person, die es über Ihren Unterschriften signiert hat?«
Diesmal antwortete nur Dr. McFee. »Teilweise, My Lord. William Bidwell war am Ende seines Lebens angelangt und schrieb das Geständnis, auf Kissen gestützt, im Bett. Die Schrift ist zwar krakelig, aber hinlänglich gut lesbar. Der letzte Absatz wurde mir, wie an der andersartigen Handschrift erkennbar, von William Bidwell diktiert. Zu diesem Zeitpunkt konnte er zwar noch sprechen, außer seinem Namen aber nichts mehr schreiben.«
»Dann bitte ich jetzt den Herrn Verteidiger, das Dokument vorzulesen. Danach werde ich entscheiden, wie weiter zu verfahren ist. Wer den Vortrag unterbricht, wird des Saales verwiesen.«
Jeremiah Mickledore nahm das Blatt entgegen, rückte seine Brille zurecht, überflog den Text und begann ihn mit lauter, klarer Stimme vorzutragen. Im Gerichtssaal war es totenstill.
Ich, William John Bidwell, lege aus freien Stücken dieses Geständnis ab. Es ist ein wahrheitsgemäßer Bericht über das, was sich in der Nacht des 14. Oktober letzten Jahres im Wald von Pemberley zutrug. Ich lag oben im vorderen Zimmer in meinem Bett. Außer mir und meinem Neffen George, der in seiner Wiege schlief, war niemand im Haus. Mein Vater arbeitete in Pemberley. Vom Hühnerstall her war lautes Gekreisch zu uns gedrungen, und meine Mutter und Louisa, meine Schwester, waren nachsehen gegangen, weil sie Angst hatten, ein Fuchs könnte herumschleichen. Meine Mutter erlaubte zwar nicht, dass ich das Bett verließ, weil ich so schwach war, aber ich wollte einen Blick hinauswerfen. Ich stützte mich auf mein Bett und gelangte so zum Fenster. Es wehte ein starker Wind, und der Mond schien, und eben, als ich hinaussah, trat ein Offizier in Uniform aus dem Wald. Er blieb stehen und betrachtete das Cottage. Ich verbarg mich hinter dem Vorhang, um alles zu beobachten, ohne gesehen zu werden.
Meine Schwester Lousia hatte mir erzählt, dass ein im Vorjahr in Lambton stationierter Offizier der Miliz versucht hatte, ihre Tugend zu verletzen, und ich wusste instinktiv, dass es dieser Mann gewesen war und dass er zurückam, um sie mit sich zu nehmen. Warum sonst hätte er in einer solchen Nacht vor dem Cottage stehen sollen? Mein Vater war nicht da, er konnte Louisa nicht beschützen, und es hatte mich immer geschmerzt, dass ich als ein unheilbar Kranker nicht arbeiten konnte, während er sich so schinden musste, und dass ich zu schwach war, um meine Familie zu beschützen. Ich schlüpfte in meine Pantoffeln und quälte mich die Treppe hinunter. Dann nahm ich den Schürhaken, der vor dem Kamin lag, und trat vor die Tür.
Der Offizier ging mit ausgestrecktem Arm auf mich zu, als wollte er seine friedliche Absicht bekunden, aber ich wusste es besser. Ich wankte auf ihn zu und wartete, bis er nahe genug war. Dann schwang ich den Schürhaken mit aller Kraft und traf den Mann mit dem Griff an der Stirn. Obwohl es kein heftiger Schlag war, platzte die Haut, und die Wunde begann zu bluten. Er versuchte, sich die Augen trocken zu wischen, aber er sah nichts mehr. Als er auf den Wald zutorkelte, erfüllte mich ein unglaubliches Triumphgefühl, das mir Kraft verlieh. Er war schon nicht mehr zu sehen, da hörte ich ein lautes Geräusch; es klang wie ein fallender Baum. Ich folgte dem Mann in den Wald, indem ich mich an den Baumstämmen abstützte, und sah im Mondlicht, dass er über die Einfassung des Hundegrabs gestolpert und so hintüber gefallen war, dass sein Kopf gegen den Grabstein stieß. Weil er ein recht schwerer Mann war, hatte sein Sturz viel Lärm verursacht, aber dass es ein tödlicher Sturz war, wusste ich nicht. Stolzerfüllt, weil ich meine geliebte Schwester gerettet hatte, sah ich zu, wie er sich neben dem Grabstein aufraffte und auf allen vieren davonkroch. Er versuchte zu fliehen, dabei war ich viel zu schwach, um ihn verfolgen zu können. Innerlich jubelte ich, denn er würde nie wiederkommen.
Wie ich ins Cottage zurückgelangte, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur noch, dass ich den Griff des Schürhakens mit meinem Taschentuch abwischte und es ins Feuer warf. Und dann,
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