Der Tod macht den letzten Schnitt
Unterbrechungen bei der
Produktion von Doctors and Nurses zu vermeiden, war man übereingekommen,
die Vernehmungen noch einmal vor Ort stattfinden zu lassen. Sergeant Dexter und
Sergeant Mackenzie hatten schon acht der zehn Statistinnen beackert — blieben
noch zwei übrig, die die Wartezeit dazu genutzt hatten, sich herauszuputzen,
wobei Iris Fanshawe, die Doyenne der Statistinnen, den Vogel abschoß:
purpurfarbene Augenlider, Wangenrouge von den Schläfen bis zum Kinn und
feuerrote Lippen, die jedesmal, wenn sie sie betupfte, an Feuer verloren.
Schlimmer war ihr Unvermögen, auf die einfachsten Fragen klare Antworten zu
geben. Sylvia hatte das dumpfe Gefühl, diesmal das schlechtere Los gezogen zu
haben.
«Ich fürchte, ich kann Ihnen wenig
genug von Margarite Pelouse erzählen. Eine große Künstlerin, natürlich.
Hinreißend. Ja, und Bertie Bowman kannte ich aus alten Theatertagen.»
Die Polizeibeamtin bemühte sich, ihre
Ungeduld zu zügeln. «Wir sind an Miss Pelouse interessiert, Miss Fanshawe, und
besonders an vergangenem Montagmorgen. Mr. Bowmans Unfall fällt in die
Zuständigkeit einer anderen Abteilung, die, falls nötig, sich mit Ihnen in
Verbindung setzen wird.»
Iris legte eine Hand an eine Augenbraue
und dachte angestrengt über die Ereignisse vom Montagmorgen nach.
«In den ersten Szenen am Montag war ich
eine Klinikbesucherin, dann eine Schwester, die einen nicht zu benennenden
Gegenstand in den Waschraum trug. Zwei Szenen später mußte ich durchs Bild
laufen, als Dr. Watkins — das ist Ian Walsh, müssen Sie wissen — die Tür seines
Dienstzimmers öffnete. Ich trug einen Regenmantel dafür, warum, weiß ich auch
nicht, denn die Beleuchtung vor den Fenstern zeigte Sonnenschein an.»
Sylvia versuchte, sie zum Thema
zurückzuholen. «Was passierte während der Flurszene?»
«Da wurde ich nicht eingesetzt. Die
Studiohilfe sagte, ich könnte zum Lunch gehen, aber ich blieb auf meinem
Posten», Iris ruckte ihr Kinn melodramatisch in Richtung Beryl Thorpe, «im
Gegensatz zu anderen.»
«Und wo war das?»
«Wie bitte?»
«Ihr Posten.»
«Hier oben, natürlich.»
Beryl Thorpe hörte das und ärgerte
sich. «Iris behauptet einfach, ich hätte mich heimlich weggeschlichen, aber das
stimmt nicht», sagte sie leise zu Sergeant Dexter. «Robert hatte gesagt, alle,
die in der Flurszene nicht mitspielten, könnten gehen, und da habe ich die
Studiohilfe gefragt, wann ich zurück sein müßte, und er hat gesagt, nicht vor
halb drei, was heißt, daß ich Zeit genug hatte, um bei Marks & Spencer
einkaufen zu gehen.»
«Wir haben uns in Colwyn Bay
kennengelernt.» Iris lächelte wehmutsvoll und schüttelte den Kopf in Erinnerung
an vergangenen Glanz.
«Ich verstehe nicht.»
«Bertie Bowman und ich. Ein so begabter
Künstler. Ein so tragischer Tod.»
«In der Tat.» Sergeant Mackenzie
verwünschte lautlos Iris Fanshawe, die sich wieder auf den Weg in die
Vergangenheit machte.
«Eine so empfindsame Seele!»
«Montag, Lunchpause, Miss Fanshawe. Sie
sagten, Sie wollten in der Kantine einen Kaffee trinken gehen.»
«Lunch ist normalerweise für uns ein
Treffpunkt, müssen Sie wissen. Aber um zwei Uhr, als niemand sich sehen ließ,
fuhr ich in die Kantine im fünften Stock — eher ein Restaurant — , aber gleich,
als ich aus dem Fahrstuhl kam, rief mir jemand die schreckliche Neuigkeit
zu...»
«Wer?»
«Oh, den Namen weiß ich nicht. Einer
von diesen Typen, die für Beleuchtung zuständig sind. Ich war wie betäubt. Ich
war fix und fertig.»
«Um zwei Uhr, sagen Sie? Ein Mann war
da schon im fünften Stock, um die Neuigkeit zu verbreiten? Versuchen Sie, sich
ein bißchen genauer an ihn zu erinnern.»
Bis zwei Uhr war schon viel Zeit
verstrichen, aber schließlich wollte die Polizei herausfinden, wer der erste
mit der Nachricht gewesen war.
Iris Fanshawe warf angesichts solchen
Mangels an Sensibilität Sylvia einen vorwurfsvollen Blick zu. «Man kann von mir
nicht erwarten, daß ich mich an jede Kleinigkeit erinnere, ich war
durcheinander! Ich bin sofort hierher zurückgekommen. Hätten wir nur die
Schwingungen beachtet. Sie waren Montag morgen so heftig, daß ich am liebsten
wieder gegangen wäre. Ich wußte, daß etwas Schreckliches passieren würde. Und
ich behielt recht.»
«Wie waren sie denn am Dienstag, als
Mr. Bowman tödlich verunglückte, die Schwingungen, meine ich?» Sylvia konnte
sich die Frage nicht verkneifen.
Die Ex-Künstlerin funkelte sie an. «Was
in den Sternen
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