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Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Faber
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mit ihren Sitznachbarn. Ich bringe noch irgendwie hervor, dass ich um eine Schülerliste bitte. Dann fällt mir nichts mehr ein. Ich sage «Danke» und setze mich wieder. Mein kurzärmliges Hemd ist klitschnass geschwitzt.

    Nach dem Ende der Konferenz teile ich Onkel Ludwig mit, dass er ohne mich zurück ins Präsidium fahren solle. Ich hätte noch in Schotten zu tun, lüge ich. Ich schäme mich, wegen meines Auftritts eben, und möchte allein sein. Ich beschließe, ein wenig spazieren zu gehen. Auch schön, mal ohne Berlusconi durch die Gegend zu laufen. Ohne dass jemand mich latent nach vorne zieht und in der Gegend herumscheißt.
    «Geht’s Ihnen besser?»
    Ich drehe mich um, und da springt Stefanie Assmann, die Schulpsychologin, gerade sportiv von einem Fahrrad.
    «Wie? Was? Nein, ja, danke …», stottere ich. Du liebe Güte! «Na ja, der Kreislauf», ergänze ich schnell.
    «Na, da ist ja Nikotin genau das Richtige», entgegnet sie und deutet mit dem Finger auf meine angezündete Zigarette.
    Ich lächle etwas verlegen und nehme den nächsten Zug.
    «Haben Sie auch eine für mich?», fragt sie dann und stellt ihr Rad neben sich ab.
    «Klar.» Ich reiche ihr mein Päckchen. Sie nimmt sich eine legere Gauloise heraus, und ich gebe ihr Feuer.
    «Mensch, Sie zittern ja immer noch.»
    «Das geht gleich vorbei», sage ich. «Assmann war Ihr Name, nicht wahr?»
    «Richtig. Ich bin die Stefanie», sagt Frau Assmann und reicht mir ihre Hand.
    «Henning!»
    Ich greife mit meiner feuchten nach ihrer trockenen Hand und erwidere ihren festen Handdruck.
    Stefanie Assmann ist kleiner, als ich sie bisher wahrgenommen hatte. Sie ist schlank, nicht dürr, und blickt mich aus großen, blau-grünen Augen wach an. Ihre, wie sagt man so schön, «sportliche» dunkelbraune Kurzhaarfrisur ist gerade noch lang genug, um noch ein wenig im nun stärker werdenden Wind wehen zu können.
    «Furchtbar, diese Geschichte mit Ellen, nicht wahr?» Stefanie Assmann nimmt einen kräftigen Zug und bläst den Rauch durch ihre eher markante Nase aus.
    «Sie, äh, du, ihr kennt euch näher?», frage ich.
    «Wir arbeiten sehr gut zusammen. Sie hat einen tollen Ansatz, die Schule zu verändern, finde ich. Unsere Kinder kennen sich übrigens. Mein Sohn geht in die Parallelklasse von deiner Tochter.»
    «Oh, da bist du ja sehr jung Mutter geworden», schmeichle ich.
    «Vielen Dank! Ja, ich war zwanzig», antwortet sie nüchtern.
    «Hast du eine Idee, aus welcher Ecke diese Drohungen kommen könnten?», frage ich weiter.
    «Nicht wirklich. Aber, na ja, ich bin zwar keine Polizeipsychologin, aber ich würde euch raten, nicht nur bei den Schülern zu ermitteln. Ich weiß, dass Ellen Murnau viele Neider im Kollegium hat. Es gibt dort böse Grabenkämpfe. Sie verlangt nicht nur irrsinnig viel von sich selbst, sondern auch vom gesamten Kollegium. Das kommt nicht bei allen gut an. Wie sagt sie immer? Eine Schule ist immer nur so gut wie ihre Lehrer; was nützen die besten Ideen oder Konzepte, wenn sie schlecht umgesetzt werden?»
    Ich nicke zustimmend.
    «Ellen hat mal angedeutet, dass es im Kollegium eine Gruppe von sechs bis acht Lehrern gäbe, die sich immer stärker gegen sie positionieren.»
    «Inwiefern?»
    Stefanie Assmann zuckt mit den Schultern. «Details kenne ich nicht. Bin ja keine Lehrerin. Und Ellen ist bei diesen Themen sehr verschlossen. Sie tut alles dafür, dass nur kein schlechtes Licht auf die Schule fällt.»
    «Ja, das habe ich auch schon bemerkt.»
    Stefanie Assmann blickt kurz auf ihre Armbanduhr, sagt «Oh, ich muss nun aber los» und greift nach ihrem Fahrrad.
    «Falls wir noch Fragen haben, wie und wo kann ich dich erreichen?»
    «Hier sind meine Nummern.» Sie reicht mir eine Visitenkarte. Graziös springt sie dann auf ihren Sattel. «Vielen Dank für die Kippe … und Gute Besserung!»
    «Wieso?»
    «Na, dein Kreislauf.» Dann lächelt sie noch kurz, zieht ihre linke Braue hoch und rollt davon.

    Etwas später beschließe ich, heute nicht mehr ins Büro nach Alsfeld zurückzukehren, sondern stattdessen den Feierabend vorzuverlegen und einen Kaffee in Schotten zu trinken, eine Zeitung zu lesen und dann mit dem Bus nach Hause zu fahren. Vielleicht sollte ich den Kollegen noch Bescheid geben. Ich zücke mein Handy, doch der Akku ist leer. Egal. Ich schlurfe in den Einkaufsmarkt, um mir einen Mango-Lassi-Becher, den «Kicker», Aufbrüh-Cappuccino und weiteres sinnloses Zeug zu kaufen.
    Den frühen Feierabend bereue ich in dem Moment,

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