Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
lässt, das mir nicht wirklich passt.
Teichner und ich nehmen am zeitlosen Besprechungstisch Platz. Markus steht schon mit aufgeschraubtem Edding-Stift vor der Wandtafel.
«Ich fasse zusammen», tönt er. «Punkt 1: Der Steinwurf in Murnaus Büro. Henning ist anwesend, sichtet einen vermummten Jugendlichen, der erfolgreich fliehen kann. Punkt 2: Drohbrief an Murnau. Punkt 3: Zerkratztes Auto mit Morddrohung. Punkt 4: Anschlag mit Softairwaffe. Murnau wird am Auge verletzt. Das alles innerhalb eines Zeitfensters von 10 Tagen. Der Täter droht, teilt aber nicht mit, worum es ihm geht.»
Nun beginnt er Kreise zu malen.
«Wir müssen mit allem rechnen. Es wird möglicherweise weitere Anschläge auch innerhalb der Schule geben. Wir können nicht fest davon ausgehen, dass sich die Aggression nur rein persönlich gegen Murnau richtet. Und es ist auch nicht sicher, dass es sich um einen Einzeltäter handelt.»
«Markus», versuche ich seinen Vortrag vorsichtig zu unterbrechen.
«Moment, Henning, ich bin noch nicht fertig. Wir haben also einmal das Milieu Schule, aus dem der Täter stammen könnte. Der jugendliche Steinewerfer würde dazu passen. Ich denke aber, dass wir unbedingt auch stärker und intensiver das persönliche Umfeld von Frau Murnau durchleuchten müssen. Dazu habe ich gleich noch etwas zu sagen …»
Ein wenig spüre ich, wie die Zeiten zu Ende gehen, in denen ich mich nur zu gerne hinter Markus versteckt habe. Ich stehe auf, stelle mich auch neben die Wandtafel, zeichne einen weiteren Kreis und sage wichtig: «Ein drittes mögliches Tätermilieu könnte das Lehrerkollegium sein. Mir liegen Informationen vor, dass Frau Murnau dort auch einige Widersacher hat.»
Markus sieht mich skeptisch an. «Das bringt mich zu einem weiteren Punkt», sagt er. «Ich trage nun mehr Verantwortung hier im Team. Und es ist mir wichtig, dass wir a) eine bessere Kommunikation pflegen, sprich alle Infos immer sofort ins Team bringen, und b) brauchen wir dringend ein anderes Tempo. Wir müssten mit den Ermittlungen in den Schulklassen schon viel weiter sein.»
Das galt offenbar mir. Dummerweise hat Markus in allen Punkten recht. So sehr mir der leicht mackerhafte Auftritt missfällt, er hat doch eines erreicht: dass Teichner sich bis jetzt ehrfürchtig in Schweigen hüllt.
Dann wird die Tür aufgerissen. Kreutzer.
«Jetzt nicht!», blöken Markus und ich synchron in Richtung Praktikantenmanni.
«Bin schon weg», murmelt er und schließt verlegen grinsend die Tür.
Markus fährt fort. «Morgen Nachmittag wird es in der Schule wieder eine Konferenz geben, einen runden Tisch, mit dem Ziel der Bildung eines Krisenteams, bestehend aus Schul- und Polizeivertretern.»
«Sollen die Eltern und Schüler denn nun eigentlich informiert werden?», frage ich und beobachte, wie sich Teichner gähnend streckt und dabei den Nabel unter seinem T-Shirt auf unnachahmliche Weise freilegt.
«Ich denke schon. Aber das soll morgen festgelegt werden», antwortet Markus. «Gut, dass morgen Freitag ist und am Wochenende die Schule eh geschlossen bleibt.»
«Was ist hiermit?», fragt Teichner und deutet mit seinem Finger auf den Unterpunkt «Privates Umfeld» an der Wandtafel. «What’s about her Exehemann?»
«Den kannst du gleich morgen versuchen zu erreichen», sagt Markus und legt ihm einen Zettel mit Telefonnummern und Adressen auf den Tisch. «Da hat’s vor drei Jahren eine krachende Scheidung gegeben mit allem Drum und Dran. Ellen Murnau erzählte mir, dass es um viel Geld ging, das sie sich erstreiten konnte. Sie ging als ‹Siegerin›, wie sie selber sagte, aus der Geschichte heraus. Mal sehen, was er dazu zu sagen hat.»
Teichner verspricht, den Kerl auszupressen wie eine Zitrone.
Am Ende unserer Sitzung erzähle ich von den Andeutungen Stefanie Assmanns, es gebe, vorsichtig formuliert, im Kollegium nicht nur Murnau-Fans. Wir legen fest, dass ich morgen nach dem Krankenhausbesuch bei Ellen Murnau den ganzen Tag in der Vogelsbergschule verbringen werde, um zum einen mehr darüber zu erfahren, zum anderen mit den Schülergesprächen zu beginnen.
Auf dem Weg zur Toilette fängt mich unser Kreutzermanni ab.
«Hier Henning, pass acht, hier, ein Horschebuch wird’s wohl auch geben.»
«Ein was bitte?»
«Hörbuch.»
«Aha …»
«Ja, das brauchste heutzutage. Ohne geht’s net mehr. Und ich hab mir schon überlegt», nuschelt er weiter, «ich selber tu’s net einrdn …»
«Ja, ist wahrscheinlich auch besser so»,
Weitere Kostenlose Bücher