Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
«Isch seh nix, isch seh nix.»
Ich lache überdreht wie ein Teenager. Dann trete ich in einen Eimer voller Sand, bleibe mit dem Fuß hängen, verliere das Gleichgewicht und stürze zu Boden. Diesmal mache ich «Aua, aua» und Kreutzer lacht.
Ich spüre einen stechenden Schmerz in der linken Wade, greife in mein eigenes Blut und wundere mich durch den Suff bedingt leicht verzögert. Ein wenig nun haben sich meine Augen an die Dunkelheit im Schuppen gewöhnt. Neben meinem Bein sehe ich ein Messer liegen. «Scheiße», rufe ich. «Manni, ich hab mich verletzt, hier … an dem scheissss Messsser hier.»
Manni Kreutzer hat sich inzwischen erfolgreich zu mir durchgekämpft.
«Ei ei ei», sagt er, «du sollst Bier suche und net … ach, da isses ja, das Grillmesser vom Ludger. Ja suuuuper, da kann isch eusch ja doch noch zeige, wie man den Hirsch am beste schnetzelt … der Lügebeutel, der Munker, behauptet der doch, das Messer sei beim Schleife …»
«Die Murnau, die Murnau», murmle ich leise vor mich hin, während ich meine Beinblutung mit einem Taschentuch zu stillen versuche. Nachdenklich betrachte ich das lange Grillmesser. «Ellen Murnau wurde mit einem langen schmalen Messer erstochen … Manni, hörst du? Munker, das Messer, er war’s. Er hat Ellen Murnau erstochen und das Messer hier versteckt.»
Dann blendet mich plötzlich helles Licht, und Ludger Munker steht an der Tür des Gartenhauses. Mir wird schwindelig.
«Was ist denn hier los?», ruft er mit weit aufgerissenen versoffenen Augen.
«Stimmt das?», lallt Kreutzer. «Hasssduuu die Murnau erstoche?»
Munker blickt panisch zunächst auf das Grillmesser, das ich vorsorglich in meiner Hand halte, und dann auf mein blutendes Bein.
Drei hochgradig betrunkene Männer in einem engen Raum, die ein solch diffiziles Themengebiet bearbeiten müssen, das kann nicht gutgehen. Recht habe ich, denn Ludger Munker greift nach der im Wandregal liegenden Heckenschere.
«Langsam, langsam», versuche ich zu deeskalieren, «machen Sie keinen Blödsinn.» Aufgrund der neuen Sachlage bin ich wieder zum unpersönlicheren «Sie» zurückgekehrt. Und ich bin auch gleich weniger betrunken. «Herr Munker, legen Sie das Dings da weg», rufe ich, «ich bin von der Bohlizei, Bröhmann, Hauptkommissar.»
Wie von Sinnen starrt Munker uns an.
Dann steckt er das Stromkabel der Heckenschere in die Steckdose.
«Herr Munker, hören Sie doch auf damit!», rufe ich und versuche mühsam mich aufzurichten.
«Hinsetzen», schreit er. «Die hat mich zur Weißglut getrieben, die Murnau. Fertigmachen wollte die mich. Ich sollte in die Klapse, wegen Saufen und so. Ich würde ahallgoholisiert in die Schule kommen, und wenn ich net das machen würde, was sie verlangt, dann würde sie mich sspenso…supenso…suspendieren. Von oben herab war die … Ich wollt ja nur noch mal mit ihr reden …»
«Reden? Mit einem Grillmesser in der Hand?», entgegne ich, im Turbotempo ausnüchternd.
«Ich wollte das doch nicht. Nur ein bisschen drohen, dass sie das alles sein lässt, mit Kündigung und so … scheiße, ich hab dann die Nerven verloren, diese hochnäsige Art da … vielleicht hatte ich auch zu viel intus …»
Sehr vielleicht, denke ich.
«Ich hab da mal ’ne Frage», schaltet sich Manfred Kreutzer ein. «Was genau hast du mit der Heckenschere vor?»
«Was weiß ich?», schreit Munker nun. «Was hab ich denn noch zu verlieren?» Dann schaltet er das Gerät ein.
Hektisch krame ich nach meinem Handy und tippe die Notrufnummer.
«Handy weg!», kreischt er. Ich werfe es zur Seite. Er kommt mit der laufenden Heckenschere auf mich zu. Kreutzer versucht die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und durch die Tür zu fliehen.
«Hiergeblieben», schreit der betrunkene Ludger Munker, springt Kreutzer hinterher, erwischt ihn eher versehentlich mit der Heckenschere an der Hüfte. Schreiend stürzt Kreutzer zu Boden und krümmt sich so theatralisch wie Arjen Robben nach einem leichten Foul. Ich springe mit dem Grillmesser bewaffnet hinterher, steche Munker mit voller Kraft in den Oberschenkel, worauf dieser die Heckenschere fallen lässt und gleich darauf mit Kreutzer gemeinsam blutend auf der Erde liegt.
Ich rufe Notarzt und Kollegen, lehne mich an die Wand und blute mit.
Ein paar Minuten später treffen die Sanitäter ein.
Einer fragt: «Was ist denn bitte hier passiert?»
Ich antworte: «Ein Heckenscherenmassaker», dann kotze ihm vor die Füße. Wenig später frage ich mich: Habe
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