Der Tod meiner Schwester
nicht gegen Dad wende?”
“Natürlich.”
Sie blickte zur Seite und knabberte an ihrer Unterlippe. “Ich kann nicht glauben, dass Dad so etwas tun könnte.”
“Er ist ein Mensch, Shannon. Es macht ihn nicht zum Teufel.” Glen würde mich umbringen. Julie vielleicht auch. “Er machte eine schwere Zeit durch, und manchmal glauben die Leute, dass eine Affäre ihre Probleme löst. Doch unter dem Strich bleibt, dass deine Mutter ihn nicht mehr liebt. Sie wurde zu sehr verletzt, und das Vertrauen ist verloren gegangen. Ich glaube, dass sie beide erkannt haben, dass sie nicht mehr länger zueinander passen. Das, was sie noch immer verbindet, ist die Tatsache, dass sie dich lieben, und das werden sie auch immer tun. Deine Mutter musste sich in den letzten zwei Jahren erst wieder daran gewöhnen, eine Single-Frau zu sein, obwohl sie doch davon ausgegangen war, für den Rest des Lebens mit deinem Vater verheiratet zu sein. Nun hat sie jemanden getroffen, der sowohl ein Freund ist als auch … ein romantisches Interesse an ihr hat. Lass ihr das, Shannon. Sie braucht diesen Beistand. Sei bitte nicht egoistisch.”
Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen, doch diesmal waren es weiche, sanfte Tränen, die an ihren dichten Wimpern hingen. “Hältst du mich für egoistisch?”, fragte sie dann.
Ich zögerte. “Ich glaube, es ist normal für jemanden in deinem Alter, in sich selbst gefangen zu sein. Darum ist es normalerweise für einen Teenager auch schwer, eine gute Mutter zu sein. Daran wirst du wirklich arbeiten müssen, wenn du dieses Baby behalten willst.”
Sie blinzelte, und eine Träne rollte ihr langsam die Wange hinunter. “Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht möchte, dass sie Tanner kennenlernt”, gestand sie.
“Nun”, meinte ich und strich ihr die Träne fort. “Warum bringst du das nicht wieder in Ordnung?”
33. KAPITEL
J ulie
Gestern Abend sind zwei erstaunliche Dinge passiert. Während meines Telefongesprächs mit Ethan klagte ich ihm mein Leid wegen meiner Schreibblockade und wie sich mir das jüngste Granny-Fran-Abenteuer entzog. Er bat mich, ihm die Geschichte zu erzählen, und während ich ihm mein Problem mit Kapitel vier schilderte, stellte ich plötzlich fest, dass ich mich auf die Szene freute. Es war eine echte Erleichterung, zur Abwechslung mal wieder über etwas anderes als Isabels Tod oder Shannons Schwangerschaft zu reden, und ich war dankbar für Ethans Anregungen. Doch ich wusste, dass ich vorsichtig sein musste. Das Schreiben war immer mein Rückzug gewesen, und ich wollte es nicht länger als eine Flucht einsetzen. Ich wollte eine Balance finden zwischen meinem Leben und dem meiner Charaktere. Es war an der Zeit, dass ich die Realität zuließ.
Das zweite erstaunliche Geschehnis war ein Anruf von Shannon, die sich entschuldigte für ihre Reaktion auf die Entdeckung, dass ich mich mit Ethan Chapman traf – und mit ihm schlief.
“Das ist okay für mich”, sagte sie. “Es tut mir leid, dass ich eine solche Szene gemacht habe.”
Ich fragte mich, woher ihr Meinungsumschwung rührte, entschied aber, dass ich mich lieber darüber freute, als ihn zu hinterfragen.
“Danke, Liebes. Das bedeutet mir viel.”
“Und ich möchte, dass du Tanner kennenlernst, wenn er hier ist”, fügte sie überraschenderweise hinzu.
“Auch ich möchte ihn gern kennenlernen”, brachte ich heraus.
Wir kamen überein, ihn zu einem Barbecue bei mir einzuladen, sodass er meine Mutter, Lucy und mich auf einmal kennenlernen konnte.
“Aber wird er sich dabei nicht unwohl fühlen?”, gab ich zu bedenken. “Ich meine, wird es ihn nicht überfordern, so viele Leute auf einmal kennenzulernen?”
“Nein, Mom.” Etwas von ihrer üblichen Gereiztheit schwang in der Stimme mit, und ich wusste, dass unsere Waffenruhe am seidenen Faden hing. “Er ist in sozialen Situationen sehr souverän.”
“Okay”, meinte ich und beendete das Gespräch. Ich befürchtete, ansonsten gefährliches Terrain zu betreten – wie etwa ihren geplanten Umzug nach Colorado – und den sicheren Boden zu verlieren, den wir gerade erst gewonnen hatten.
Es ging mir also gut, als ich am Vormittag nach Bay Head Shores fuhr, um Ethan zu besuchen. Mitten in der Woche und kurz vor Mittag war die Schnellstraße relativ frei, doch auch im anderen Fall wäre es mir egal gewesen. Und wenn es nur zwanzig Minuten wären, die wir uns sehen könnten, hätte ich die Fahrt dennoch auf mich genommen.
Ethan hatte mir gesagt, dass sein
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