Der Tod soll auf euch kommen
wurde Gobnat wieder in den Raum gerufen.
»Erkläre uns vielleicht noch eins«, fing Brehon Dathal an. »Du hast ausgesagt, daß du deine Schwester nicht zu dir gebeten hast?«
»Das stimmt, mein Lord.« Sie nickte kurz.
»Und hast du sie irgendwann an jenem Abend gesehen, also nach Einsetzen der Dämmerung?«
»Ich habe sie nicht rufen lassen.«
»Das habe ich nicht gefragt. Hast du sie gesehen?«
»Nein. Meine Schwester und ich hatten keinen engen Kontakt. Sie kam nur selten zu mir.«
Capa blickte sie stirnrunzelnd an und unterbrach sie.
»Hohe Herren, wir haben bereits festgestellt, daß meine Frau nicht nach ihrer Schwester geschickt hat. Das kann ich bestätigen.«
»Aber wenn Sárait geglaubt hat, Gobnat hätte sie gerufen,wäre sie dann nicht unverzüglich gekommen?« fragte Finguine.
Gobnat zuckte gleichgültig die Schultern.
»Wo genau befindet sich dein Haus?« fragte der Tanist weiter.
»Das weiß doch jeder«, erwiderte die Frau. »Es steht an dem Platz in der Nähe der Schmiede.«
»Um zu dem Weg zu gelangen, der südlich zu Ferlogas Wirtsstube und nach Rath na Drínne führt, muß man durch die ganze Stadt hindurch, oder?«
»Natürlich, und …«
»Und dort wurde deine Schwester tot gefunden«, stellte Bischof Ségdae ruhig fest, wobei sich sein Gesicht verfinsterte.
»Du bist sicher, daß deine Schwester an jenem Abend nicht in dein Haus kam, ehe sie den Weg weitergelaufen ist?« fragte Brehon Dathal. »Ist es möglich, daß sie vielleicht doch da war und ihr sie nicht gehört habt?«
»Nein, sie war nicht da. Capa und ich haben nichts gehört, bis Conchoille bei uns klopfte.«
»Ich verstehe nicht, warum ihr meine Frau mit solchem Nachdruck befragt, meine Herren. Bezweifelt ihr die Richtigkeit ihrer und meiner Worte?« erkundigte sich Capa.
Nun ergriff Eadulf wieder das Wort.
»Eine erfahrene
dálaigh
hat mir einmal erklärt, daß ein großer Rechtsgelehrter, Brehon Morann, gesagt hat, der Gedanke sei eine menschliche Waffe, mit der man die Wahrheit einfangen kann. In den letzten beiden Tagen haben wir uns bemüht, die Fakten zusammenzutragen. Wir haben die Fakten zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht über sie nachgedacht. Wir waren zu sehr in unser Tun vertieft,doch nun müssen uns unsere Gedanken zur Wahrheit führen.«
Während ihn die anderen anstarrten, als spräche er in einer fremden Sprache, blickte ihn Colgú lächelnd an.
»Eadulf, das hätte meine Schwester gesagt haben können.«
Eadulf lächelte leicht. »Das ist ein großes Kompliment, Colgú, weil sie eben jene
dálaigh
ist, die ich zitiert habe.«
»Ich habe immer noch nicht verstanden, was du meinst, Bruder Eadulf«, sagte Capa.
Eadulf lehnte sich nach hinten und legte die Handflächen auf den Tisch.
»Wir sollten versuchen, unsere Gedanken mit den Tatsachen, die wir nun kennen, zusammenfließen zu lassen. Wenn wir über sie nachdenken, können neue Ideen auftauchen. Einige davon mögen wir verwerfen, andere könnten uns neue Lösungswege offenbaren. Zum Beispiel müssen wir uns fragen, warum Sárait nicht zu Gobnat gegangen ist, wenn sie die Burg mit dem Baby verließ in dem Glauben, ihre Schwester hätte nach ihr geschickt. Statt dessen scheint sie einen Umweg um die Stadt gemacht und das Haus ihrer Schwester ganz gemieden zu haben.«
»Doch wie uns schon gesagt wurde, Gobnat hat diese Botschaft nie gesandt«, stellte der alte Richter gereizt klar.
»Was hat Sárait also veranlaßt, in die andere Richtung zu laufen, wenn sie davon ausging, daß die Nachricht von ihrer Schwester kam und sie Caol nicht angelogen hat? Wen wollte sie aufsuchen und warum nahm sie das Kind mit?«
»Sie ist vielleicht dazu gezwungen worden«, bemerkte Capa.
»Wann soll das geschehen sein?« fragte Eadulf zurück. »Das Kind, das die Botschaft überbracht hat, hatte die Burgvor ihr verlassen. Caol sah auch niemanden, der sie hätte zwingen können, als sie das Tor passierte.«
»Möglicherweise hat sie jemand bedrängt, als sie durch die Stadt kam, noch bevor sie unser Haus erreichte«, verkündete Capa.
»Richtig«, stimmte ihm Eadulf zu. »Obwohl zu jener Stunde, selbst wenn es schon dunkel war, immer noch Menschen auf dem Marktplatz sind. Die eine oder andere Laterne hätte genügend Licht verbreitet. Wer auch immer sie gezwungen haben mag, er wäre das Risiko eingegangen, gesehen zu werden.«
»Der eine oder andere würde solch ein Risiko sicher eingehen«, erklärte Bischof Ségdae.
»Wir sollten über eine
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