Der Tod soll auf euch kommen
nicht verwundert. Er hatte Ähnliches schon von anderen Schlachten gehört.
»Willst du damit sagen, daß ihn auf dem Schlachtfeld auf einmal der Kampfesmut verlassen hat? Solche Geschichten habe ich zur Genüge gehört und weiß, daß so manch einer getötet wurde, weil er sich als Feigling erwies und das Leben seiner Gefährten aufs Spiel setzte.«
»Das weiß ich auch. Aber Callada war kein Feigling. Er war ein guter Krieger und stammte aus einer Familie großer Krieger. Dennoch haben sich diese Geschichten gehalten. Ganz gleich wie er den Tod fand, er kam bei Cnoc Áine ums Leben. Und Sárait starb auch eines gewaltsamen Todes. Eine Familie, in der der Tod auf gewaltsame Weise kommt und niemand mehr übrigbleibt, um die großen Taten der Vorfahren zu besingen, ist eine unglückliche Familie.«
Fidelma schwieg einen Moment. Dann lächelte sie.
»Nun, Aona, wir haben genügend Gewalt miterlebt. Wie angenehm wäre es nun, sich in ein abgelegenes Tal hoch oben in den Bergen zurückzuziehen und mit uns und unserer Umwelt in Frieden zu leben.«
Aona machte ein trauriges Gesicht.
»Vor der Gewalt der Menschheit ist kein Ort sicher. Ich fürchte, daß es immer Gewalt geben wird, Lady.«
Fidelma erhob sich und blickte durchs Fenster. Der Himmel hellte auf.
»Adag hat recht behalten. Der Himmel ist heller. Das Gewitter zieht weiter. Wir müssen weiter nach Imleach.«
Der alte Gastwirt stand auf.
»Ich wünsche dir bei deiner Suche viel Glück, Lady Fidelma. Du mögest dein Kind finden und den Mörder von Sárait einer gerechten Strafe zuführen.«
Capa und seine Männer hatten sich ebenfalls erhoben.
»Reiten wir jetzt weiter nach Imleach, Lady Fidelma?« fragte Capa. Als Fidelma nickte, erklärte Capa: »Wir werden selbst die Pferde fertigmachen. Der junge Bursche muß nicht bemüht werden, Wirt.« Adag war inzwischen nebenan in der Brauerei, wo er im Auftrag von Aona ein paar Arbeiten verrichtete.
Die Krieger waren kaum aus der Gaststube, als die Tür wieder aufging und ein stämmiger Mann in mittleren Jahren eintrat. Er schien ein fröhlicher Geselle zu sein.
»Sei gegrüßt, Aona. Deine Gäste sind wohl gerade im Aufbruch, Krieger, wie es scheint …«
Auf einmal entdeckte er Fidelma und Eadulf und verstummte erstaunt. Aona lächelte Fidelma an.
»Da wir uns gerade darüber unterhalten haben – das ist Cathalán. Er hat auch bei Cnoc Áine gekämpft. Cathalán, das ist …«
Der Neuankömmling hatte den Raum durchquert und neigte voller Respekt seinen Kopf.
»Lady, ich hatte die Ehre, deinem Bruder bei Cnoc Áine zu dienen. Ich erkenne dich wieder, ich habe von deinem Unglück gehört. Es tut mir sehr leid.«
Fidelma senkte dankend den Kopf.
»Cathalán, wir haben soeben erst von Sáraits Ehemann gesprochen und wie er zu Tode kam.«
»Hast du gesehen, wie er starb?« fragte Eadulf.
Cathalán schüttelte sofort den Kopf.
»Ich war nicht Zeuge. Aber ich habe so allerlei gehört. Nach einer Schlacht, Bruder Eadulf, da kriegt man immer irgendwelche Geschichten erzählt. Fragt man nach, so heißt es, daß diese Geschichte von einem anderen stammt, der sie wiederum von jemand anderem hörte, der angeblich etwas gesehen haben soll. Fragt man dann denjenigen, so kennt er das Ganze auch nur aus dem Munde eines anderen, der dabeigewesen sein soll. Aber das Gerücht, daß Callada von einem unserer eigenen Krieger umgebracht worden sei, stammt aus zwei unterschiedlichen Quellen. Einmal von einem Uí Fidgente und dann von einem unserer Leute. Ich habe keinenZweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Wir konnten jedoch keine weiteren Nachforschungen anstellen, denn es gab niemanden, der das ganze wirklich bezeugen konnte.«
»Hat man den Vorfall einem Brehon vorgetragen?« wollte Fidelma wissen.
»Ja. Brehon Dathal sagte, daß er in dem Fall ermittelt hätte und die Ermittlungen wegen fehlender Ergebnisse hätte einstellen müssen.«
»Ich verstehe. Du bist also einer der Krieger, die nur wiederholt haben, was andere dir erzählten.«
Cathalán zögerte einen Augenblick.
»Gibt es noch etwas Wichtiges?« fragte Fidelma vorsichtig.
»Ich war Calladas
cenn-feadhna
.« Eadulf dachte an die gut durchorganisierten Strukturen der Truppen von Éireann. Er wußte, daß ein
cenn-feadhna
der Anführer einer
buden
oder einer Kompanie war, zu der hundert Krieger gehörten. »In der Hitze des Gefechts bei Cnoc Áine haben wir uns aus den Augen verloren. Einige meiner Männer, es waren vierzehn Krieger, ließen an diesem
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