Der Tod soll auf euch kommen
Tag ihr Leben, weil wir zu den ersten gehörten, die ins Zentrum der Uí Fidgente vorstoßen sollten.« Er schwieg kurz. »Am Abend vor der Schlacht, als wir alle am Feuer saßen, fiel mir auf, daß Callada Sorgen hatte. Ich fragte ihn, was ihn so bedrückte, und zuerst wollte er mir nichts davon erzählen. Doch da ihn die Sache sehr bewegte und ich weiter in ihn drang, verriet er mir, daß er guten Grund zu der Annahme hätte, daß Sárait ihm nicht treu sei.«
»Daß sie eine Affäre mit einem anderen Mann hatte?« fragte Eadulf.
»Daß sie
womöglich
eine Affäre mit einem anderen hatte. Callada war sich nicht sicher.«
»Wer hat noch davon gewußt?« fragte Fidelma.
»Er sprach nur zögernd von dem Ganzen. Ich glaube nicht, daß er noch jemand anderen ins Vertrauen gezogen hatte.« Auf einmal legte sich Cathaláns Stirn in Falten. »Meinst du, daß es da eine Verbindung zu Sáraits Tod gibt?« Doch schon schüttelte er daraufhin den Kopf. »Aber das ist nicht möglich, sie war die Amme deines Kindes, und man hat dein Baby entführt. Da besteht gewiß kein Zusammenhang, oder?«
»Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen«, sagte Fidelma ruhig. »Sárait ist tot. Sie wurde aus der Burg direkt in den Tod gelockt. Weil man hoffte, so mein Kind entführen zu können? Falls dem so ist, dann …«
Plötzlich verstummte sie, sie hatte bemerkt, daß sie laut nachgedacht hatte. Sie richtete ihre blaugrünen Augen auf Cathalán.
»Hat Callada verraten, wen er verdächtigte, eine Affäre mit seiner Frau zu haben?«
»Leider nicht.«
»Und als du die Gerüchte über sein Ende hörtest, was hast du da vermutet?«
Cathalán zuckte mit den Schultern. »Lady Fidelma, ich bin nicht zum
cenn-feadhna
ernannt worden, weil ich so gut Vermutungen anstelle. Ich habe Brehon Dathal die Fakten mitgeteilt. Überlegungen muß er selbst anstellen. Das ist alles, was ich zu sagen habe.«
Gormán steckte den Kopf in die Gaststube, den neuen Gast bemerkte er nicht.
»Die Pferde sind bereit, Lady.«
Fidelma schwieg kurz, dann lächelte sie Cathalán an.
»Ich bin dir für diese Informationen sehr dankbar. Wirklich. Sie können wichtig sein oder auch nicht. Wahrscheinlichsind sie es nicht. Aber alles mag irgendwie hilfreich sein.« Sie wandte sich wieder an Aona. »Für deine Gastfreundschaft stehen wir wieder einmal in deiner Schuld, Aona.« Sie drückte ihm ein paar Münzen in die Hand, die er nur widerstrebend annahm.
»Es ist mir immer eine Freude, dir zu helfen, Lady Fidelma.« Der alte Wirt lächelte. »In diesem Königreich gibt es wohl niemanden, der dir nicht bei der Verfolgung des Täters Erfolg wünscht.«
»Sicher wirst du mir zustimmen, daß es mindestens einen in diesem Königreich gibt, der das nicht tut, Aona«, erwiderte Eadulf trocken, als er sich umdrehte und Fidelma aus der Gaststube folgte. Aona brauchte einen Moment, ehe er Eadulfs Worte begriff, doch da hatte sich schon die Tür hinter seinen Gästen geschlossen.
Bald ritten sie am Nordufer des Flusses Ara weiter nach Süden. Die langgezogene grüne Kammlinie des Slievenamuck hob sich von dem hellen Himmel ab. Die dunklen Gewitterwolken waren nach Osten abgezogen. Es würde ein schöner Nachmittag werden. Die Sonne war schon im Westen, stand aber noch hoch am Himmel. Eadulf versuchte sich an den Namen der Berggruppe ein paar Kilometer nördlich vor ihnen zu erinnern. Fidelma hatte ihn damals bei ihrem ersten Ritt auf dieser Straße erwähnt.
Und als hätte Fidelma seine Gedanken lesen können, beugte sie sich in diesem Augenblick zu ihm hinüber und berührte ihn am Arm.
»Das ist das Slieve Felim-Gebirge«, erklärte sie. »Dahinter liegt das Land der Uí Fidgente. Ohne Schutz sollte man sich da nicht hineinbegeben.«
Als sie aus dem Wald herauskamen und in ein offeneshügeliges Gelände ritten, erkannte Eadulf den Ort sofort wieder.
Imleach Iubhair: Grenzland des Eibenwaldes«. Die Abtei des heiligen Ailbe war von hohen Mauern umgeben. Hier war zum erstenmal in Muman der Lehre Christi gepredigt worden. Die Mauern beherrschten das Erscheinungsbild der kleinen Stadt, die vor ihnen lag. Eadulf konnte sich kaum mehr vorstellen, daß Fidelma und er an diesem Ort beinahe ihr Leben eingebüßt hätten. Es kam ihm hier alles so vertraut vor, als er die Weideflächen erblickte, die von Wäldern aus hohen Eiben umgeben waren.
Als er das erstemal in Imleach war, war es wie ausgestorben gewesen, doch nun herrschte auf dem Marktplatz vor der Abtei ein
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