Der Tod soll auf euch kommen
schloß sich Eadulf ihr an.
»Was fällt dir ein, Bischof Petrán auf so unverschämte Weise anzugreifen?« zischte sie ihn an, als sie sich wieder aufdem Gang zu ihren Gemächern befanden. Da bemerkten sie einen Schatten an ihrer Tür. Es war Gormán, der Krieger.
»Suchst du uns, Gormán?« fragte Fidelma.
Der Krieger wirkte verlegen.
»Nein, Lady. Ich suche Capa. Er wollte die Standarte des Königs holen. Ich glaube, der König wartet auf ihn.«
Fidelma zeigte weiter den Flur entlang.
»Der Raum des
techtaire,
der Wappenraum mit den Standarten, liegt am Ende dieses Ganges. Die Tür zu deiner Linken. Dort sollte Capa sein.«
»Vielen Dank, Lady«, murmelte der Krieger und hob zum Gruß die Hand, ehe er sich in Bewegung setzte.
Eadulf öffnete ihre Tür und ließ Fidelma eintreten. Er war immer noch ganz aufgewühlt wegen des Streits.
»Dieser Heuchler!« brummte er. »Wenn er hinter der Entführung von Alchú steckt, soll er wissen, daß ich seine Falschheit durchschaue.«
»Wenn er wirklich dahinterstecken sollte, so weiß er jetzt, wie sehr du ihn verabscheust«, tadelte ihn Fidelma verärgert.
Eine Magd trat ein und legte Holz im Kamin nach. Rasch stand sie wieder auf und verneigte sich vor Fidelma. »Ich habe gerade hier saubergemacht. Brauchst du sonst noch etwas, Lady Fidelma?« fragte sie.
»Einen Krug Wein«, rief Eadulf, ehe Fidelma etwas erwidern konnte.
Die Magd sah Fidelma an. Die machte eine Geste, die das Mädchen als Zustimmung deutete. Als sie verschwunden war, ließ sich Eadulf auf den Stuhl vor dem Feuer fallen und starrte trübsinnig in die Flammen.
»Manchmal würde ich viel darum geben, ein solches Leben zu führen, wie es Bischof Petrán verteidigt«, murmelte er.
Fidelma starrte ihn erstaunt an.
»Eadulf, was meinst du damit? Ich muß gestehen, manchmal begreife ich deine Gedankengänge nicht.«
»Bischof Petrán glaubt an die wörtliche Auslegung der Heiligen Schrift, wie alle wissen – dann meint er doch sicher, daß wir uns an die Briefe des Paulus halten sollten, oder?« erwiderte Eadulf düster. »Die an die Gemeinde von Ephesus zum Beispiel, in denen es heißt, daß Frauen dem Manne wie Unserem Herrn untertan sein sollen, ›denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt der Gemeinde, die er als seinen Leib erlöst hat. Aber wie nun die Gemeinde ist Christus untertan, so seien es auch die Frauen ihren Männern in allen Dingen …‹ Doch die Gesetze deines Landes scheinen die Heilige Schrift zu leugnen. Hier sind die Frauen nicht ihren Männern untertan, sondern eher andersherum.«
Fidelma zog wütend die Augenbrauen zusammen.
»Du kannst manchmal wirklich gefühllos sein, Eadulf. In diesem Hause ist keine Frau jemandem untertan, und niemand ist ihr Herr. Und kein Mann ist seiner Frau untertan.«
Eadulf lachte höhnisch.
»Außer wenn sich eine Frau einen Fremden zum Manne nimmt. Dann wird er von seiner Frau und ihrer Familie gerade so geduldet, ohne Rechte zu haben, ja selbst ohne daß man ihm Respekt entgegenbringt. Ich kann nicht einmal eine Dienerin bitten, mir Wein zu bringen, ohne daß sie um deine Zustimmung ersucht.«
Fidelma errötete ein wenig. Da war etwas Wahres dran. Doch so verhielten sich die Leute hier nun einmal. Wenn man über lange Zeit unter solchen Umständen lebte, wurde man offenbar so aggressiv.
»Eadulf, so hast du noch nie mit mir gesprochen«, sagte sie abwehrend.
»Vielleicht bin ich immer zu unterwürfig gewesen. Ja, es ist sicher mein größter Fehler, daß ich nicht schon früher etwas gesagt habe.«
»Das glaubst du doch nicht wirklich, Eadulf. Ich kenne dich zu gut, als daß ich mit vorstellen kann, daß du, was Paulus von Tarsus zu Beginn des ersten Jahrhunderts über die Gehorsamspflicht der Frau gegenüber dem Mann sagte, wortwörtlich nimmst.«
Eadulfs Trotz wich plötzlich einer Traurigkeit.
»Fidelma, ich bin ein Sachse und kein Éireannach. Man hat mich gelehrt, daß meine Vorfahren der Lende Wotans entstammen, daß niemand so groß wie wir ist und kein anderer Sachse so bedeutend ist wie die Sachsen des Südvolks. Ganze Völker erzittern vor unserem Wort. Wir stammen vom Geschlecht Wegdaegs ab, dem Sohn Wotans, und von Uffa, der die Britannier aus dem Land gejagt hat, das wir dann in Besitz nahmen!«
Fidelma blickte ihn erstaunt an. Von sächsischen Fürsten und Kriegern hatte sie schon solch verherrlichende Reden über ihr Volk gehört, doch nie zuvor aus Eadulfs Mund. Sie wußte nicht, was sie
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