Der Tod soll auf euch kommen
was sollte das Ganze? Wer steckte dann dahinter?
Die drei Männer zogen sich in den unteren Raum zurück, Fidelma konnte ihrer Unterhaltung nicht mehr folgen. Sie merkte, daß es dunkel wurde. Es war schon spät.
Sie fragte sich, was ihr Bruder wohl tat, wo weder sie in die Burg zurückkehrte, noch eine Nachricht von ihr eintraf. Würde er erraten, daß sie sich in der Jagdhütte aufhielt? Sie versuchte, sich bequemer hinzulegen. Der Knebel würgte sie.
Erschöpft mußte sie eingenickt sein, denn das nächste, was sie bemerkte, war, daß im Raum eine Öllampe brannte. Jemand nahm ihr den Knebel ab. Sie hustete und rang nach Luft. Kräftige Hände griffen ihr unter die Arme und richteten sie auf, so daß ihr Rücken gegen das hölzerne Kopfteil des Bettes lehnte.
Crond saß am Bettrand und sah sie mit einem düsteren Lächeln an.
»Wie spät ist es?« brachte Fidelma hervor, nachdem sie sich geräuspert hatte.
Crond lachte belustigt.
»Noch nicht sehr spät, Lady. Es ist noch vor Mitternacht. Ich dachte, daß du vielleicht etwas essen willst. Wir wollen nicht, daß du hungrig und schwach bist. Vor uns liegt ein langer Ritt ins Land der Uí Fidgente.«
»Wann brecht ihr auf?« fragte Fidelma.
Crond zuckte mit den Achseln. »Wenn Cuirgí meint, daß es für uns sicher ist. Vielleicht morgen, vielleicht auch später.«
Fidelma sah auf die Schale mit Suppe und auf den Becher, die auf dem kleinen Tisch standen.
»Wenn ich gefesselt bleibe, mußt du mir beim Essen und Trinken helfen. Oder binde mir die Hände los, damit ich selbst zugreifen kann.«
Wieder lachte Crond.
»Oh, ich werde dich füttern, Lady. Ich habe sonst nichts zu tun, und wir wollen doch nicht, daß du auf dumme Gedanken kommst, nicht wahr?«
»Der Strick schneidet mir ins Fleisch«, beschwerte sie sich.
»Das bezweifle ich nicht«, versicherte ihr Crond. »Cuán hat ein bemerkenswertes Talent, Leute zu fesseln.« Er griff nach dem Becher und setzte ihn an ihre Lippen. »Wahrschein lich willst du zuerst einen Schluck trinken.«
Sie schluckte den Met hinunter. Er war ein wenig sauer, aber ihre Kehle war nach den vielen Stunden mit dem Leinenknebel im Mund so trocken und gereizt, daß sie gierig davon trank.
Als er den Becher abstellte, leckte sie sich die Lippen undbetrachtete den Uí Fidgente prüfend. Sie fragte sich, wie sie ihn dazu bringen könnte, ihr zu helfen.
»Ich glaube, daß du klüger als deine Gefährten bist, Crond«, fing sie an.
Überrascht zog der Krieger die Augenbrauen hoch.
»Das glaube ich auch, Lady. Wie kommst du darauf?«
»Ich habe gehört, wie du vorhin mit Cuirgí gesprochen hast. Wirklich, mein Bruder hat kein Komplott ausgeheckt, um euch aus Cashel fortzulocken und dann umzubringen. Die Amme meines Sohnes ist getötet worden, dabei wurde mein Kind entführt. Wir haben ein Erpresserschreiben erhalten, das eure Freilassung verlangt und im Gegenzug dafür die Rückgabe meines Sohnes verspricht, sobald ihr über der Grenze seid.«
Cronds Gesicht blieb ohne Regung. »Warum sollte ich dir das glauben?«
»Weil ich annehme, du weißt, daß ich die Wahrheit sage. Wer immer mein Kind festhält, wird es ermorden, wenn ihr nicht sofort heimkehrt. Sie werden denken, mein Bruder hält euch nach wie vor fest. Ich will nicht, daß mein Sohn stirbt.«
Crond zog die Schultern hoch. Er neigte sich zur Seite und nahm die Schale und einen Löffel. Er hielt ihr einen Löffel Suppe hin.
»Cuirgí hatte schon recht, Lady, wenn das alles stimmen würde, hätte man uns informiert. Ich gestehe, daß uns oft Nachrichten ins Gefängnis geschmuggelt wurden. Das war ganz einfach. Der alte Wärter ist bestechlich.«
»Dafür wird er Rede und Antwort stehen müssen«, stellte Fidelma verärgert fest. Für einen Moment hatte sie vergessen, daß sie nur eine Geisel war.
Crond lächelte bewundernd.
»Du hast Charakter, Lady, das kann ich dir bescheinigen.«
»Das Leben meines Sohnes steht auf dem Spiel.«
»Unser Leben steht auch auf dem Spiel«, entgegnete er kurz. »Wir werden es nicht einfach so vergeuden.«
Jemand näherte sich der Tür. Es war Cuirgí. Er lehnte sich gegen den Türpfosten und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Du scheinst dich ja mit der Gefangenen gut zu verstehen, Crond«, bemerkte er kühl.
Crond schaute grinsend auf.
»Ist es denn verboten zu sprechen, während ich unsere Gefangene füttere?«
»Es kommt ganz darauf an, worüber ihr euch unterhaltet«, erwiderte Cuirgí. »Es ist nur allzugut
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