Der Tod steht ins Haus
bereit
sei, dort als leicht verrückte alte Dame aufzukreuzen, um womöglich in der Show
beschäftigt zu werden. Falls ihr das gelänge, könne sie ein paar vereinbarte
Code-Worte einflechten und auf diese Weise Rays Kunden informieren. Für jede
Show wollte Ray ihr dreihundert Dollar zahlen.
Das klang nach schnell
verdientem Geld, und Abigail zögerte nicht lange. Sie dachte sich den Tick mit
den allgegenwärtigen Mächten des Bösen aus, sprach in düsterem Baß und kleidete
sich möglichst unmodern. Sam Barry zeigte sich durchaus beeindruckt, und alles
lief wie am Schnürchen.
Einige Zeit danach verbrachten
wir ein Wochenende in Long Beach, und Abigail tat einen Mann auf, den sie für
leichte Beute hielt. Mir gefiel die Sache zwar nicht, aber ich ließ mich von
ihr überreden, und bald hatte ich ihn an der Angel.
Um es kurz zu machen — als
Abigail hereinstürzte und ihre Schau von der leidgeprüften Mutter abziehen
wollte, merkten wir, daß wir an den Falschen geraten waren. Er war ein
Privatdetektiv, der uns seinerseits aufs Glatteis geführt hatte.«
Dolores’ Erzählung faszinierte
mich dermaßen, daß ich fast meine Schmerzen vergaß. »Und was geschah?« drängte
ich.
Sie zuckte zusammen und schloß
sekundenlang die Augen. »Es schien für uns das Ende zu sein — etwa zwei bis
fünf Jahre Gefängnis. Der Mann ging zum Telefon, um die Polizei anzurufen, und
Abigail ergriff einen Briefbeschwerer aus Messing und schlug ihm damit auf den
Hinterkopf. Wir merkten erst Minuten später, daß sie ihm den Schädel
eingeschlagen hatte und er auf der Stelle tot gewesen war.
Also brauchten wir Hilfe, und
zwar schnell«, fuhr Dolores fort. »Im ersten Moment dachte ich an Romayne, aber
Abigail meinte, der einzige, den sie kenne und der für so etwas in Frage käme,
sei Mike English. Sie rief ihn an, und er kam unverzüglich aus Los Angeles
herüber. Mike erledigte die Angelegenheit kurz und bündig — die Leiche wurde
mit Steinen beschwert und noch in derselben Nacht etwa fünf Meilen von der
Küste entfernt ins Meer geworfen.«
»Wollen Sie damit sagen, er hat
das nur getan, weil Sie ihn darum baten?« gurgelte ich.
Dolores lächelte trübe. »Nicht
unbedingt. Er wußte, wer Abigail war, weil auch er schon durch die
Schlüsselworte während der Sam-Barry-Show Nachrichten empfangen hatte. Bevor er
die Leiche anrührte, stellte er seine Bedingung: Er behielt den Briefbeschwerer
mit Abigails Fingerabdrücken als Sicherheit. Falls etwas schieflaufen sollte,
so sagte er, würde er das corpus delicti der Detektei mit der Anregung
zuschicken, sich wegen des Verschwindens ihres Mitarbeiters doch einmal mit
Abigail und mir in Verbindung zu setzen. Man kann Mike English allerhand
vorwerfen«, sagte sie trocken, »aber er läßt keinen miesen Trick aus. Er
schickte mich zu Barry, damit ich ebenfalls in die Show kam, und gab mir
genaueste Anweisung, was ich im Verlauf der Sendung zu tun und zu sagen hätte.
Den Rest kennen Sie.«
»War es auch seine Idee, daß
Sie Romayne um Punkt vier anrufen sollten?«
»Nein, das nicht. Aber mir
wurde immer unheimlicher bei dem Gedanken, was womöglich passieren konnte.
Alles, was ich wirklich wußte, war, daß Mike diesen Romayne zappeln lassen
wollte — aber allmählich kam mir der Verdacht, es könnte doch mehr dahinter
stecken. Um vier Uhr hielt ich es schließlich nicht mehr aus. Ich mußte
anrufen, ob alles in Ordnung war — und dann konnte ich nicht anders, als
persönlich nachzusehen. Jetzt sitze ich erst richtig in der Tinte.«
»Meiner Ansicht nach«, sagte
ich eindringlich, »haben Sie nicht viel zu befürchten. Sie konnten doch nicht
wissen, was Mike tatsächlich im Schilde führte. Ebensowenig wie Sie voraussehen
konnten, daß Abigail diesen Privatdetektiv erschlagen würde.«
»Ich glaube, das hat ihr den
Rest gegeben«, sagte Dolores langsam. »Nachdem sie ihn umgebracht hatte, begann
sie, diese fixe Idee mit den Mächten des Bösen ernst zu nehmen. Und noch etwas,
so schrecklich es klingt — nach diesem ersten Mord ist sie wie besessen. Sie
will weiter töten, wieder und wieder.«
»Beruhigen Sie sich«, flehte
ich. »Hören Sie, die Polizei kann wegen dieser Erpressungsgeschichten nichts
unternehmen, solange keine Anzeige erstattet wird. Und das ist nicht zu
erwarten. Das einzige, was man Ihnen im Augenblick vorwerfen kann, ist, daß Sie
es unterlassen haben, den Mord an dem Privatdetektiv der Polizei zu melden.
Wenn Sie jedoch dazu beitragen, Mike English
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