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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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nicht. Die Natur, die Zeit, von mir aus auch Gott, hat entschieden, dass es so weit ist. Ich bin nur der Sammler, nicht der Richter.“
    „Was muss ich tun, damit er wieder gesund wird? Sag es mir!“ Ich war völlig aus dem Häuschen und griff nach Tod, aber er verschwand erneut, bevor ich ihn packen konnte, und tauchte neben mir wieder auf.
    „Nichts, gar nichts“, sagte Tod. „Du musst es einfach akzeptieren. Es gab nichts, was du hättest tun können, und es gibt nichts, was du noch tun kannst. Außer es zu akzeptieren.“
    Ich lehnte mich erschöpft an eine Wand. Die Gefühle fielen über mich her, und, ob ich wollte oder nicht, die Tränen flossen. „Das will ich nicht! Das kann ich nicht! Ich will ihn nicht so dahingehen sehen. Alles wäre besser, aber nicht das. Das ist ein Tod mit Vorankündigung.“
    „Sind sie das für dich nicht alle?“, fragte Tod.
    „Du weißt ganz genau, was ich meine. Und genau das ist auch der springende Punkt: Wenn ich schon in der Lage bin, diese Dinge im Voraus zu sehen, warum gelingt es mir nicht, sie zu verhindern? Ich habe etlichen Menschen das Leben gerettet, aber bei meinem eigenen Vater soll es mir nicht gelingen? Das ist verdammt noch mal unfair!“
    „Nun, ich könnte jetzt behaupten, dass es deinem Vater mit der Chemotherapie besser gehen wird, aber ich will dich nicht anlügen. Das wird nicht passieren“, sagte Tod.
    „Diesmal willst du mich nicht anlügen, wolltest du sagen.“
    „Ich mag dich angelogen haben, aber ich versichere dir, dass ich es immer in deinem Sinne getan habe. Ich hoffte dich einfach vor meinem Schicksal zu bewahren.“
    „Was meinst du damit?“
    „Vielleicht sollten wir uns darüber an einem etwas ruhigeren Ort unterhalten. Die Leute könnten dich für verrückt halten, so wie du zu brüllen und in die Luft zu schlagen pflegst.“

Kapitel 43
    Ich hatte keine Ahnung, wohin Thanatos mich verschleppt hatte. Zumindest hatte er einen schönen Ausblick gewählt. Wir saßen an einer Klippe auf ein paar alten Baumresten. Die Tatsache, dass ein kleiner Haufen mit Feuerholz herumlag, ließ darauf schließen, dass Tod dieses Gespräch geplant hatte. Das Feuer brannte sogar bereits.
    „Wird das länger dauern?“, fragte ich ihn.
    „Wenn du von mir gelangweilt bist, kannst du jederzeit gehen. Ich zwinge dich zu nichts, ob du’s glaubst oder nicht. Ich hatte lediglich angenommen, dass du vielleicht verstehen willst.“
    „Warum du so ein Arschloch bist?“
    „Wenn das deine Meinung von mir ist. Mir ist es gleich.“
    Ich rutschte etwas näher ans Feuer. „Leg los.“
    „Ich verstehe dich vielleicht besser als jeder andere Mensch auf der Welt, Martin.“
    Ich schnaubte, als ich das hörte.
    „Vielleicht siehst du das anders, aber ich war dir sehr ähnlich. Als ich noch ein Mensch war, hatte ich ebenfalls die Gabe, den Tod zu sehen. Und es verängstigte mich völlig. Zu der Zeit, als ich noch unter den Lebenden weilte, war das nicht unbedingt etwas, was man groß hinausposaunte.“
    „Heutzutage übrigens auch nicht“, warf ich ein.
    „Mag sein, aber heute würde man dich lediglich für verrückt halten und dich nicht gleich vierteilen oder auf einem Scheiterhaufen verbrennen.“
    „Okay. Punkt für dich.“
    „Als ich den damaligen Tod zum ersten Mal sah, war ich bereits ein junger Mann, heute würde man wohl Teenager sagen, und hatte kurz zuvor geheiratet. Die Begegnung ließ mich ziemlich aus der Fassung geraten. Ich ahnte, was ich gesehen hatte, konnte es aber nicht richtig begreifen. Im Gegensatz zu dir wechselte der Tod damals nicht ein einziges Wort mit mir.“
    „Hey, manchmal habe ich mir das auch schon gewünscht.“
    „Er ließ mich völlig allein mit meinen Fragen und den Fähigkeiten, die sich plötzlich zu entwickeln begannen. Stell dir vor, wie ich mich gefühlt habe, als ich plötzlich die Visionen vom Tod anderer Leute sah.“
    „Du hast den bestgehenden Wahrsagestand auf dem Marktplatz aufgemacht und bist reich und berühmt geworden?“, sagte ich.
    „Freut mich, dass du langsam deinen Humor wiedergewinnst, Martin.“ Tod nickte gedankenverloren. „Ich liebte meine Frau und die Kinder, die wir mit der Zeit bekamen, sehr. Ich war angesehen in unserem Dorf und hatte viele Freunde. Eines Tages brach der Tod sein Schweigen und eröffnete mir, dass ich noch sieben Jahre zu leben hätte.“
    „Und da warst du vor Freude ganz aus dem Häuschen, habe ich recht?“, fragte ich.
    „Ich war verängstigt. Er erklärte mir,

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