Der Tod und der Dicke
sich die Mühe gemacht, ihn darauf hinzuweisen, dass die Mücken hier sein Gesicht mit kaledonischer Wildheit bestürmten. Vielleicht waren die ihnen angeborenen Sauginstinkte durch den ranzigen Geruch der CAT-Tarncreme angestachelt worden, die sie sich auf Glenisters Betreiben hin auf die Wangen hatten schmieren müssen.
Es war auch ihr Vorschlag, eine kugelsichere Weste zu tragen. Nein, Vorschlag war das falsche Wort. Die Weste war eine Conditio sine qua non für sein Mitwirken bei der Razzia.
Pascoe war überzeugt, dass sowohl Weste wie Tarnung unnötig seien.
Wenn, wie er vermutete, die Templer einen Maulwurf im CAT hatten, dann war die Wahrscheinlichkeit, John T. Youngman in dem kleinen, von der CAT-Spezialeinheit umstellten weißen Cottage anzutreffen, gleich null.
Glenister war voller Elan, ganz anders als beim letzten Mal in der Lubjanka, wo sie ihm mürrisch und bedrückt erschienen war. Die Aussicht, in der Dunkelheit herumkriechen zu dürfen, um einen gefährlichen Verdächtigen festzunehmen, schien ihre Lebensgeister zu wecken. Pascoe hatte es oft bei männlichen Beamten erlebt, dass sie von drohender körperlicher Gefahr angemacht wurden, aber noch nie bei einer Frau.
Vielleicht sollte er dafür sorgen, dass er öfter mal rauskam. Oder vielleicht doch nicht, wenn er bedachte, was es alles so mit sich brachte.
Trimbles Anruf hatte für einigen Wirbel gesorgt.
Erst war Freeman im Krankenhaus aufgetaucht.
Auf Pascoes Kommentar, »Sie können ja nicht weit weg gewesen sein«, hatte er ihm lediglich sein irritierendes enigmatisches Lächeln zukommen lassen. Dann hatte er einige wenige Fragen gestellt, sehr clevere, sachdienliche Fragen, wie Pascoe zugestehen musste, bevor er Hector interviewte. Was er aus ihm herausholte, sagte er nicht. Schließlich hatte er allen von Pascoe initiierten Maßnahmen seinen Segen erteilt und war mit der Streitwagenzeichnung verschwunden.
Zu keinem Zeitpunkt hatte er Pascoes Interpretation der Ereignisse in Frage gestellt.
Trotzdem, obwohl er jede erdenkliche Vorsichtsmaßnahme ergriffen hatte, fiel ihm der Abschied schwer. Grund dafür war die irrationale Angst, dass in dem Augenblick, in dem er ging, Befehle erteilt würden, die alles von ihm bislang Unternommene wieder rückgängig machen könnten. Erst ein besorgter, wütender Anruf von Ellie, die fragte, ob er der einzige Polizeibeamte sei, der an diesem Wochenende Dienst hatte, gab den nötigen Anstoß, nach Hause zu fahren.
Ellie bemühte sich sehr, den Abend so normal wie möglich zu gestalten, und Pascoe war sehr bemüht, darauf angemessen einzugehen. Er versuchte seine Rastlosigkeit zu verbergen, wusste aber, dass ihm dies nicht sonderlich gelang. Eine Erleichterung war es, als um etwa acht Uhr das Telefon klingelte. Irgendwie wussten beide, dass es mit dem Fall zu tun hatte.
Ellie ging ran.
»Ich hole ihn«, sagte sie.
Als sie Pascoe das Telefon reichte, sagte sie »Mrs. Sinister«, laut genug, damit es am anderen Ende der Leitung zu hören war.
»Junge, Junge, Sie waren schon wieder dicht dran. Wenn Sie so weitermachen, bringen Sie uns noch alle um unseren Job.«
Es klang wie eine Art Kompliment.
»Was ist los?«, fragte er.
»Wir haben den möglichen Aufenthaltsort von Youngman und werden heute Nacht versuchen, ihn festzunehmen.
Wollen Sie mitkommen? Wir meinen alle, Sie haben es sich redlich verdient.«
Sich das Recht verdient, mitten in der Nacht Heim und Familie zu verlassen, um einem mutmaßlichen Killer hinterherzujagen! Womit belohnten sie ihn erst, wenn er mal etwas wirklich Erstaunliches geleistet hatte? Mit zwei Wochen verdeckten Ermittlungen in Afghanistan? Er sagte zu.
»Gut. Wusste doch, dass Sie dabei sein wollen. Die Sache ist nur, es ist etwas weit. Er hat ein Cottage oben in Northumberland, in der Nähe des Kielder-Speichersees. Können Sie bis zehn Uhr in Hexham sein?«
»Ja«, sagte Pascoe, ohne sich die Mühe zu machen auszurechnen, ob er es wirklich schaffen konnte.
»Gut. Hier sind die Koordinaten.«
Sie gab sie nur einmal durch.
»Wunderbar. Seien Sie bis zehn da, wir werden nicht warten.« Eine Pause, dann lachte sie leise und sagte: »Es liegt etwa fünfzehn Kilometer nördlich von Hexham an der Straße nach Bellingham.«
Da es keinen Zweck gehabt hätte zu lügen, sagte er Ellie, wohin er fahren würde.
»Warum?«, erwiderte sie ehrlich verblüfft. »Das ist nicht dein Revier. Es ist nicht das, was du sonst machst. Und wenn du recht hast, hat man ihn sowieso
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