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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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ausgehen.«
    »Nein. Das dachte ich nicht«, antwortete Pascoe ruhig.
    »Nach meinen Informationen leidet er an Paraplegie. Von Agoraphobie habe ich nichts gehört.«
    Der Mann lächelte und nickte, als billigte er die Antwort.
    »Also, falls ich ihn sehe, wen, soll ich ihm ausrichten, würde er nicht erwarten?«
    »Ich bin Chief Inspector Pascoe von der Mid-Yorkshire CID, gegenwärtig der Anti-Terror-Einheit CAT unterstellt. Und Sie, Sir, sind …?«
    »Ich bin der, der nicht da ist«, sagte der Mann. »Weiter, Mädel.«
    Die graue Stute setzte sich gehorsam in Bewegung und kam vor einem der Ställe zum Halt, der eine Öffnung im ersten Stock aufwies, aus der ein Eisenträger herausragte, wahrscheinlich als Befestigungspunkt für eine Winde gedacht, um Heuballen auf den Dachboden zu hieven.
    Aus seinem Lederwams zog der Mann ein Gerät, das wie eine TV-Fernbedienung aussah, und drückte einen Knopf.
    Vom Dachboden glitt über den Eisenträger ein Metallkubus, an dem zwei Schlingen wie für zwei parallele Hinrichtungen durch den Strang befestigt waren.
    Ein weiterer Druck auf die Fernbedienung, und die Schlingen senkten sich etwa einen halben Meter ab. Der Mann schob nun die Arme durch die Schleifen, die, wie Pascoe jetzt erkennen konnte, zu einem Geschirr gehörten. Der Reiter schlang einen Sicherungsgurt um die Brust, hob sich mittels der Fernbedienung ein wenig hoch und nahm das Gewicht vom Sattel, sagte dann etwas zum Pferd, das nach vorne wegging und den Reiter in der Luft baumeln ließ.
    Wieder musste er die Fernbedienung benutzt haben, denn aus der offenen Stalltür kam ein Rollstuhl gefahren. Er blieb direkt unter ihm stehen, und der Mann ließ sich nach unten, befreite sich aus den Gurten und schickte sie wieder hinauf in den Dachboden.
    Dann wendete er den Rollstuhl und sah zu Pascoe.
    »Jetzt bin ich da«, sagte er. »Guten Tag, Chief Inspector. Luke Kewley-Hodge, zu Ihren Diensten. Sollen wir reingehen?«

9
    Rüstung
    Auf dem Weg zum Eingang überlegte Pascoe, wie er Rod verständlich machen konnte, dass er draußen bleiben und zusehen sollte, was er der Frau mit seinem Charme entlocken konnte.
    Die Sorge hätte er sich sparen können.
    Als die Frau die Zügel des Pferdes übernahm, eilte Rod bereits zur Stalltür. »Lassen Sie mich Ihnen helfen.«
    »Haben Sie schon mal ein Pferd abgerieben?«, fragte die Frau mit ihrer Oberschichtstimme.
    »Nein, aber ich lerne schrecklich schnell«, sagte Rod grinsend.
    Keine Frage, dachte sich Pascoe, während er dem Mann im Rollstuhl zum Haupteingang folgte.
    »Eine clevere Einrichtung, die Sie da haben«, sagte Pascoe.
    »Ja, bin sehr zufrieden damit«, antwortete Kewley-Hodge.
    »Die Technik basiert auf den Fernbedienungen unserer Bombenräumkommandos, die eigentliche Idee dazu aber kommt aus dem Mittelalter. Die Rüstungen waren so schwer, dass man Winden brauchte, um die Ritter in den Sattel zu hieven. Ihre Pferde damals waren unseren schweren Zugpferden sehr ähnlich, sie wurden ihrer Kraft, nicht ihrer Geschwindigkeit wegen genommen. Moderne Filme, in denen die Ritter aufeinander losdonnern, als gingen sie in Kempton über die Viertelmeile, sind mehr als irreführend. Dem modernen Zuschauer würde ein richtiges Turnier wahrscheinlich wie in Zeitlupe vorkommen. Aber ich will nicht über Hollywood herziehen, nicht, wenn ich selbst wie Charlton Heston am Ende von El Cid vor mich hin trabe.«
    Er sah zu Pascoe auf und lächelte, als lade er ihn zum Mitlachen ein. Die Eingangshalle, in der sie sich befanden, zeugte nicht unbedingt von großartigem Prunk, war aber weiträumig genug, um in den gegenüberliegenden Ecken zwei Rüstungen zu beherbergen.
    »Quod erat demonstrandum«, murmelte Pascoe.
    »In doppelter Hinsicht«, sagte Kewley-Hodge. »Die Rüstung links stammt aus dem Europa des zwölften Jahrhunderts und wiegt an die zweiundzwanzig Kilo. Die auf der rechten Seite verfügt über sehr viel mehr Ledermaterialien, und die Metallteile sind, wie Sie bei näherer Betrachtung erkennen können, wesentlich dünner gefertigt. Sie wiegt noch nicht einmal halb so viel und wurde von einem meiner Vorfahren aus dem Zweiten Kreuzzug mitgebracht. Die Kreuzfahrer mussten auf die harte Tour lernen, dass schwere Panzerung und langsame Pferde gegen die kleineren, schnelleren Sarazenenpferde mit Reitern, die weniger Gewicht an Metall trugen, nicht bestehen konnten, schon gar nicht in der Wüstenhitze. Die Klügeren haben sich angepasst. Die anderen sind

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