Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
untergegangen.«
    »Faszinierend«, sagte Pascoe. »Sie sind Militärhistoriker, Sir?«
    »Ein Überlebenshistoriker, vielleicht«, sagte Kewley-Hodge. »Hier entlang.«
    Er richtete seinen Rollstuhl auf eine Tür, die sich vermutlich durch Aktivierung einer Fotozelle vor ihm öffnete. Pascoe folgte ihm in ein Wohnzimmer mittlerer Größe, sparsam möbliert, ohne Bilder an den Wänden, aber mit einem offenen Kamin aus schwarzem Schiefer, der wie der klaffende Hintereingang zur Hölle aussah. Auf dem breiten Kaminsims lagen eine Packung Zigaretten, ein Feuerzeug und ein Aschenbecher. Pascoe schätzte die Höhe und kam zu dem Schluss, falls die Zigaretten seinem Gastgeber gehörten, würde dieser jedes Mal einen Diener rufen müssen, wenn er rauchen wollte. Vielleicht versuchte er aufzuhören.
    »Kaffee, Mr. Pascoe? Oder etwas Stärkeres?«
    Er sah auf den Mann im Rollstuhl hinab und rief sich seine Gefühle ins Gedächtnis, als er zu dem Reiter hatte aufblicken müssen. Fühlte sich Kewley-Hodge so ein Dutzend Mal am Tag, wenn andere über ihm aufragten? Und sollte seine Anspielung auf El Cid daran erinnern, dass selbst noch im Tod die Leiche des an seinen Sattel gebundenen Spaniers unter den Mohren Angst und Schrecken verbreiten konnte?
    »Nein danke«, sagte Pascoe und ließ sich vorsichtig auf einem Lederarmstuhl nieder, der sich als bequemer herausstellte, als der Anschein vermuten ließ. »Ich will Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen als nötig.«
    »Seien Sie mein Gast. Zeit ist etwas, an dem mir nicht mangelt. Womit kann ich Ihnen dienen?«
    »Während Ihrer Militärdienstzeit kannten Sie meines Wissens einen Mann namens Young. Sergeant John Young, Jonty genannt.«
    »Der, wie ich, mittlerweile wieder ein einfacher Mister ist und sich einen Namen als populärer Romanschriftsteller macht: John T. Youngman. Ja, ich erinnere mich an ihn.«
    »Wie gut haben Sie ihn gekannt, wenn ich fragen darf?«
    »Sehr gut. Ich möchte sagen, wir waren uns so nah, wie man sich nur kommen kann, ohne miteinander ins Bett zu hüpfen.«
    Pascoe zeigte sich überrascht.
    »Trotz der Tatsache, dass Sie Offizier waren und er Unteroffizier?«
    »Ich denke, Sie bringen hier Gesellschaftsschicht und Dienstgrad durcheinander, Mr. Pascoe. David Stirling, der Gründer des Regiments, legte kategorisch fest, dass es im SAS keine Gesellschaftsunterschiede gebe. Alle Dienstgrade gehören einer Schicht an. Was militärisch gesehen äußerst sinnvoll ist. Ich habe mich sehr auf Jonty gestützt, und ich habe es gern, wenn das, worauf ich mich stütze, nicht nachgibt.«
    »Verstehe. Im Gegenzug hat er sich Ihnen voll und ganz verschrieben. Und Ihnen sein Buch gewidmet.«
    Kewley-Hodge lächelte anerkennend. »Ja, das hat mir geschmeichelt. Also, was hat Jonty getan, damit er Ihr Interesse auf sich zieht, Mr. Pascoe? Den Rassenhass geschürt, geht es darum?«
    »Was bewegt Sie zu dieser Aussage, Sir?«
    »Na ja, man wird wohl keinen Chief Inspector schicken, wenn es um ein Verkehrsdelikt geht.«
    »Ich meine, haben Sie Anlass zu der Vermutung, dass Youngman sich eher zu einem Verbrechen wie das Schüren von Rassenhass hinreißen lässt als zu, sagen wir, Einbruch, Vergewaltigung oder Defraudation?«
    »Nun, mal sehen … Einbruch? Nein, das ist nicht Jontys Kragenweite. Ich kann ihn mir vielleicht als Pirat oder Straßenräuber vorstellen, aber durch Küchenfenster zu kriechen, um Kerzenleuchter zu stehlen? Nie und nimmer. Vergewaltigung? Er schien bei den Frauen immer seine verruchten Ziele zu erreichen, ohne Gewalt anwenden oder Bares hinlegen zu müssen. Ich hab ihn einmal nach seinem Geheimnis gefragt. Er meinte, man müsse ihnen zeigen, dass man sie mehr will als jeder andere, und man dürfe keinerlei Versprechen geben. Ich habe es einmal versucht und mir dabei eine Ohrfeige eingehandelt, es muss also noch mehr dahinterstecken. Und was Defraudation anbelangt, was zum Teufel ist das?«
    »Veruntreuung«, sagte Pascoe.
    »Ach? Interessant. Setzen Sie es in den Plural, und Sie haben die ganz legale und allgemein akzeptierte Grundlage für die meisten Aktivitäten im Londoner Finanzviertel. Welch hauchdünne Scheidewand zwischen Verbrechen und Ehrbarkeit. Nicht wahr, Chief Inspector?«
    »Also auch nicht Youngmans Kragenweite? Aber das Schüren von Rassenhass, das könnte zutreffen?«
    »Manchmal entwickelt ein Soldat einen gewissen Respekt für das Volk, gegen das er kämpft. Und natürlich ist es von großem Vorteil, wenn er dem Volk,

Weitere Kostenlose Bücher