Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill

Vom Netzwerk:

das er verteidigt, großen Respekt entgegenbringt. Unten am Golf hatte Sergeant Young leider weder das eine noch das andere gezeigt. Er hasste den Feind mit absolutem Hass, der kein Pardon kannte. Und er verachtete die einheimische Bevölkerung, die er laut seinem Auftrag schützen sollte. Ich habe ihn sagen hören, es gäbe nichts in der gesamten arabischen Welt, das auch nur einen Tropfen britischen Soldatenblutes wert wäre. Daher, ja, stelle ich mir vor, dass er, falls er noch immer dieser Ansicht anhängt und die Dummheit besaß, sie in falscher Gesellschaft zu verbreiten, sich des Vorwurfs schuldig machen könnte, Rassenhass zu schüren.«
    Pascoe rutschte auf seinem Stuhl herum. Das Kissen hatte sich mittlerweile flach gedrückt und ließ ihn durch seine weiche Gefügigkeit nach unten auf ein Bett scharfkantiger Steine sinken.
    Falls er noch immer dieser Ansicht anhängt … »Sie haben ihn seit seinem Abschied vom Militär und seit dem Beginn seiner Schriftstellerkarriere nicht mehr gesehen?«
    »Großer Gott, natürlich, mehrmals«, sagte Kewley-Hodge lächelnd. »Wann immer er in diesem Teil des Landes ist, kommt er vorbei. Wir plaudern über alte Zeiten. Aber entweder ist er milder geworden, oder er hält es nicht mehr für nötig, diese Ansichten lautstark zu vertreten, vielleicht, weil er annimmt, mein gegenwärtiger Zustand bedeute, ich müsse sie automatisch mit ihm teilen.«
    »Und, ist das so?«, fragte Pascoe leise.
    »Ist das eine Fangfrage?«, fragte Kewley-Hodge lächelnd.
    »Haben Sie einen Blanko-Haftbefehl, bei dem Sie nur darauf warten, dass Sie meinen Namen eintragen können?«
    »Kaum, Sir. Und außerdem habe ich auch keine Zeugen.«
    Pascoe erwiderte das Lächeln.
    »Das stimmt. Wo, frage ich mich, steckt nur Ihr Begleiter? Lässt wohl seinen Charme an Mama aus.«
    »Das war Ihre Mutter?«, fragte Pascoe, der abermals seine Überraschung nicht verbergen konnte.
    »Ja«, antwortete Kewley-Hodge amüsiert. »Tut mir leid, ich habe sie nicht vorgestellt. Aber sie legt Wert darauf, ihre beiden Rollen, die der Kastellanin und der Mutter, strikt zu trennen. Ich bin mir sicher, Ihr junger Mann wird ihre mütterliche Seite hervorlocken. Sie backt einen ganz anständigen Kümmelkuchen. Ich hoffe, er bekommt für seine Mühen ein Stück davon ab.«
    »Das hoffe ich auch.«
    Die Frau war also jene Edith Hodge, deren Geld die Kewleys solvent gehalten hatte. Sie musste sehr jung gewesen sein, als ihr Sohn zur Welt kam. Auch wenn man berücksichtigte, dass sein schmerzliches Schicksal ihn um einiges älter gemacht hatte, konnten im Höchstfall zwanzig Jahre zwischen ihnen liegen.
    Er sagte: »Also, Sir, wollen Sie mir Ihre Ansichten zu muslimischen Extremisten erläutern?«
    »Nun, etwa einmal im Monat gehe ich in die Dorfkirche und versuche mich dazu aufzuraffen, denen, die mir das angetan haben, zu vergeben. Manchmal komme ich dem sehr nahe, aber wissen Sie, wenn am Ende des Gottesdienstes alle anderen aufstehen und die Kirche verlassen, verfliegt dieses Gefühl sehr schnell wieder, und ich hasse die Scheißkerle so sehr wie zuvor. Wir sind dorthin, um zu helfen, aber wem haben wir letztendlich schon geholfen? Wir reden von Extremisten, aber wenn sich die Gelegenheit bietet, sind sie verdammt noch mal alle Extremisten. Schauen Sie sich doch nur an, was im Irak geschehen ist, nachdem wir ihnen ihr erbärmliches Land zurückgegeben haben. Wo waren all diese tapferen Freiheitskämpfer, die Selbstmordattentäter, diese gut bewaffneten Widerstandsgruppen, als Saddam noch an der Macht war? Haben sich in ihren Höhlen verkrochen, klar, weil sie sich nicht getraut haben, die Waffen gegen einen Tyrannen zu ergreifen, der ihnen jeden Schlag mit zehn Schlägen vergolten hätte, der dafür gesorgt hat, dass jeder Selbstmordattentäter auf seinem Weg ins Paradies von einigen hundert aus seinem Freundes- und Familienkreis begleitet wurde. Plötzlich haben sie ihren Mut gefunden. Den Mut, ihre Retter zu töten! Auf diesen Mut scheiße ich! Die Geschichte lehrt, dass jedes Volk den Diktator hat, den es verdient. Wir hätten sie verfaulen lassen sollen, bis sie angekrochen wären und um Hilfe gebettelt hätten, und dann hätten wir sie noch ein wenig länger verfaulen lassen sollen.«
    Er verstummte. Sein Atem ging schwer. Hatte er sich zu mehr hinreißen lassen, als er beabsichtigt hatte? Pascoe bezweifelte es. Er war jemand, der sich hinter seiner selbst geschaffenen Rüstung so sicher fühlte, dass er keinerlei