Der Tod und der Dicke
nicht mehr möglich, nach allem, was geschehen war. Aber irgendwie waren wir auch enger aneinander gebunden als vorher … gebunden auf ein Feuerrad … weiß nicht, warum mir das jetzt in den Sinn kommt … irgendwas, was ich in der Schule gelesen habe … aber jetzt weiß ich, was es bedeutet … und gleichzeitig hassten wir uns gegenseitig, weil wir diesen Schmerz miteinander teilen mussten. Und als sie dann von den Templern anfing, war es das erste Mal, dass sie sich wieder öffnete, so wie früher. Und ich würgte sie gleich wieder ab.«
Er schüttelte den Kopf, als wollte er damit die Erinnerung abschütteln.
»Als daher das nächste Mal die Sprache auf dieses Thema kam, hörten Sie ihr zu, weil Sie Ihrem Bruder versprochen haben, auf sie aufzupassen«, kam Pascoe zu Hilfe, begierig, von den nackten Seelen zu den nackten Fakten zu kommen.
»Ja, ich hörte ihr zu. Und ich hörte Youngman zu. Hören Sie, ich will nicht sagen, dass ich mich nur wegen Kilda darauf eingelassen habe. Ich war selbst aus dem Gleichgewicht, lange Zeit dachte ich, dass wir politisch nur Wischiwaschi-Antworten auf den Terrorismus hätten. Der Gedanke, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, hatte auf mich große Anziehungskraft. Außerdem begann es so, als wäre alles nur ein Spiel.
Codenamen, die besondere Form der Kontaktaufnahme, es war … ich weiß nicht, es war irgendwie ein Spaß.«
»Wie Stalky und Co., meinen Sie?«, sagte Pascoe schonungslos. »Als wäre man wieder auf dem Internat? Und als Sie herausfanden, dass es Ihre Aufgabe war, den Videoladen in der Mill Street in die Luft zu sprengen und die Leute darin umzubringen, war es dann auch noch ein Spaß?«
»Es war alles so unwirklich. Es entwickelte sich Schritt für Schritt. Erst ging es nur darum, einen kleinen Sprengsatz im Laden zu deponieren und großen Schaden anzurichten. Es war ja schließlich eine Operationszentrale für Terroristen, sagte Youngman. Dort trafen sich Leute, um Instruktionen zu bekommen, Zielobjekte auszukundschaften, Attentate zu planen.«
»Woher wusste er das? Und warum glaubten Sie ihm?«
»Er klang überzeugend. Er zeigte uns Fotos und Dokumente, Fotokopien von Geheimdienstberichten.«
»Woher hatte er die?«
Kentmore zuckte mit den Schultern.
»Er hat einen Kontakt innerhalb des Geheimdienstes, sagt er. Er gab uns zu verstehen, was wir täten, hätte dadurch so etwas wie inoffizielle offizielle Unterstützung.«
»Irgendwelche Namen?«
»Er sprach von ihm nur als Bernard.«
»Bernard?«
Bernie Bloomfield? Konnte es so einfach sein?
»Ja. Nach Bernard de Clairvaux. Er war der große Kleriker hinter den Templern, soweit ich weiß. Der ihnen die moralische Rechtfertigung lieferte.«
»Ach ja, dieser Bernard«, sagte Pascoe.
Doch nicht so einfach. Es sei denn, es handelte sich um einen CAT-Scherz. Nicht sehr viel anders als Freeman, der Wills und Crofts benutzt hatte.
»Der Plan sah also vor …?«, sagte er.
»Zunächst in den Videoladen. Das Endgebäude der Häuserzeile hatte ein offenes Fenster. Waren wir erst drin, konnten wir uns über den Dachboden zum Laden vorarbeiten.«
»Haben Sie jemanden im Laden erwartet?«
»Wir haben damit gerechnet. Es war ein Feiertag, aber Terroristen halten sich nicht an Feiertage, sagte Youngman. Wir sollten wie Pfadfinder auf alles gefasst sein. Er versorgte uns mit Waffen.«
»Und mit einem Sprengsatz.«
»Ja. Und mit einem Sprengsatz. Sah nicht nach viel aus. Nur eine kleine Plastikdose. Eine, in die man sonst seine Sandwiches packt. Youngman sagte, er würde den Raum, in dem er abgelegt wird, zerstören. Ich fragte, was, wenn sich jemand darin aufhält? Er antwortete, jeder darin ist genau so ein Dreckskerl, der meinen Bruder gefoltert und ermordet hatte, wo wäre also mein Problem.«
»Und was erwiderten Sie darauf?«
»Ich sagte, ich hätte keins«, antwortete Kentmore leise. »Ich hatte auch keins. Trotzdem hoffte ich, es würde niemand drin sein.«
»Aber das war nicht der Fall.«
»Nein. Als wir Hausnummer drei erreichten, waren zwei Männer dort. Sie waren völlig perplex, als wir auftauchten, und leisteten keinerlei Widerstand. Ich fesselte und knebelte sie. Dann hörten wir von unten ein Geräusch. Kilda ging nachsehen. Kurz darauf wurde ein Schuss abgegeben. Ich dachte, ich müsste sterben vor Schreck. Ich ging zur Tür und wollte schon runterrufen, da hörte ich Stimmen. Ich blieb stehen und wusste nicht, was ich tun sollte. Schließlich kam Kilda mit einem weiteren Mann die Treppe
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