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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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gemeint?«
    »Worüber wir zuvor gesprochen haben, nur auf einer sehr viel persönlicheren Ebene. Ich meine, wenn Andy wegen der Explosion nicht im Koma liegen würde und du nicht beinahe getötet worden wärst, würdest du dich dann auch so intensiv damit befassen? Selbst wenn dir Ungereimtheiten aufgefallen wären? Drei Terroristen tot. Wen kümmert es? Die CAT will die Sache für sich. Dan Trimble ist glücklich darüber. Hättest du unter diesen Umständen auch angefangen, darin herumzurühren und die Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen?«
    »Unter diesen Umständen hätten diejenigen, die dahinterstecken, gewollt, dass die Welt davon erfährt, also gäbe es das Problem überhaupt nicht«, erklärte Pascoe triumphierend. Aber das war lediglich ein rhetorischer Punkt, der an ihn ging. Dennoch konnte er nicht widerstehen, gleich den nächsten folgen zu lassen.
    »Jedenfalls, vor kaum zwei Minuten hast du dich noch darüber ereifert, dass der Mord an Carradice nicht mit dem nötigen Ernst behandelt würde, weil er allgemein als Terrorist gilt. Und jetzt gehst du auf mich los, weil ich die Wahrheit über die Mill Street herausfinden möchte?«
    »Ich gehe nicht auf dich los«, erwiderte sie. »Ich weiß nur, wie sehr du dich grämen wirst, wenn du einsiehst, dass es dir in erster Linie um Rache und nicht um Gerechtigkeit geht.«
    »Ach ja? Und bei Carradice geht es dir ausschließlich um die Gerechtigkeit, oder kommt da vielleicht nicht doch auch die Verwandtschaft mit ins Spiel?«
    »Ich habe ihn in meinen eigenen Armen gehalten, Pete.«
    »Er hat dich angepinkelt.«
    »Bei Rosie wurde ich fast weggespült, bis ich den Dreh raushatte«, sagte sie.
    »Er ist nicht Rosie«, sagte er fast wütend.
    »Ich gehe davon aus, dass er irgendjemandem genauso viel bedeutet. Du weißt, was ich meine.«
    Langsam verstand er, was sie wirklich besorgte. Sie räumte ihrer Tochter genügend Freiheiten ein, damit sie sich entsprechend ihrer Persönlichkeit entwickeln konnte. Davon war sie überzeugt. Aber was, wenn all ihre Liebe, all ihre Fürsorge nur dazu führten, dass sie ein ebenso unvorhersehbares Ende fand wie Mike Carradice?
    Er suchte nach Worten, nach beruhigenden Sätzen, die nicht leer und banal klingen würden. Aber sie war mit ihm noch nicht fertig.
    »Dieses CAT-Zeug in deinem Ordner über die Leichen, da waren einige Notizen in deiner Handschrift angefügt. Woher stammen sie?«
    Er hatte nicht die geringste Absicht, sie wissen zu lassen, dass er in Glenisters Büro eingebrochen und sich der Originalakten bemächtigt hatte, aber er sah keinen Grund, das Gespräch mit Mary Goodrich zu verschweigen.
    »Und sie haben ihr ziemlich Angst eingejagt, damit sie den Mund hält«, schloss er, um das verdächtige Verhalten der CAT noch zu unterstreichen. Wie so oft schoss er damit weit über sein ursprüngliches Ziel hinaus und förderte eine Reaktion zutage, die er nun ganz und gar nicht beabsichtigt hatte.
    »Ach ja? Wenn sie so sehr Angst hatte, warum hat sie dann mit dir geredet?«
    »Sie ist eine anständige Bürgerin«, antwortete er etwas lahm.
    »Du meinst, du hast ihr noch mehr Angst eingejagt als die CAT? Was hast du dazu eingesetzt? Einen elektrischen Viehstock?«
    Er wurde durch Tig davor bewahrt, einen im besten Fall geordneten Rückzug anzutreten. Der Hund stieß plötzlich eine kläffende Fanfare aus, sprang aus seinem Korb und rannte in den Flur. Nur die unmittelbare Nähe von Rosie konnte solches Verhalten auslösen. Was nicht unbedingt hieß, dass sie bereits vor der Tür stand, sondern nur, dass sie sich in einem Umkreis von weniger als einem Kilometer befand und sich näherte. Natürlich konnte der Hund das unmöglich wissen, aber er irrte sich nie.
    Er wohnte in einem Haus, in dem jeder mehr wusste als er selbst, dachte sich Pascoe. Und in manchen Fällen sogar noch über ihn selbst.
    »Ende des ruhigen Wochenendes«, sagte er.
    »Mir ist nicht aufgefallen, dass es überhaupt angefangen hätte«, sagte Ellie.
    Und wenn die Medienmeute Wind von ihrer Verwandtschaft mit Carradice bekam, würde sie erstaunt sein, wie schlimm es wirklich werden konnte, dachte sich Pascoe.
    Plötzlich schien das eigene Zuhause nicht mehr der beste Ort zu sein, wo man sich aufhalten wollte.
    »Ich will dir was sagen«, fügte er schließlich an. »Dieses ganze Gerede über Terrorismus und Sprengstoffanschläge und Attentate lässt den Gedanken an gute, altmodische, traditionelle Dorfunterhaltung irgendwie recht verlockend erscheinen.

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