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Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Titel: Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swantje Berndt
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Schweigen eine Tugend war.
     
    *
     
    „So, da wären wir dann.“
    Der Taxifahrer zog seine Mundwinkel hoch, als litt e er an einem Gesichtskrampf. Daniels Lächeln war angespannt, aber echt. Lucy wusste, woher die Anspannung kam. Sie hatte es gefühlt und fühlte es noch.
    „Wie lange hältst du es noch aus?“ Ganz sanft berührte sie ihn zwischen den Beinen.
    Daniel hielt ihre Hand fest. „Du bist grausam.“
    Seine Kiefermuskeln verspannten sich. Es war wundervoll, ihn erregt zu sehen. Die stumme Bitte in seinem Blick bat nur um vorübergehende Schonung.
    Das Taxi hielt vor dem Backsteinbau. Bei Nacht war er noch beeindruckender als am Tag. Er erinnerte an Gotham City. Doch er war nicht ansatzweise so überwältigend wie der Sturm, der nur langsam in ihr zur Ruhe kam. Sie konzentrierte sich auf das Rascheln der Pfundscheine, auf die nichtssagenden Worte des Fahrers und auf Daniels Arm, der ihr aus dem Wagen half. Ihre Knie waren weich wie Butter. Nach zwei Schritten knickte sie ein. Wieder legte Daniel den Arm um ihre Taille, um sie zu stützen. Wieder so behutsam, dass sie seine Berührung kaum fühlte. Dabei war er es, der auf eine Krücke angewiesen war.
    Die Dunkelheit, die aus den Ecken kroch, konnte von der nackten Glüh lampe an der Decke nicht verscheucht werden. Ein langer Flur verlor sich in der Schwärze, ebenso wie die Räume, die rechts und links von ihm abzweigten. Daniel schob das Gitter eines Lastenaufzugs auf. Die Fahrt ging bis unters Dach. Nackte Steinwände, geschmückt mit den schönsten Ikonen, die sie je gesehen hatte. Die Farben mussten selbst im Dunkeln leuchten. Ethan würde seine rechte Hand dafür geben. Einige wiesen so viele Risse in den Farbschichten auf, dass sie ein paar Hundert Jahre alt sein mussten. Zwei wirkten , als ob sie gestern erst gemalt worden wären. Ein Nikolaus von Myra sah streng auf Lucy herab, ein Franz von Assisi voll Verständnis. In dem Blick einer Gottesmutter lag reine Liebe. Wer hatte diese Wunder gemalt?
    Daniel trat hinter sie und legte seine Arme um ihre Schultern. Seine Nähe reichte, um ihr Blut zum Schwingen zu bringen.
    „Sie gefallen dir.“ Wieder stellte er nur fest.
    „Ich habe nie Schönere gesehen.“
    „Und du kennst dich mit solchen Dingen aus?“ Seine Lippen streiften ihr Ohr, seine Stimme schlich sich warm und weich in ihr Herz.
    „Ich kenne mich mit vielem aus, was alt und wunderschön ist.“
    Daniel lachte leise. „Wirklich?“
    Er drehte sie in seinem Arm, dass sie sein Gesicht sehen konnte. Sie legte die Hände an seine Wangen. Sie musste ihn einfach berühren. „Du bist der Traumgott eines längst vergessenen Mythos und nur für mich in diese Welt hinaufgestiegen. Nimm mich mit zu dir.“ Was für Worte kamen aus ihrem Mund? Aber Daniel lachte nicht. Er zog sie an sich, umarmte sie so behutsam, als ob er Angst hätte, sie zu zerbrechen. Nichts zerbrach sie. Doch das konnte er nicht wissen.
    „Und wenn es die Unterwelt wäre?“ Wie traurig er klang. „Würdest du mir auch dorthin folgen?“
    Sie nicke. Wieder blockierte etwas ihren Hals. Stand sie so weit neben sich?
    Gedrechselte dunkle Pfosten und schwerer dunkelblauer Samt. Das Himmelbett sah aus, als käme es direkt aus einem Museum.
    „Ein wenig protzig.“ Ihre spitze Zunge hatte ihr schon immer gegen zu viel Sentimentalität geholfen.
    „Es gefällt dir nicht?“
    „Besser als die Rückbank des Taxis.“
    „Das habe ich mir auch immer wieder sagen müssen.“
    Für einen Moment flammte reine Lust in seinem Blick auf. Er schloss die Augen, und als er sie wieder ansah, lächelte er. Ihre Lippen begannen, sich nach seinem Mund zu sehnen. Nach diesem wehmütigen Lächeln, das sie mit Küssen überdecken wollte.
    Daniel humpelte zu einem der großen Bogenfenster und sah über die lichterglänzende Stadt. Die Reklameleuchten reflektierten auf seinem Gesicht, spiegelten sich in seinen Augen und plötzlich wirkte er fremd und verloren.
    Vielleicht war er ein Elb oder ein anderes Wesen, das nur zufällig unter den Menschen gestrandet war und nicht mehr nach Hause konnte.
    Er zog seine Jacke aus warf sie auf den Stuhl. Das rote und grüne Leuchten der Straße huschte über seine Brust. Es brach sich an dem silbernen Anhänger . Er sah schwer aus. Und alt. Und unsäglich kostbar. Ob er ihn ablegen würde, wenn sie sich liebten?
    „Mich bezaubert der verträumte Ausdruck deiner Augen, wenn du etwas siehst, was dir gefällt, oder wenn du etwas fühlst, was dir gefällt.“

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