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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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prunkvollen Paläste Tag und Nacht hell erleuchtet sind?“, fragte er. „Ist es nicht unser Recht, König, nachzufragen, wo das ganze Geld geblieben ist? Du brauchst dir nicht die Mühe machen zu antworten, denn es ist bekannt, wie hoch die Provisionen und Bestechungsgelder waren, die in deine Taschen gewandert sind.“
    Dann wandte er sich der fortdauernden Anwesenheit amerikanischer Truppen in Saudi-Arabien zu. „Es kann nicht angehen, dass man darüber schweigt, wie sich das Land zum amerikanischen Protektorat entwickelt und die christlichen Soldaten es mit ihren schmutzigen Schuhen schänden, zum Schutze eures wankenden Thrones und zum Schutze der Erdölquellen im Königreich angesichts der momentanen Situation, König“, schrieb er. „Diesen schmutzigen, ungläubigen Kreuzzüglern darf nicht gestattet werden, im heiligen Land zu bleiben.“
    Dass sich der König nach weltlichen, von Menschen geschaffenen Gesetzen richte und die Anwesenheit ungläubiger Soldaten im Land dulde, zeigte nach Auffassung Bin Ladens, dass Fahd ein Abtrünniger sei und abgesetzt werden müsse. „König, du hast den Menschen die schlimmsten Übel gebracht: Unglauben und Armut“, schrieb er. „Fern jeglicher Vorurteile, sehen wir doch, König, dass es in deinem Interesse und dem deiner Familie und deines Gefolges wäre..., wenn du der Umma, dem Land und den Gläubigen weiteres Unglück ersparst sowie weitere Krisen und Unruhen und deinen Rücktritt einreichst.“
    Dieser Brief war verständlicherweise ein Schock für die saudische Bevölkerung und auch den König. In einer Gesellschaft, in der es keine Redefreiheit gab, sorgte Bin Ladens donnernde Tirade für Erschütterung und Entsetzen bei seinen stummen Landsleuten. Doch der Brief war kein Aufruf zum Umsturz. Bin Laden beschuldigte zwar mehrere bekannte Prinzen der Korruption und der Unfähigkeit, aber er verlangte nicht die Beseitigung des Herrscherhauses. Außer der Abdankung des Königs brachte er keine Vorschläge zur Behebung der von ihm angeprangerten Missstände. Auf Kronprinz Abdullah, den Thronfolger, ging er mit keinem Wort ein. Trotz des aufrührerischen Tons verfolgte der Brief eine eher gemäßigte Zielsetzung. Bin Laden präsentierte sich als loyaler Reformer, der eigentlich keine weiterführenden politischen Ideen anzubieten hatte. Sein umstürzlerischer Zorn richtete sich gegen die USA, nicht gegen sein Heimatland.
    Viele Saudis teilten Bin Ladens Empörung über die fortgesetzte Präsenz der Amerikaner im Wüstenkönigreich, vor allem nachdem US-Verteidigungsminister Dick Cheney versprochen hatte, dass sie bald wieder abziehen würden. Angeblich mussten die Truppen jetzt noch eine Weile bleiben, um die Einhaltung der UN-Flugverbotszonen über dem Irak zu überwachen. Doch schon 1992 und insbesondere ab 1993 gab es in der Region genügend Abkommen über neue Stützpunkte, sodass die Amerikaner aus Saudi-Arabien durchaus hätten abziehen können, ohne ihre Mission zu gefährden. 8 Aber die Basen in Saudi-Arabien waren sehr praktisch und gut ausgestattet, und die USA sahen anscheinend keine dringende Notwendigkeit, sie aufzugeben.
     
    IN DER WOCHE nach Bin Ladens Brandbrief an den König kündigte Prinz Naif die Hinrichtung von Abdullah al-Hudheif an. Hudheif, ein arabischer Afghane, war nicht zum Tode verurteilt worden; er hatte eine 20-jährige Haftstrafe erhalten, weil er einem Sicherheitsbeamten, der als Folterknecht bekannt war, Säure in die Augen gesprüht hatte. Die saudische Regierung wurde jetzt vom früheren ägyptischen Innenminister beraten, der erbarmungslos gegen die Oppositionellen in seinem Land vorgegangen war. 9 In der saudischen Bevölkerung verbreitete sich der Eindruck, dass nun ein schärferer Wind wehte und dass diese Schnellhinrichtung ein Signal an Bin Laden und seine Anhänger sein sollte. Hudheifs Kameraden riefen im Gegenzug zu Racheaktionen gegen das Regime auf.
    Im Zentrum Riads, in der Telateen-Straße gegenüber einem Steakhaus, lag eine Befehlsstelle der saudischen Nationalgarde. Die Aufgabe der Nationalgarde besteht darin, die Königsfamilie zu schützen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Da diese Aufgaben auch in den Augen der USA äußerst wichtig waren, hatten sie mit den Saudis vereinbart, dass die Vinnell Corporation, ein amerikanischer Rüstungskonzern, die Nationalgarde in der Handhabung von Überwachungstechniken ausbilden sollte.
    AM 13. NOVEMBER 1995 kurz vor Mittag ging Oberst Albert M. Bleakley, ein Ingenieur, der

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