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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Amerikaner seine Gespräche abhörten. 30 Er war allgemein misstrauisch gegenüber mechanischen Geräten, sogar Uhren, die man, wie er fürchtete, zu Überwachungszwecken nutzen konnte. 31
    Doch am meisten Sorgen bereiteten ihm die Taliban. Er konnte sie nicht richtig einschätzen. Die ängstlichen Stammesvertreter im Norden des Landes verbreiteten Gerüchte, dass es sich bei den Taliban um eine riesige kommunistische Armee handele. Als zwei seiner Förderer aus den Reihen der Mudschahidin, Gouverneur Mehmoud und Maulvi Sasnoor, kurz nach dem Fall Dschalalabads in einen Hinterhalt gelockt und getötet wurden 32 , brachte Bin Laden seinen Frauen das Schießen bei. 33
    Die Taliban wussten bereits einiges über Bin Laden und waren wegen ihm ähnlich besorgt wie er wegen ihnen. „Wir wollen nicht, dass von hier aus subversive Handlungen gegen andere Staaten organisiert werden“, verkündete der Informationsminister der Taliban. „In den Gebieten, die sich unter der Kontrolle der Taliban befinden, gibt es keine Terroristen.“ 34 Aber sie hatten auch erfahren, dass er im Sudan Millionen Dollar investiert hatte, und hielten ihn noch immer für einen reichen islamischen Philantropen. Sie hofften, mithilfe seines Geldes und seines Wissens das zerstörte Land wieder aufbauen zu können. Mullah Omar war aber auch entschlossen, sich an das Versprechen zu halten, das ihm zweifellos durch mehrere Millionen saudischer Rial versüßt worden war, nämlich seinen Gast ruhig zu stellen und dafür zu sorgen, dass er keine Unruhe stiftete.
    Nach der Kapitulation von Dschalalabad zogen die Taliban schließlich auch in Kabul ein. Die siegreichen jungen Kämpfer drangen auf das Gelände der UN-Vertretung vor, wo Mohammed Nadschibullah, der letzte Staatspräsident Afghanistans in der kommunistischen Ära, nach dem Sturz seiner Regierung vier Jahre zuvor Zuflucht gesucht hatte. Er und sein Bruder wurden geschlagen und gefoltert, kastriert, hinter einem Jeep hergeschleift, erschossen und dann an einer Straßenlaterne im Zentrum Kabuls aufgehängt. 35 Die Taliban steckten ihnen Zigaretten in die Münder und stopften ihnen Geld in die Taschen. Dem Mann, der seine Karriere als Folterknecht bei der Geheimpolizei begonnen hatte, weinte kaum jemand eine Träne nach, doch die brüske Missachtung diplomatischer Gepflogenheiten, die unbekümmerte Grausamkeit, die Schändung der Toten - was im Islam verboten ist - und der Verzicht auf ein wie auch immer geartetes Gerichtsverfahren waren Vorboten der religiösen Tyrannei, welche die Zeit der Taliban kennzeichnen sollte. Die Saudis und die Pakistanis, die beiden wichtigsten Unterstützer der Taliban, erkannten die neuen Machthaber rasch an. Während ihrer gesamten Herrschaft wurden die Taliban nur noch von einem weiteren Land - den Vereinigten Arabischen Emiraten - als rechtmäßige Regierung Afghanistans anerkannt.
    „Frauen, ihr sollt das Haus nicht verlassen“, ordnete die neue Regierung an. 36 Die Frauen waren den Taliban besonders suspekt, was auch nicht anders zu erwarten war von Männern, die so wenig Erfahrung im Umgang mit ihnen hatten. „Wenn sich Frauen in modischen, gemusterten, engen oder aufreizenden Kleidern zeigen“, hieß es in dem Dekret weiter, „sollen sie von der islamischen Scharia verflucht sein und können nicht mehr erwarten, in den Himmel zu kommen“. Frauen wurde sofort verboten zu arbeiten und Schulen zu besuchen, wodurch das Gesundheitssystem und der öffentliche Dienst sowie das Bildungssystem weitestgehend zusammenbrachen. 40 Prozent der Ärzte, die Hälfte der Staatsbediensteten und sieben von zehn Lehrern waren Frauen. Unter den Taliban wurden viele Frauen zu Bettlerinnen.
    Die Taliban nahmen auch die einfachen Vergnügungen ins Visier. So verboten sie das in Afghanistan so beliebte Drachenfliegen und Hunderennen. Brieftauben wurden geschlachtet. Nach dem Strafgesetzbuch der Taliban waren „unreine Dinge“verboten, eine Kategorie, die alles mögliche umfasste: „Schweinefleisch, Schweine, Schweinefett, alles, was aus menschlichen Haaren hergestellt wird, Satellitenschüsseln, Kinofilme, alle Geräte und Instrumente, die Musik produzieren, Billardtische, Schach, Masken, Alkohol, Tonbänder, Computer, Videokassetten, Fernsehen sowie alles, wodurch Sex und Musik verbreitet werden, Wein, Hummer, Nagellack, Feuerwerkskörper, Statuen, Handarbeitskataloge, Bilder, Weihnachtskarten... “ 37
    Die Modepolizei verfügte, dass der Bart eines Mannes mindestens eine

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