Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
Vom Netzwerk:
Briefings von Richard A. Clarke im Weißen Haus kennen lernte. O’Neill war bereits von dem saudischen Dissidenten fasziniert gewesen, als man nur schwer jemanden finden konnte, auch im FBI, der wusste, wer Osama Bin Laden war. Einige Monate, bevor O’Neill seinen Job in New York antrat, hatte Coleman Dschamal al-Fadl verhört, den Überläufer von al-Qaida, der die Existenz der Terrororganisation und ihre weltweiten Zielsetzungen enthüllte. Nachdem er mehrere Wochen bei Fadl in dessen Unterschlupf in Deutschland verbracht und der ihm von der Struktur der Gruppe und ihrem Führungspersonal erzählt hatte, war Coleman klar geworden, dass Amerika einer neuen ernsthaften Bedrohung gegenüberstand; dennoch fanden seine Berichte nur wenig Resonanz außerhalb einer kleinen Gruppe von Strafverfolgern und einigen Leuten im Geheimdienst und der Bundespolizei - vor allem Scheuer und O’Neill.
    Dies waren die beiden Männer, die in erster Linie dafür verantwortlich waren, Bin Laden und al-Qaida aufzuhalten, doch sie konnten sich gegenseitig nicht leiden - eine Empfindung, in der sich der tief verwurzelte Gegensatz zwischen den beiden Organisationen spiegelte, denen sie angehörten. Von Anfang an wurde die Reaktion Amerikas auf die Herausforderung durch al-Qaida davon beeinträchtigt. Coleman saß in der Mitte zwischen diesen beiden ebenso starrköpfigen und leidenschaftlichen wie begabten Männern, die sich ständig Auseinandersetzungen lieferten über ein Thema - Bin Laden -, das in ihren Organisationen sonst eigentlich niemanden ernsthaft interessierte.
    In seinem Büro in der Alec Station beschäftigte sich Coleman weiter mit Ansatzpunkten, die sich aus seinen Gesprächen mit Fadl ergeben hatten. Er überprüfte Abschriften von abgehörten Telefonaten, die mit Bin Ladens Firmen in Khartoum zu tun hatten. Eine häufig angerufene Nummer gehörte Bin Ladens früherem Sekretär Wadih al-Hage in Nairobi in Kenia. Die Gespräche mit Hage waren größtenteils aus dem Arabischen übersetzt worden, einige waren auch in Englisch geführt worden, vor allem wenn er seine amerikanische Frau anrief. Oft machte er plumpe Versuche, Codewörter zu benutzen, die seine Frau aber nicht verstehen wollte.
    „Schick mir zehn grüne Papiere, okay?“, sagte Hage bei einem Telefonat.
    „Zehn rote Papiere?“, fragte sie.
    „Grüne.“
    „Du meinst Geld“, folgerte sie.
    „Vielen Dank“, erwiderte er sarkastisch. 9
    Coleman begann sich für Hage zu interessieren, der trotz seiner Unbeholfenheit ein aufmerksamer Vater und fürsorglicher Ehemann zu sein schien. Wenn er weg war, rief er stets seine Kinder an und warnte seine Frau, sie solle sie nicht zu viel fernsehen lassen. Anscheinend leitete er eine Hilfsorganisation namens Help Africa People und verdiente sich als Juwelier seinen Lebensunterhalt.
    Die CIA hielt es für möglich, Hage als Agenten zu gewinnen. Als Coleman die Abschriften studierte, kam er zu dem Schluss, dass man Hage wohl nur schwer würde umdrehen können, aber er erklärte sich bereit, nach Kenia zu fliegen, weil er hoffte, dort vielleicht einige Belege dafür zu finden, dass es diese Organisation mit dem Namen al-Qaida tatsächlich gab, von der Fadl gesprochen hatte.
    Im August 1997 erschienen Coleman und zwei CIA-Beamte an Hages Haus in Nairobi mit einem Durchsuchungsbeschluss und einem nervösen kenianischen Polizisten, der ein AK-47-Gewehr bei sich hatte. Das Haus lag hinter einer hohen Holzwand, die mit zerbrochenem Glas überzogen war, und wurde von einem dürren deutschen Schäferhund bewacht, der angeleint war. Hages amerikanische Ehefrau April Brightsky Ray und ihre sechs Kinder 10 befanden sich im Haus, außerdem Aprils Mutter Marion Brown. Beide Frauen waren zum Islam übergetreten und trugen Hidschabs.
    Es war seltsam, die Frauen persönlich zu sehen, nachdem er sich zu Hause so ausgiebig mit ihnen befasst hatte. Coleman ordnete die Frauen in dieselbe Kategorie ein wie Frauen der Mafia, die im Allgemeinen wussten, dass irgendetwas Ungesetzliches vor sich ging, aber in strafrechtlicher Hinsicht nicht selbst darin verwickelt waren. 11 April war eine dicke Frau mit einem zufriedenen, runden Gesicht. Sie sagte, ihr Mann sei außer Landes auf einer Geschäftsreise (tatsächlich traf er sich gerade in Afghanistan mit Bin Laden), aber er werde noch am Abend zurückerwartet. Coleman zeigte ihr seinen Durchsuchungsbeschluss und erklärte, es gehe um gestohlene Dokumente.
    Im Haus war es schmutzig, und es wimmelte

Weitere Kostenlose Bücher