Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
Vom Netzwerk:
von Fliegen. Eines der Kinder hatte hohes Fieber. Während die Agenten in einem anderen Raum mit April sprachen, verfolgte Marion Brown aufmerksam, wie Coleman ihre Schubladen und Schränke durchsuchte.
    „Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“, fragte sie. 12
    Coleman warf einen Blick in die Küche und lehnte ab.
    „Das ist gut, sonst hätte ich vielleicht versucht, Sie zu vergiften“, erwiderte die Frau.
    Überall waren Papiere und Notizbücher aufgehäuft sowie acht Jahre alte Gasrechnungen und Visitenkarten von Bankern, Anwälten, Reisebüromitarbeitern und Kammerjägern. In der obersten Schublade des Schlafzimmerschranks fand Coleman einen Laptop der Marke Apple PowerBook.
    Am Abend kam Wadih al-Hage heim. Er war ein schlanker, bärtiger Mann mit einem verkrüppelten rechten Arm, stammte aus dem Libanon, hatte aber durch seine Eheschließung die amerikanische Staatsbürgerschaft erlangt. Er war ursprünglich Katholik gewesen, dann zum Islam konvertiert und hatte seine eigenen Vorstellungen, was eine Rekrutierung anging: Er brachte religiöse Schriften mit und versuchte den ganzen Abend, Coleman und die CIA-Agenten zum Islam zu bekehren.
    An diesem Abend in Nairobi konnte einer der CIA-Männer mehrere gelöschte Dokumente auf der Festplatte des PowerBooks sicherstellen, die viele der Aussagen Fadls bezüglich der Existenz von al-Qaida und ihrer terroristischen Ziele erhärteten. Für eine Anklage Bin Ladens ließen sich jedoch keine neuen Beweise finden.
    Coleman und die CIA-Leute überprüften die Dokumente und rekonstruierten Hages Reiseaktivitäten. Er hatte in Osteuropa ein paar Schusswaffen für Bin Laden gekauft und reiste anscheinend häufig nach Tansania. Al-Qaida plante irgendeine Aktion, aber es war unklar, worum es sich handeln könnte. Es war sicherlich eine kleinere Operation, und die Aufdeckung des Unterschlupfs in Nairobi hatte sie zweifellos vereitelt.

15 BROT UND WASSER
    Mullah Omar schickte eine Delegation nach Tora Bora, um Bin Laden zu begrüßen und mehr über ihn herauszufinden. Bin Ladens Kriegserklärung und der Sturm, den sie in den internationalen Medien ausgelöst hatte, hatten die Taliban geschockt und gespalten. Einige fühlten sich nicht verpflichtet, diesem Mann, der ihre Beziehungen zu anderen Ländern bedrohte, Schutz zu gewähren, denn sie hatten Bin Laden nicht nach Afghanistan eingeladen. Zu jener Zeit gab es keine Konfrontation zwischen den Taliban und den Vereinigten Staaten, die den Beitrag der Taliban zur Stabilisierung des Landes befürworteten. Ein weiteres Problem war, dass Bin Ladens Angriffe auf die saudische Königsfamilie direkt gegen eine Abmachung zwischen Mullah Omar und Prinz Turki verstießen: Omar hatte versprochen, seinen Gast unter Kontrolle zu halten.
    Auf der anderen Seite hofften die Taliban, dass Bin Laden beim Aufbau der zerstörten afghanischen Infrastruktur helfen und Arbeitsplätze schaffen werde, um die daniederliegende Wirtschaft des Landes wieder aufzubauen. Sie schmeichelten ihm mit der Erklärung, ihre Lage sei jener der Anhänger Mohammeds vergleichbar, die den bedrängten Propheten in Medina beherbergt hatten. 1 Bin Laden sei in Afghanistan willkommen, solange er darauf verzichte, ihre saudischen Geldgeber anzugreifen und sich in den Medien zu produzieren. Im Gegenzug unterstützte Bin Laden die Herrschaft der Taliban vorbehaltlos; doch er missbrauchte das Vertrauen seiner Gastgeber sofort. 2
    Im März 1997 wurde ein Team des Fernsehsenders CNN in die kalten Berge oberhalb von Dschalalabad gebracht, wo die Journalisten in einer Lehmhütte Osama Bin Laden trafen. 3 Seit seiner Ankunft in Afghanistan hatte der Exil-Saudi bereits mit Reportern der in London ansässigen Zeitungen The Independent und Al-Quds al-Arabi gesprochen, aber dies war sein erstes Fernsehinterview überhaupt. Dem Produzenten Peter Bergen fiel auf, dass Bin Laden anscheinend krank war. Er stützte sich beim Gehen auf einen Krückstock und hustete während des Interviews wiederholt.
    Es ist möglich, dass Bin Laden bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Amerikaner und auch sonst niemanden getötet hatte, es sei denn auf dem Schlachtfeld. Die Anschläge in Aden, Somalia, Riad und Dhahran hatte er vielleicht inspiriert, aber es wurde nie bewiesen, dass er diese Aktionen angeordnet hatte. Obwohl Ramsi Jussef in einem Lager von al-Qaida ausgebildet worden war, hatte man Bin Laden nicht mit dem Bombenanschlag auf das World Trade Center im Jahr 1993 in Verbindung gebracht. Nun

Weitere Kostenlose Bücher