Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
zitierte Bin Laden nach Kandahar. 4 Es war nicht ganz klar, ob sich Bin Laden als Verbündeter oder Rivale erweisen würde. In keinem Fall konnte es sich Omar leisten, ihn in Dschalalabad zu lassen, am anderen Ende des Landes, in einem Gebiet, das die Taliban kaum kontrollierten. Es lag auf der Hand, dass der gesprächige Saudi an die Kandare genommen oder ausgewiesen werden musste.
Die beiden Männer trafen sich am Flughafen von Kandahar. Omar teilte Bin Laden mit, der Geheimdienst der Taliban habe Hinweise auf einen Plan von Söldnern einiger Stammesfürsten, Osama zu entführen. 5 Gleichgültig, ob die Geschichte zutraf oder nicht; sie lieferte Mullah Omar einen Vorwand, Bin Laden zu befehlen, mit seiner Gefolgschaft aus Dschalalabad nach Kandahar zu kommen, wo ihn die Taliban beaufsichtigen konnten. Omar sicherte Bin Laden seinen persönlichen Schutz zu, machte ihm jedoch klar, dass er aufhören müsse, Interviews zu geben. Bin Laden erklärte, er habe sich bereits entschlossen, seine Medienkampagne einzustellen.
Drei Tage später ließ Bin Laden seine Angehörigen und Gefolgsleute nach Kandahar ausfliegen. Er selbst folgte im Auto. Einmal mehr war seine gesamte Bewegung entwurzelt worden, einmal mehr entglitten entmutigte Anhänger seiner Kontrolle. Bin Laden und al-Qaida hatten nun die Wahl zwischen zwei Unterkünften: Sie konnten einen für die Angestellten der Elektrizitätsgesellschaft errichteten Wohnkomplex beziehen, in dem sie sämtliche notwendigen Installationen vorfinden würden, oder sie konnten sich in einem verlassenen landwirtschaftlichen Betrieb namens Tarnak niederlassen, wo es nicht einmal fließendes Wasser gab. Bin Laden wählte den heruntergekommenen Hof. „Wir wollen ein einfaches Leben führen“, sagte er. 6
Hinter den drei Meter hohen Mauern der Anlage verbargen sich etwa 80 Gebäude, die teils aus Lehm, teils aus Beton waren: Schlafräume, eine kleine Moschee, Lagerräume und ein verfallenes sechsstöckiges Bürogebäude. 7 Die drei Frauen von Bin Laden wurden in einem eingefriedeten Hof untergebracht, wo sie nach Aussage eines Leibwächters von Bin Laden „in vollkommener Harmonie“zusammenlebten. 8 Außerhalb der Mauern stationierten die Taliban zwei sowjetische T-55-Panzer. 9
Wie immer schöpfte Bin Laden Kraft aus der Entbehrung und schien nicht zu bemerken, wie die Menschen in seiner Umgebung unter solchen Lebensumständen litten. Als sich ein jemenitischer Dschihadi namens Abu Dschandal mit der Klage an ihn wandte, seine Männer hätten nichts zu essen, erklärte ihm Bin Laden: „Dschandal, mein Sohn, wir haben noch nicht den Zustand der Gefährten des Propheten erreicht, die sich Steine um den Bauch banden. Der Bote Allahs verwendete zwei Steine!“
„Der Glaube jener Männer war unerschütterlich, und Gott wollte sie prüfen“, hielt ihm Abu Dschandal entgegen. „Wir hingegen haben gesündigt, und Gott würde uns nicht auf die Probe stellen.“
Bin Laden lachte.
Die Mahlzeiten waren oft nicht mehr als trockenes Brot und Quellwasser. Bin Laden tauchte das harte Brot in das Wasser und sagte, „Gott sei gepriesen. Wir haben Nahrung, während sich Millionen andere wünschen, etwas wie dies zu essen zu haben.“ 10 Es gab kaum Geld für Vorräte. Einer der Araber wandte sich mit der Bitte um Geld an Bin Laden, weil er aufgrund einer Notsituation ins Ausland reisen musste. Bin Laden ging ins Haus, sammelte alles Geld ein, das er finden konnte, und kehrte mit etwa 100 Dollar zurück. Als er sah, dass Bin Laden die Reserven aufzehrte, beklagte sich Abu Dschandal: „Warum hast Du nicht einen Teil des Geldes für uns übrig gelassen? Diejenigen, die bleiben, haben es mehr verdient als jene, die fortgehen.“Bin Laden erwiderte: „Macht euch keine Sorgen. Wir werden erhalten, was wir zum Leben brauchen.“Doch in den folgenden fünf Tagen gab es nichts zu essen außer den grünen Granatäpfeln, die um das Haus von Bin Laden wuchsen. „Wir aßen dreimal täglich rohe Granatäpfel mit Brot“, erinnert sich Abu Dschandal.
NACHDEM SAWAHIRI 1996 den Sudan verlassen hatte, verwandelte er sich in ein Phantom. Ägyptische Geheimagenten verfolgten seine Spur in die Schweiz und anschließend nach Sarajewo. 11 Angeblich suchte er in Bulgarien um Asyl an, 12 aber eine ägyptische Zeitung meldete, dass er in der Schweiz ein luxuriöses Leben in einer Villa nahe der französischen Grenze führe und 30 Millionen Dollar auf einem Geheimkonto liegen habe. 13 Zur selben Zeit war Sawahiri
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