Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
der nominelle Herausgeber des al-Dschihad-Organs Al-Mudschahidin, das seine Redaktion in Kopenhagen hatte. 14 Weder der schweizerische noch der dänische Geheimdienst haben Informationen darüber, dass sich Sawahiri in dieser Zeit tatsächlich in einem der beiden Länder aufgehalten hat. Aus einem von ihm verwendeten falschen Reisepass geht hervor, dass er nach Malaysia, Taiwan, Singapur und Hongkong gereist ist. 15 Berichten zufolge führte er in den Niederlanden Gespräche über den Aufbau eines Satellitenfernsehsenders. Er behauptete, die Unterstützung reicher Araber zu genießen, die eine islamistische Alternative zum kurz zuvor in Katar ins Leben gerufenen Sender al-Dschasira aufbauen wollten. Sawahiri hatte vor, täglich zehn Stunden in Europa und dem Nahen Osten zu senden, wobei nur männliche Fernsehmoderatoren eingesetzt werden sollten. 16 Das Vorhaben wurde jedoch nicht weiterverfolgt.
Sawahiri reiste auch nach Tschetschenien, wo er eine neue Heimatbasis für al-Dschihad aufbauen wollte. „Die Bedingungen dort waren hervorragend“, schrieb er in einem Memorandum an seine Mitstreiter. 17 Die Russen hatten begonnen, sich aus Tschetschenien zurückzuziehen, nachdem sie Anfang des Jahres einen Waffenstillstand mit den Führern der überwiegend von Muslimen bewohnten aufständischen Provinz geschlossen hatten. Die Islamisten hofften, in Tschetschenien eine islamische Republik im Kaukasus errichten zu können, von der aus der heilige Krieg nach Zentralasien getragen werden sollte. „Wenn die Tschetschenen und andere kaukasische Mudschahidin die Ufer des ölreichen Kaspischen Meers erreichen, wird sie nur noch der neutrale Staat Turkmenistan von Afghanistan trennen“, schrieb Sawahiri. 18 „So werden die Gotteskrieger einen Gürtel entlang des Südens Russlands bilden, der im Osten mit Pakistan verbunden wird, wo es von Mudschahidin-Bewegungen wimmelt, die in Kaschmir kämpfen.“So würde das Kalifat wieder erstehen. Die Welt, von der Sahawiri träumte, schien greifbar nahe zu sein.
Um vier Uhr morgens am 1. Dezember 1996 überquerte Sawahiri in einem Kleinbus die russische Grenze. Er befand sich in Begleitung von zwei engen Vertrauten, Mahmud Hischam al-Hennawi und Ahmed Salama Mabruk, der die Zelle von al-Dschihad in Aserbaidschan leitete. Da sie ohne Visa reisten, wurden sie an einer Straßensperre aufgehalten und dem FSB übergeben. Man machte ihnen wegen illegalen Grenzübertritts den Prozess. Sawahiri hatte vier Reisepässe verschiedener Länder bei sich, die auf unterschiedliche Namen lauteten. 19 Es gelang den Russen nie, seine wahre Identität festzustellen. Die Beamten fanden 6400 Dollar in bar sowie weitere gefälschte Dokumente bei ihm, darunter Diplome der medizinischen Fakultät der Universität Kairo, die auf einen „Herrn Amin“ausgestellt waren. Zudem hatte er einige medizinische Lehrbücher, einen Laptop, ein Faxgerät und ein Satellitentelefon bei sich. Vor Gericht gab sich Sawahiri als sudanesischer Händler aus. Er behauptete, sich des illegalen Grenzübertritts nicht bewusst gewesen zu sein, und behauptete, nach Russland gekommen zu sein, „um die Preise von Leder, Medikamenten und anderen Waren in Erfahrung zu bringen“. Der Richter verurteilte ihn und seine Begleiter zu sechs Monaten Gefängnis. Als ihr Prozess begann, hatten sie ihre Haftstrafe beinahe abgesessen, und wenige Wochen später brachte man sie zur Grenze von Aserbaidschan und ließ sie ziehen. „Gott machte sie blind für unsere Identität“, 20 verkündete Sawahiri nach seiner Rückkehr seinen verärgerten Gefolgsleuten, die sich gefragt hatten, wo er abgeblieben war.
Dieser Fehlschlag hatte bedeutsame Konsequenzen. Da immer mehr seiner Anhänger von ihm abfielen und da er keine wirklichen Einnahmequellen hatte, blieb Sawahiri nichts anderes übrig, als sich nach Kandahar zu begeben und sich Bin Laden anzuschließen. Beide Männer sahen die Vorteile einer Verbindung. Sowohl al-Qaida als auch al-Dschihad hatten seit ihren glücklichen Jugendtagen im Sudan Federn lassen müssen. Doch der pakistanische Geheimdienst ISI hatte die Taliban dazu bewegt, die Ausbildungslager von al-Qaida in Khost und an anderen Orten wieder Bin Ladens Kontrolle zu unterstellen, um Militante für den Kampf in Kaschmir auszubilden. Dank der Subventionierung durch den ISI hatten sich die Ausbildungslager in eine wichtige Einnahmequelle verwandelt. 21 Zudem konnte Bin Laden immer noch auf einige seiner Geldgeber aus den Tagen des Dschihad
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