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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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gegen die Sowjets zählen. So erzielte seine Organisation zumindest bescheidene Einnahmen, die Bin Laden in die Lage versetzten, einige teure Fahrzeuge für Mullah Omar und dessen Kommandeure zu kaufen, was diese milder stimmte. 22 Trotz der weiterhin kritischen finanziellen Lage glaubte Sawahiri, dass es ihm an Bin Ladens Seite besser ergehen würde als auf sich allein gestellt.
     
    VIELE DER ÄGYPTER sammelten sich in Afghanistan, darunter Abu Hafs, den man zum Militärchef von al-Qaida ernannt hatte, nachdem Abu Ubajdah ertrunken war. Al-Qaida konnte nur ein Gehalt von 100 Dollar im Monat zahlen, die Hälfte von dem, was die Organisation im Sudan bezahlt hatte. 23 Es kamen die Führer von Gamaa Islamija (Islamische Vereinigung) sowie einige andere Islamisten aus Pakistan und Bangladesch. Zunächst sammelten sie sich in Dschalalabad in demselben Gebäudekomplex, in dem auch die al-Qaida-Familien - insgesamt etwa 250 Personen - untergebracht waren. 24 Die meisten von ihnen folgten Bin Laden nach Kandahar. Sie litten unter dem Elend, dem erbärmlichen Essen, dem ungesunden Wasser und vor allem unter dem Fehlen sanitärer Anlagen. Hepatitis und Malaria grassierten. „Dieser Ort ist schlimmer als ein Grab“, schrieb einer der Ägypter in die Heimat. 25 Schließlich gesellte sich ihr Führer Sawahiri zu ihnen.
    Da es in Afghanistan keinen Schulunterricht mehr gab, waren die Kinder oft sich selbst überlassen. Sajnab Ahmed Chadr, die willensstarke Tochter eines prominenten Anhängers von Sawahiri, war kanadische Staatsbürgerin. Sie war erbost, als ihre Familie Peschawar verließ, wo sie 15 ihrer 18 Lebensjahre unter angenehmen Bedingungen verbracht hatte. Afghanistan lag direkt hinter dem steilen Gebirgszug, der den Sonnenuntergang verdeckte, doch das Land schien in einem anderen Jahrhundert zu leben. Obwohl sie sich bereits vollkommen verhüllte, ja sogar Handschuhe trug und ihr Gesicht hinter einem Nikab versteckte, verabscheute sie die Burka, die die afghanischen Frauen tragen mussten. Ihre Eltern versprachen ihr, sie werde in diesem Land glücklich sein, denn dort werde der wahre Islam praktiziert. Sie werde bald neue Freunde finden und ihre Schulkameraden in Pakistan vergessen. Sajnab erklärte übellaunig, sie wolle keine Freunde finden.
    Zwei Tage später teilte ihre Mutter ihr mit, dass sie die Bin Ladens kennen lernen würden. „Ich will niemanden kennen lernen!“, erwiderte Sajnab trotzig.
    „Wenn du dich nicht benimmst, wirst du niemals nach Peschawar zurückkehren“, sagte ihr Vater ungeduldig.
    Schließlich schloss Sajnab eine enge Freundschaft mit Bin Ladens Töchtern. Fatima, die Älteste, die im Jahr 1997 14 Jahre alt war, war die Tochter von Umm Abdullah, und die 13-jährige Chadija war die Tochter von Umm Chaled. (Fatima war der Name einer der Töchter des Propheten, und Chadija der seiner ersten Frau.) Sajnab fand sich mit dem Altersunterschied zu den Töchtern Bin Laden ab, denn in dieser winzigen Gemeinschaft gab es nur wenige Mädchen.
    Bin Ladens drei Frauen und ihre Kinder lebten in mehreren Häusern innerhalb ihres eingefriedeten Hofes. Sämtliche Kinder von al-Qaida liefen in Lumpen umher, und die Bemühungen um ein Mindestmaß an Reinlichkeit waren oft vergebens. Sajnab stellte fest, dass die Häuser Bin Ladens allesamt sauber, jedoch sehr unterschiedlich waren. Umm Abdullah war ungebildet, aber vergnügt und gutherzig, und sie liebte es, das Haus zu dekorieren. Auch die anderen beiden Frauen hielten ihr Haus sauber, aber das von Umm Abdullah war obendrein schön. Sie schmückte es mit Blumen und Postern, und für die jüngeren Kinder gab es Malbücher. Ihre Tochter Fatima musste sehr viel putzen, wie Sajnab beobachtete, da die Mutter „nicht zur Arbeit erzogen worden war.“
    Fatima war vergnügt, aber nicht allzu schnell von Begriff. Sie vertraute Sajnab an, dass sie keinen der Männer aus der Umgebung ihres Vaters heiraten werde, da sie „in der ganzen Welt gejagt“würden.
    „Es wäre ein Verbrechen von einem dieser Männer, dich zu heiraten, Fatima“, sagte Sajnab.
    „Oh, du hast Recht.“
    Sajnab scherzte nicht. In der Welt, in der diese Mädchen lebten, war die Ehe nicht einfach eine Bindung zwischen zwei Personen, sondern eine Verbindung von Familien. Sajnab hatte den Eindruck, es sei Fatima nicht bewusst, wer sie war. (Selbstverständlich hatte Fatima keinen Einfluss auf die Wahl ihres Ehemanns; der Mann, mit dem sie schließlich verheiratet wurde - einer von Bin Ladens

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