Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Gefolgsleuten - wurde vier Jahre später bei der Evakuierung von Kandahar getötet.)
Das Leben im Haus von Umm Chaled sah ganz anders aus: Es war ruhiger und strikter geregelt. Anders als Umm Abdullah versuchte Umm Chaled, ihren drei Töchtern und ihrem Sohn ein wenig Bildung angedeihen zu lassen. Für die arabischen Jungen wurde eine Schule auf dem Gelände eingerichtet, während die Mädchen zu Hause lernten. Umm Chaled, die einen Doktortitel in Arabistik besaß, studierte mit Sajnab arabische Grammatik, und sie half den Mädchen oft bei der Vorbereitung des Abendessens. Bin Laden widmete seinen Töchtern jeden Tag Zeit und unterrichtete sie in Mathematik und Naturwissenschaften. Manchmal fragte er sie ab, um sicherzugehen, dass sie aufpassten.
Umm Chaleds älteste Tochter Chadija las gerne Geschichtsbücher und Biographien. In Sajnabs Augen war keines der Kinder richtig gebildet, doch Chadija hielt sie für „sehr, sehr intelligent“.
Umm Hamsa hatte nur ein Kind (einen Sohn), aber nach Sajnabs Meinung war sie „die beste“der drei Frauen. Sie war auch die älteste, sieben Jahre älter als ihr Ehemann. Sie sah schlecht und hatte eine zerbrechliche Gesundheit. Sie hatte zahlreiche Fehlgeburten gehabt. Als Frau aus einer wohlhabenden und angesehenen saudi-arabischen Familie strahlte sie Erhabenheit aus, aber sie war der islamistischen Sache vollkommen ergeben. Als Bin Laden um ihre Hand angehalten hatte, war Umm Hamsas Familie zutiefst beleidigt gewesen, da sie seine zweite Frau sein würde. Dennoch hatte sie den Antrag angenommen, da sie einen wirklichen Mudschahid heiraten wollte. Umm Hamsa war sehr beliebt in der Qaida-Gemeinschaft. Die anderen Frauen konnten sich mit Fragen an sie wenden, und sie sprach mit ihnen, als hätten ihre Probleme Bedeutung für sie. „Wir wussten, dass die Dinge um uns einstürzen konnten, und wir waren niedergeschlagen“, sagt Sajnab. „Doch Umm Hamsa richtete uns immer wieder auf.“
Bin Laden war ebenfalls auf sie angewiesen. Obwohl er versuchte, nach Maßgabe des Korans keine Unterschiede zwischen seinen Frauen zu machen, war allgemein bekannt, dass Umm Hamsa seine Favoritin war. Sie war nicht schön, aber klug und ergeben. Ihr Haus war stets das sauberste. Sie hatte ein Bett und einen Kasten, in dem sie alle ihre Kleider aufbewahrte. An der Tür hing stets ein sauberes Schalwar Kamis (das typische afghanische Gewand) für Bin Laden bereit. Im Badezimmer stand auf einem kleinen Regal je eine Flasche Parfüm für sie und ihren Ehemann.
Umm Abdullah war extrem eifersüchtig auf die Beziehung zwischen Bin Laden und Umm Hamsa. Eigentlich nahm Umm Abdullah den ersten Rang unter den Ehefrauen ein und war die Mutter von elf Kindern Bin Ladens. Aber sie war auch die jüngste und am wenigsten gebildete seiner Frauen. Ihr einziger Vorzug war ihre Schönheit, und sie bemühte sich sehr, ihre Attraktivität zu wahren. Wann immer andere Frauen verreisten, insbesondere in westliche Länder, gab ihnen Umm Abdullah eine Einkaufsliste mit, die Markenkosmetika und Dessous umfasste. Sie bevorzugte amerikanische Produkte, deren Kauf niemand anderer im Lager auch nur in Erwägung gezogen hätte. Die Frauen Bin Ladens lebten in einem kleinen Innenhof innerhalb des abgezäunten Geländes und Umm Abdullah zog sich oft einen Trainingsanzug an und drehte mehrere Runden um die Anlage, in der die Frauen lebten, um sich in Form zu halten. „Sie stritt unentwegt mit Osama“, erinnerte sich ihre Freundin Maha Elsamneh. „Ich sagte ihr: Dieser Mann kann jeden Augenblick aus deinem Leben gerissen werden. Du solltest seine Gegenwart genießen, solange er da ist. Verderbe ihm nicht immer die gute Laune, wenn er mit dir zusammen ist.“
Die Mädchen spielten einander so manchen kindischen Streich. Einmal wollte Fatima verhindern, dass Sajnab nach Hause ging, und bewegte ihre jüngere Schwester Iman dazu, Sajnabs Schuhe und ihre Kopfbedeckung zu verstecken, sodass sie den Zapfenstreich verpasste und die Nacht in Fatimas Haus verbringen musste.
Bin Ladens Kinder erlebten ihren Vater nicht annähernd so fromm und unnachgiebig wie die übrige Gemeinschaft. Als sich Fatima einmal mehrere Musikkassetten ausleihen wollte, sagte Sajnab zu ihr: „Aber nur unter einer Bedingung: Dein Vater darf sie nicht hören, denn manche Männer sind sehr streng.“
„Mein Vater wird sie nicht zerstören“, hielt ihr Fatima entgegen. „Er ist nicht wirklich so streng. Er gibt sich nur so vor den anderen
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