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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Männern.“
    Sajnab war völlig verblüfft. „Er hört sich Musik an?“, fragte sie.
    „Oh ja, er hat nichts dagegen.“
    Der Pferdeliebhaber Bin Laden hatte eine Sammlung von Büchern zu diesem Thema in Umm Chaleds Haus und duldete sogar Abbildungen von Pferden in Malbüchern und auf Kalendern, obwohl in keinem anderen Haus der Gemeinschaft Bilder an den Wänden erlaubt waren. Daraus zog Sajnab den Schluss, der Scheich sei „durchaus geistig offen“.
    Die älteren Söhne Bin Ladens hielten sich üblicherweise mit ihrem Vater im nahe gelegenen Tora Bora auf. Die Teenager lebten in einer seltsamen Atmosphäre, in der sich Langeweile mit Todesgefahr mischte. Anders als die Mädchen hatten die Jungen die Möglichkeit, die Schule zu besuchen, wo sie jedoch kaum etwas anderes taten, als den ganzen Tag den Koran auswendig zu lernen. Bin Laden ließ seine jüngeren Söhne Nintendo spielen, da es kaum andere Unterhaltung für sie gab. 26 Die Jungen waren ziemlich wild und neigten zu unbedachtem Verhalten, um der Monotonie des Alltags zu entkommen. Einer von Sajnabs jüngeren Brüdern, Abdul Rahman, freundete sich mit Osama Bin Ladens gleichnamigem Sohn an. Diese beiden waren die einzigen Jungen auf dem Gelände, deren Väter es sich leisten konnten, ihnen ein Pferd zu kaufen. Manchmal verzichteten sie darauf, reiten zu gehen, sondern stachelten ihre Tiere zum Kämpfen auf. Das Pferd von Abdul Rahman Bin Laden war ein rassiger Araberhengst, aber als Abdul Rahman Chadr ein stärkeres Pferd mitbrachte, das den Hengst von Bin Ladens Sohn beinahe tötete, lud dieser sein Gewehr und legte auf Chadr an. Er drohte, ihn zu erschießen, sollte er sein Pferd nicht unter Kontrolle bringen. Es hing ständig die Gefahr von Mord und Verstümmelungen in der Luft.
    Nachmittags spielten die Jungen oft Volleyball, und Osama schloss sich ihnen manchmal an. Er erfreute sich anscheinend einer ausgezeichneten Gesundheit. Einmal kaufte er den Taliban ein Pferd ab, das angeblich von Ahmed Schah Massud erbeutet worden war. Es war ein großer goldbrauner Hengst mit drei weißen Fesseln. Niemand vermochte ihn zu bändigen, bis sich Bin Laden auf seinen Rücken schwang und davongaloppierte. Als er 25 Minuten später zurückkehrte, hatte er das Pferd völlig unter Kontrolle.
    Die Männer, die in der übrigen Welt eine übergroße Furcht und Abscheu weckten, wirkten in ihren eigenen Häusern nicht ganz so entsetzlich. Dort tobten sie mit den Kindern und halfen ihnen bei den Hausaufgaben. Sajnab erinnert sich an eine Gelegenheit, bei der sich ihre Familie im Haus der Sawahiris in Kandahar aufhielt, als der Herr des Hauses mit seiner Maschinenpistole in der Hand hereinkam. Als Sawahiri die Treppe hinaufging, klammerte sich Sajnabs zehnjähriger Bruder an seine Beine und bettelte um die Waffe. „Warte, bis wir im Zimmer sind, Abdul Karim!“, rief Sawahiri. Doch der Junge ließ nicht von ihm ab, sondern bettelte weiter und versuchte, die Waffe zu fassen zu bekommen. Schließlich gab Sawahiri nach und ließ den Jungen die Maschinenpistole untersuchen. In den Augen Sajnabs und der anderen war dies eine Geste der Zärtlichkeit. „Und diesen Mann stellen sie dar, als wäre er ein Monster!“
    Die vier Töchter Sawahiris waren aufgeweckt, offenherzig und schön, insbesondere Nabila. Als sie zwölf Jahre alt war, begannen die Frauen im Lager, die nach Bräuten für ihre Söhne Ausschau hielten, großes Interesse an ihnen zu zeigen. Mohammed, der einzige Sohn Sawahiris, war ebenfalls sehr attraktiv und wurde von seinen älteren Schwestern verhätschelt. Doch als er älter wurde, begann er mehr Zeit mit den Männern und seinen Klassenkameraden zu verbringen. Dies war eine raue Umgebung für einen derart feinsinnigen, wohlerzogenen Jungen, und er wurde unentwegt gehänselt und drangsaliert. So blieb er lieber zu Hause und half seiner Mutter.
    Die Sawahari-Mädchen spielten und turnten viel miteinander. Ihre Mutter Assa veranstaltete gerne kleine Feiern, obwohl sie ihren Gästen wenig anbieten konnte - manchmal war es nicht mehr als Nudeln und Tomaten. 27 Als Sajnab die Sawahiris anlässlich der Verlobung ihrer zweiten Tochter Umajma besuchte, plauderten die Mädchen vom Frühstück über das Mittagessen bis zum Abendbrot. Noch am späten Abend sangen sie gemeinsam und machten einen derart großen Lärm, dass sie nicht hörten, wie Dr. Ajman al-Sawahiri an die Tür klopfte, um sie aufzufordern, leiser zu sein. „Ich dachte: Dieser Mann versetzt die ganze Welt

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