Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
einige der Auszubildenden im Unterricht machten, geben Aufschluss über die utopischen Ziele der Organisation: 7
1. Durchsetzung der Herrschaft Gottes auf Erden.
2. Märtyrertod für die Sache Gottes.
3. Reinigung aller Schichten des Islams von der Verdorbenheit.
Diese drei klar formulierten Ziele machten al-Qaidas Reiz aus und zeigten zugleich ihre Beschränkungen. Diese Vorhaben sprachen Idealisten an, die nicht auf den Gedanken kamen zu fragen, wie Gottes Herrschaft in den Händen von Männern aussehen würde, deren einziges politisches Ziel darin bestand, die Religion zu reinigen. Der Tod blieb das verlockendste persönliche Ziel für viele dieser Rekruten.
Sie studierten frühere Terroraktionen, und zwar sowohl die erfolgreichen - etwa die Anschläge auf die Botschaften in Kenia und Tansania - als auch die Fehlschläge, zu denen beispielsweise der Mordanschlag auf Mubarak zählte. Ihr Unterrichtsmaterial war ein 180 Seiten langes Handbuch mit dem Titel Militärische Studien zum heiligen Krieg gegen die Tyrannen , in dem Themen wie Geldfälschen, Waffentechnik, Sicherheit und Spionage abgehandelt wurden. „In der Auseinandersetzung mit den vom Glauben abgefallenen Regimen gibt es keine sokratischen Debatten … keine platonischen Ideale … und keine aristotelische Diplomatie“, heißt es in der Einleitung des Handbuchs. „In dieser Auseinandersetzung gibt es nur die Sprache der Kugeln, die Ideale des Mordes, der Bomben und der Zerstörung sowie die Diplomatie der Kanonen und der Maschinengewehre.“
Die Ausbildung bestand aus drei Phasen. 8 Die neuen Rekruten mussten sich zunächst in einer 15-tägigen, extrem harten Ausbildung schleifen lassen. Man trieb sie zur totalen Erschöpfung und gönnte ihnen nur in einigen Nächten ein paar Stunden Schlaf. In der zweiten Phase, die 45 Tage dauerte, erhielten sie eine militärische Grundausbildung, die eine Unterweisung im Kartenlesen, Gräbenausheben, in der Orientierung an den Himmelskörpern und im Einsatz verschiedenster Waffen umfasste, darunter leichte Maschinengewehre, Claymore-Minen, Mörser, Granatwerfer und Luftabwehrraketen. Die Ziele waren stets amerikanisch, entweder US-Soldaten oder Fahrzeuge. Aber es gab noch weitere „Feinde des Islams“, wie aus der Mitschrift eines Studenten in einem Ideologiekurs von al-Qaida hervorgeht: 9
1. Häretiker (die Mubaraks dieser Welt)
2. Schiiten
3. Amerika
4. Israel
Die Vielfalt der Feinde sollte stets eine Belastung für al-Qaida sein, insbesondere, als neue Akteure mit unterschiedlichen Prioritäten auf der Bildfläche erschienen.
Wer die zweite Phase hinter sich gebracht hatte, konnte sich im Guerillakrieg ausbilden lassen. Auch dieser Lehrgang dauerte 45 Tage. Es gab auf Flugzeugentführungen und Spionage spezialisierte Lager und einen zehntägigen Kurs in Mordtechniken. Ein al-Qaida-Trainee schrieb in sein Tagebuch, er habe an einem Tag gelernt, „von einem Motorrad aus eine Persönlichkeit und ihren Leibwächter zu erschießen“, und am nächsten Tag geübt, „von oben, von vorn und von hinten auf zwei Ziele in einem Auto zu schießen“. 10 Ein anderes Lager war auf den Bombenbau spezialisiert, und ein weiteres, das so genannte Kamikaze-Lager, war Selbstmordattentätern vorbehalten, die spezifische weiße oder graue Kleidung trugen, allein lebten und mit niemandem sprachen. 11
Es gab eine gut sortierte Bibliothek militärischer Literatur, die auch The Revolt beinhaltete, die Autobiographie des israelischen Terroristen und späteren Ministerpräsidenten Menachem Begin. Ein weiteres Buch, dessen Thema der Aufbau der schnellen Eingreiftruppe der U.S. Marines war, enthielt die Schilderung eines Szenarios, in dem ein mit Flüssiggas gefüllter Tanker in der Straße von Hormus im Persischen Golf in die Luft gesprengt wurde, was einen massiven Anstieg des Ölpreises nach sich zog. Die Auszubildenden waren gefesselt von dieser Vorstellung und verbrachten viel Zeit mit der Planung einer solchen Operation. Abends sahen sie sich oft Hollywood-Thriller an, um sich Anregungen zu holen. Besonders beliebt waren die Filme mit Arnold Schwarzenegger. 12
Sawahiris spezielles Interesse galt dem Einsatz biologischer und chemischer Waffen. Er erklärte, „die Zerstörungskraft dieser Waffen ist nicht geringer als die von Atomwaffen“. 13 Er richtete ein Programm mit dem Codenamen Sabadi („Sauermilch“) ein, um den Einsatz nicht konventioneller Methoden des Massenmordes zu studieren, und durchforstete
Weitere Kostenlose Bücher