Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
Vom Netzwerk:
zusammen mit dem Vizepräsidenten. Dennoch erwiderte Ajman: „Wir wollen nicht von einem Mann mitgenommen werden, der an einem Gericht mitgewirkt hat, das Muslime umgebracht hat.“ 9
    Dass Sawahiri schon als junger Mann eine solch trotzige Haltung gegenüber der Obrigkeit an den Tag gelegt hat, zeugt von seiner Furchtlosigkeit und seinem Selbstbewusstsein sowie von einem unerschütterlichen Glauben an die Richtigkeit der eigenen Anschauungen - Wesensmerkmale, die ihm künftig immer wieder zugeschrieben werden sollten und die ihn in Konflikt bringen sollten mit fast allen Menschen, denen er begegnete. Zudem wurde er durch die Verachtung, die er der autoritären säkularen Regierung entgegenbrachte, zwangsläufig zu einem politischen Außenseiter. Diese rebellischen Eigenschaften wurden durch eine tief empfundene Mission gebündelt und auf ein Ziel ausgerichtet: Qutbs Vision in die Realität umzusetzen.
    „Das nasseristische Regime glaubte, der islamischen Bewegung durch die Hinrichtung von Sajid Qutb und seiner Kameraden einen vernichtenden Schlag versetzt zu haben“, schrieb Sawahiri später. „Doch die oberflächliche Ruhe überdeckte nur die Tatsache, dass die Ideen von Sajid Qutb unmittelbar weiterwirkten und den Kern der modernen dschihadistischen Bewegung in Ägypten entstehen ließen.“ 10 Und tatsächlich war Ajman al-Sawahiri im selben Jahr, in dem Sajid Qutb zum Galgen geführt wurde, an der Gründung einer Untergrundzelle beteiligt, die sich den Sturz der Regierung und die Errichtung eines islamistischen Gottesstaates zum Ziel setzte. Er war damals 15 Jahre alt.
     
    „WIR WAREN eine Gruppe von Schülern von der Maadi-Oberschule und anderen Schulen“, gab Sawahiri später zu Protokoll. Die Mitglieder der Zelle trafen sich gewöhnlich bei einem von ihnen zu Hause; manchmal kamen sie auch in Moscheen zusammen und gingen dann in einen Park oder einen ruhigen Platz an der Straße entlang des Nils. Am Anfang waren sie zu fünft, und schon bald wurde Sawahiri ihr Emir oder Anführer. Er warb beharrlich um weitere Mitstreiter für eine Sache, die praktisch aussichtslos schien und bei der sie alle ihr Leben verlieren konnten. „Unsere Mittel entsprachen nicht unseren Zielen“, räumte er in seiner Erklärung ein. Niemals jedoch stellte er seine Entscheidung in Frage.
    Ihr Wohlstand und ihre gesellschaftliche Position, die sie vor den politischen Launen der Königsfamilie geschützt hatten, machten die Einwohner von Maadi im revolutionären Ägypten zum Ziel von Verfolgungen. Eltern hatten Angst, ihre Ansichten selbst vor den Kindern zu äußern. 11 Gleichzeitig entstanden im ganzen Land Untergrundgruppen wie jene von Sawahiri. Diese Gruppen, die meist aus ruhelosen und enttäuschten Schülern oder Studenten bestanden, waren klein, schlecht organisiert und wussten häufig nichts voneinander. Dann kam 1967 der Krieg gegen Israel.
    Nachdem Nasser Israel jahrelang verbal angegriffen hatte, verlangte er nun den Abzug der UN-Friedenstruppen auf dem Sinai und sperrte die Straße von Tiran für israelische Schiffe. Israel antwortete mit einem machtvollen Präventivschlag, bei dem die gesamte ägyptische Luftwaffe binnen zwei Stunden zerstört wurde. Als Jordanien, der Irak und Syrien mit in den Krieg gegen Israel eintraten, wurden auch deren Luftwaffen an einem Nachmittag ausgelöscht. In den folgenden Tagen eroberte Israel die gesamte Sinai-Halbinsel, das Westjordanland und die Golanhöhen und überrannte die arabischen Armeen an allen Fronten. Das war ein psychologischer Wendepunkt in der modernen Geschichte des Nahen Ostens. Die Schnelligkeit und die Eindeutigkeit des israelischen Sieges im Sechstagekrieg erlebten viele Muslime als eine tiefe Demütigung, nachdem sie bis dahin geglaubt hatten, dass Gott auf ihrer Seite stehe. Sie hatten nicht nur ihre Armeen und große Gebiete verloren, sondern auch den Glauben an ihre politischen Führer, ihre Staaten und an sich selbst. Dieses erschütternde Debakel gab dem islamischen Fundamentalismus in der gesamten Region enormen Auftrieb. In den Moscheen meldete sich eine neue schrille Stimme zu Wort; sie erklärte, die Araber seien nicht durch das winzige Israel geschlagen worden, sondern durch eine viel größere, stärkere Kraft. Gott habe sich gegen die Muslime gewendet. Der einzige Weg zurück zu ihm bestehe in der Rückbesinnung auf die reine Religion. Diese Stimme antwortete auf die Verzweiflung mit einer einfachen Formel: Der Islam ist die Lösung.
    Dieser Parole

Weitere Kostenlose Bücher