Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
respektablen Stammbaums bezogen Dr. Sawahiri und seine Frau eine Wohnung in der 100. Straße, auf der baladi- Seite der Bahngleise. Später mieteten sie ein Zweifamilienhaus mit der Hausnummer 10 in der 154. Straße in der Nähe des Bahnhofs. Die feine Gesellschaft von Maadi interessierte sie nicht. Sie waren religiös, aber nicht übermäßig fromm. Umajma ging unverschleiert, was aber nichts Ungewöhnliches war; religiöser Eifer wurde damals in Ägypten nur selten öffentlich zur Schau gestellt und war in Maadi völlig verpönt. In der Umgebung gab es mehr christliche Kirchen als Moscheen und auch eine gut besuchte jüdische Synagoge.
Bald füllten Kinder das Heim des Ehepaares Sawahiri. Der älteste, Ajman, und seine Zwillingsschwester Umnja wurden am 19. Juni 1951 geboren. Die beiden zählten während ihrer medizinischen Ausbildung zu den besten Studenten an ihrer Hochschule. Auch ihre jüngere Schwester Heba, die drei Jahre später auf die Welt kam, wurde Ärztin. Die beiden übrigen Kinder, Mohammed und Hussein, wählten den Architektenberuf.
Der dicke, kahlköpfige und leicht schielende Professor Sawahiri galt als exzentrisch und zerstreut, wurde aber dennoch von seinen Studenten und den Kindern aus der Nachbarschaft geliebt. Er verbrachte den Großteil seiner Zeit im Labor oder in seiner Privatklinik. 4 Seine Forschungsarbeiten brachten es mit sich, dass er gelegentlich in die Tschechoslowakei reisen musste, und das zu einer Zeit, als wegen der Devisenbeschränkungen nur wenige Ägypter ins Ausland fuhren. Stets kehrte er voll beladen mit Geschenken zurück. Gern führte er seine Kinder in die Kinos im Sportklub von Maadi, zu denen auch Nichtmitglieder Zutritt hatten. Der kleine Ajman liebte Zeichentrickfilme, vor allem die von Walt Disney, die dreimal in der Woche auf einer Leinwand unter freiem Himmel aufgeführt wurden. Im Sommer fuhr die große Familie an den Strand von Alexandria. Das Professorengehalt reichte meist nur für das Nötigste, vor allem da fünf ehrgeizige Kinder großzuziehen waren. Die Familie besaß kein Auto, solange Ajman klein war. Wie viele ägyptische Akademiker übernahm Professor Sawahiri später für mehrere Jahre einen Lehrauftrag im Ausland - in Algerien -, wo er mehr verdiente. Um Geld zu sparen, hielt die Familie Hühner und Enten hinter dem Haus, und der Professor brachte körbeweise Orangen und Mangos mit nach Hause, die er den Kindern aufdrängte, damit sie auf natürliche Weise Vitamin C zu sich nahmen. Trotz seiner pharmakologischen Ausbildung lehnte er die Einnahme chemischer Erzeugnisse ab.
Für die Einwohner Maadis gab es in den fünfziger und sechziger Jahren nur ein einziges Kriterium, an dem sich ihr sozialer Status messen ließ: die Mitgliedschaft im Maadi-Sportklub. Das gesellschaftliche Leben in Maadi drehte sich um den Klub. Da die Familie Sawahiri dem Klub nie beitrat, blieb Ajman stets ausgeschlossen aus dem Zentrum von Macht und Geltung. Die Familie geriet in den Ruf, konservativ und ein wenig rückständig zu sein - saedis, wie man solche Leute in Anspielung auf die Bewohner eines bestimmten Bezirks in Oberägypten nannte und was so viel bedeutete wie „Provinzler“.
An einem Ende von Maadi lag, umgeben von grünen Spielfeldern und Tennisplätzen, die private, von den Briten gebaute Vorbereitungsschule für Jungen, das Victoria College. Die Schüler erschienen in Anzug und Krawatte zum Unterricht. Einer ihrer bekanntesten Absolventen war ein begabter Kricketspieler namens Michel Chalhub; nachdem er Filmschauspieler geworden war, nahm er den Namen Omar Sharif an. 5 Auch Edward Said, ein bekannter palästinensischer Wissenschaftler und Autor, besuchte diese Schule, ebenso der spätere jordanische König Hussein.
Ajman al-Sawahiri ging dagegen in die staatliche Oberschule, ein bescheidenes, geducktes Gebäude, das hinter einem grünen Tor auf der anderen Seite der Siedlung lag. Sie war für die Kinder von der „falschen“Seite der 9. Straße vorgesehen. Die Schüler dieser beiden Schulen lebten in verschiedenen Welten und begegneten sich nie, nicht einmal beim Sport. Während das Victoria College seine erzieherischen Leistungen an europäischen Standards maß, kehrte die staatliche Schule dem Westen den Rücken zu. Der Schulhof innerhalb der grünen Tore wurde von Raufbolden und die Klassenzimmer von Tyrannen beherrscht. Ein körperlich schwacher und verletzlicher Junge wie Ajman musste sich Überlebensstrategien ausdenken.
Als Kind war Ajman
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